Maulkorb für Österreicher vor Deutschland-Spiel

SID
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© Getty

Stegersbach - Das "Hosenscheißer"-Zitat hatte Folgen - zwei Tage vor dem EURO-Kracher gegen Deutschland hat Österreichs Teamchef Josef Hickersberger auf den verbalen Ausrutscher des Bremer Bundesligaprofis Martin Harnik reagiert.

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Den Spielern wurde vor dem entscheidenden Gruppenspiel am Montag in Wien einen Maulkorb verpasst.

"Was der Harnik verzapft, ist Blödsinn. Deutschland ist Deutschland, die wollen hier zum vierten Mal Europameister werden und sind haushoher Favorit", sagte der 60-Jährige, der dennoch an den großen EURO-Traum von ganz Fußball-Österreich glaubt: "Das ist eine historische Gelegenheit, wir sind nicht chancenlos."

Bereits am Freitag hatte Hickersberger dem vorlauten Harnik den Kopf gewaschen, beim Training am Samstag in Stegersbach nahm er sich die ganze Mannschaft zur Brust.

Stranzl zeigt kein Verständnis

"Halt's die Goschen", war bei der kurzen Ansprache vor dem Aufwärmtraining zu hören. Was so viel heißt, dass höhnische Bemerkungen über den Gegner ab sofort nicht mehr erlaubt sind.

Die nach dem Vormittagstraining vorgesehenen Interviews wurden gestrichen, nur bei der offiziellen Pressekonferenz im Medienhotel standen die Spieler zur Verfügung.

"Man sollte sich bei der Wortwahl etwas zurückhalten", sagte Abwehrchef Martin Stranzl, der auch für die Retourkutsche eines deutschen Massenblatts wenig Verständnis hatte: "Die Schärfe, die da reingebracht wird, ist unnötig."

"Überhaupt noch nichts erreicht"

Harnik ("Deutschland macht sich vor uns in die Hose") wird für sein loses Mundwerk nicht bezahlen müssen und im Happel-Stadion neben dem gesperrten Sebastian Prödl auf der Ersatzbank sitzen.

"Er hat die richtigen Schlüsse gezogen und ordentlich trainiert", erklärte Hickersberger, "und ich richte mich bei der Aufstellung nicht nach Schlagzeilen." Österreich braucht einen Sieg gegen Deutschland, um ins Viertelfinale einzuziehen.

Doch selbst das könnte nicht reichen, wenn Polen gegen Kroatien wesentlich höher gewinnt als der EM-Gastgeber. "Wir müssen uns nichts vormachen, denn wir haben überhaupt noch nichts erreicht", stellte Hickersberger klar.

Gute Erinnerungen an Deutschland

Der Hobby-Golfer sprühte vor Humor und bester Laune, auch seine Gefühle vor dem brisanten Gruppenfinale gab Hickersberger preis.

"Natürlich stecke ich voller Emotionen, wenn es gegen Deutschland geht", verriet der Niederösterreicher und erinnerte an die "wunderschöne Zeit" als Spieler und Trainer in Offenbach und Düsseldorf: "Deutschland ist für mich der schönste und beste Gegner."

Am Montag werden Respekt und Sympathie für den Nachbarn für 90 Minuten hinten angestellt. "Es geht um den Aufstieg oder das Ende aller Träume", meinte Hickersberger.

"Für alle Eventualitäten gerüstet"

Ein Patentrezept für einen ähnlichen Triumph wie vor dreißig Jahren beim legendären 3:2-WM-Sieg in Cordoba hat Hickersberger nicht, "aber wir sind für alle Eventualitäten gerüstet."

Die 1:2-Niederlage der Löw-Elf gegen Kroatien verleitet ihn nicht zu falschen Schlüssen. Die Stimmung in Deutschland sei nicht gerade großartig, "aber gerade deshalb werden uns die Deutschen ernst nehmen und ganz anders auftreten. Aber auch wir sind in der Lage, mit totalem Einsatz und Leidenschaft zu kämpfen."

Besonders aufpassen müsse sein Team auf "Weltklassespieler" Michael Ballack sowie die "torgefährlichen Sturmspitzen".

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