Polen vermisst Einzelkönner

SID
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© Getty

Klagenfurt - Einen Matchwinner wie Lukas Podolski hätte Leo Beenhakker auch liebend gerne in seinen Reihen gehabt. Doch trotz des bitteren EM-Auftakts glaubt der 65-Jährige nicht an ein rasches Ende von Polens Debütantenball.

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"Das Turnier ist für uns noch offen. Wir haben es weiter in der eigenen Hand", sagte der Niederländer. Dass ausgerechnet der im polnischen Gleiwitz geborene Podolski mit seinem Doppelpack (20./72.) die EM-Premiere der Osteuropäer vermieste, machte die Niederlage nicht unbedingt erträglicher.

"Das ist schade, aber er hat sich für Deutschland entschieden. Das muss man akzeptieren", bemerkte der Wolfsburger Jacek Krzynowek nach dem 0:2 (0:1) gegen die deutsche Nationalmannschaft.

"Podolski hat Polen niedergestreckt", titelte die "Gazeta Wyborcza" am Montag martialisch. "Der deutsche Alptraum geht weiter", schrieb nach der verpassten WM-Revanche die Zeitung "Rzeczpospolita".

Internationale Klasseleute fehlen

Gerade in der Personalie Podolski zeigte sich im Klagenfurter Wörthersee-Stadion, was der "Kadra" fehlt. Während Bundestrainer Joachim Löw in Michael Ballack, Jens Lehmann oder Podolski internationale Klasseleute zur Verfügung stehen, muss sein Kollege Beenhakker aus einem Reservoir der relativ Namenlosen schöpfen.

Für den Niederländer war es der entscheidende Faktor. "Unser Team kann gut spielen als Team, aber wir haben nicht so viele Spieler, die den Unterschied machen können wie Italien oder Deutschland", sagte er.

Dies wird umso eklatanter, wenn - wie gegen die DFB-Auswahl - die Bundesliga-erprobten Qualifikationshelden Krzynowek und Ebi Smolarek schwächeln. "Wir sind alle sehr enttäuscht, aber wir müssen dieses Spiel jetzt schnell vergessen", forderte der Ex-Dortmunder Smolarek.

Viertelfinale noch möglich

Beenhakker verschwendet trotz des verpatzten Starts keinen Gedanken daran, dass das Ende von Polens erstem EM-Abenteuer bereits am Donnerstag besiegelt sein könnte. "Jeder war enttäuscht, aber die Reaktion in der Kabine war: Wir sind weiter im Turnier. Ich bin sicher, dass wir gegen Österreich wieder bereit sein werden", sagte der von den Fans mit "Leo, Leo"-Sprechchören gefeierte Taktik-Fuchs.

Ohnehin wurde nicht unbedingt erwartet, dass ausgerechnet gegen Angstgegner Deutschland im 16. Anlauf der erste Sieg gelingen und die Weichen Richtung Viertelfinale gestellt werden könnten.

Mut macht auch, dass sich im anderen Gruppenspiel weder Österreich noch die mit 1:0 siegreichen Kroaten mit Ruhm bekleckerten. Und so sehen sich die Osteuropäer, die dank zahlreicher angereister Fans auch gegen den Co-Gastgeber wieder auf ein Heimspiel hoffen, in dem "Sechs-Punkte-Spiel" (Krzynowek) keinesfalls in der Außenseiterrolle.

"Wir sind enttäuscht, aber auch voll motiviert für das nächste Spiel", sagte der gebürtige Brasilianer Roger Guerreiro, der nach seiner Einwechslung für die meisten Offensiv-Akzente sorgte.

Krzynowek trauert Chance nach

Kollektiv verfluchten die Debütanten die 36. Sekunde. Nach einer Unsicherheit von DFB-Keeper Jens Lehmann kam Krzynowek im Strafraum frei zum Schuss, doch der 32-Jährige wusste mit der unverhofften Gelegenheit nichts anzufangen.

"Wenn Jacek in der ersten Minute trifft, ist es ein anderes Spiel. Dann hätten wir mit einer Kontertaktik spielen können", trauerte Mittelfeldabräumer Mariusz Lewandowski der vergebenen Chance nach.

Krzynowek ging mit sich hart ins Gericht: "Ich habe den Ball schlecht getroffen, normalerweise ist er drin." Zur Einstimmung auf die Partie gegen Österreich zitierte das Boulevardblatt "Super Express" auf der Titelseite aus der polnischen Nationalhymne: "Noch ist Polen nicht verloren".