Oranjes Titeltraum geplatzt - van Basten ratlos

SID
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© Getty

Basel - "Oranje trägt Trauer" - nach dem abrupten Ende der holländischen Festspiele verharrte Marco van Basten fassungslos auf der Bank, Ruud van Nistelrooy lag völlig ausgepumpt noch minutenlang auf dem Rasen, und Wesley Sneijder vergoss bittere Tränen.

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Die fröhlichen Überflieger aus den Niederlanden boten nach dem frustrierenden Aus im Viertelfinale gegen Russland ein einziges Bild des Jammers. Auch Rekord-Nationalspieler Edwin van der Sar war nach seinem 128. und letzten Länderspiel völlig geknickt.

"Es ist schade. Wir haben viel mehr Fehler gemacht als in den ersten drei Spielen. Und ich weiß wirklich nicht warum", klagte der Bondscoach nach seiner gescheiterten EM-Mission nach der 1:3-Niederlage in der Verlängerung (1:1, 0:0) in Basel.

Die Erklärungsversuche des 43-Jährigen, der nach einigen Wochen Urlaub zur neuen Saison seinen Dienst als Clubtrainer bei Ajax Amsterdam antritt, blieben wie die Angriffsbemühungen seiner geistig und körperlich müden Fußball-Künstler im Ansatz stecken.

Total-Rotation als Nachteil?

"Vielleicht waren meine Jungs ein bisschen nervös." Doch warum die mit begeisterndem Offensivfußball und drei Siegen gegen Weltmeister Italien (3:0), Vizeweltmeister Frankreich (4:1) sowie Rumänien (2:0) durch die Vorrunde gerauschten Holländer mit zunehmender Spieldauer immer mehr einbrachen, bleibt wohl ein ewiges Geheimnis.

"Nach dem 1:1 hatten wir wieder Hoffnung. Aber in der Verlängerung hatten die Spieler körperliche Probleme. Warum, das weiß ich auch nicht", rätselte van Basten, dessen Stammkräfte zudem noch anders als die Russen acht Tage Regeneration genossen hatten.

Es war wohl falsch, das zuvor zweimal überzeugende "A-Team" im Gruppenfinale gegen Rumänien einer Total-Rotation zu unterziehen und die eingespielte Formation aus dem Rhythmus zu bringen. Portugal hatte beim Viertelfinale gegen Deutschland selbst diese bittere Erfahrung gemacht.

Torbinski und Arschawin mit dem K.O.

Joris Mathijsen verteidigte dennoch das Konzept. "Daran lag es nicht. Wir mussten davon ausgehen, dass wir ins Finale kommen. Deshalb war es richtig, die Spieler pausieren zu lassen."

Van Nistelrooy hatte die Elftal mit dem 1:1 (86.) zunächst vor dem Knockout bewahrt, doch in den zusätzlichen 2 x 15 Minuten erwiesen sich die Russen als körperlich frischer, geistig und taktisch beweglicher. Rafael van der Vaart und Co. gingen im Angriffswirbel der "besseren Holländer" unter.

Leichtfüßig vollendeten Dimitri Torbinski (112.) und der überragende Andrej Arschawin (116.) das, was mit der 1:0 von Roman Pawljutschenko (56.) begonnen hatte.

Engelaar Entscheidung in den nächsten Wochen

"Sie haben das super gemacht. In der zweiten Hälfte der Verlängerung waren sie 100 Prozent fit", lobte Mathijsen den von Landsmann Guus Hiddink taktisch hervorragend eingestellten Gegner.

"Der Traum vom Titel ist vorbei", klagte der von Schalke umworbene Orlando Engelaar. Der baumlange Mittelfeldspieler von Twente Enschede will in den nächsten Wochen entscheiden, ob er seinem Trainer Fred Rutten ins Revier folgt. "Bisher habe ich mich ganz auf die EM konzentriert. Nun werde ich überlegen, was ich mache."

Auch der umworbene HSV-Profi van der Vaart war bisher nur auf den EM-Titel fokussiert. Entsprechend groß war beim 25-Jährigen die Enttäuschung über die zweite bittere Pleite binnen zwei Jahren.

Hiddink bedauert van der Sar

Bei der WM 2006 war man im ersten großen Turnier unter van Basten im Achtelfinale an Portugal ebenfalls früh gescheitert. "Wir hatten uns super vorbereitet und viel vorgenommen. In der Vorrunde waren wir überragend, aber das zählt jetzt nichts mehr", sagte van der Vaart.

Besonders bitter ist das abrupte EM-Ende für den glücklosen van Basten, der diesmal auch mit den Einwechselungen nicht bewirkte - und Edwin van der Sar.

Dem 37 Jahre alte Torhüter von Manchester United blieb nach Premier-League-Titel und Champions-League-Triumph trotz tadelloser Leistung der dritte Coup verwehrt. Nach 16 EM-Einsätzen - damit zog er mit Rekordspieler Lilian Thuram gleich - ist seine Karriere im Oranje-Dress beendet.

Sein großer Traum platzte ausgerechnet gegen die Elf von Ex-Nationalcoach Guus Hiddink, unter dem er 1995 sein erstes Länderspiel bestritt. Van Basten litt mit dem Keeper: "Für Edwin tut es mir besonders leid. Zum Ende seiner Karriere hätte ich ihm das Finale gewünscht."

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