Löw startet Countdown zum Türkei-Spiel

SID
em 2008, fußball, nationalmannschaft, deutschland, jogi, loew
© Getty

Tenero - WM-Revival gegen Türkei statt EM-Revanche gegen Kroatien - trotz Respekts vor den unberechenbaren Stehaufmännchen vom Bosporus wittern Deutschlands Elite-Kicker eine historische Chance.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Zwölf Jahre nach dem letzten Titelgewinn einer deutschen Nationalmannschaft scheinen bei der EM-Endrunde 2008 alle Voraussetzungen für neue Ruhmestaten gegeben.

"Es ist an der Zeit, mal wieder Geschichte zu schreiben", verkündete in Tenero Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, der beim EM-Triumph 1996 noch selbst im Tor des letzten deutschen Siegerteams gestanden hatte.

"Erst besiegt, wenn sie in den Bus steigen"

Zur Historie passt, dass Deutsche und Türken erst einmal bei einem großen Turnier aufeinandertrafen - und das ebenfalls in der Schweiz: 1954 besiegten die ersten deutschen Weltmeister um Fritz Walter auf dem Weg zum legendären "Wunder von Bern" die Türkei in Bern (4:1) und Zürich (7:2) sogar gleich zweimal deutlich.

Die Generation Ballack will sich 54 Jahre später bei ihrer Titel-Mission auf keinen Fall im Halbfinale am Mittwoch in Basel stoppen lassen. "Wir haben zwei Jahre lang auf das Ziel Finale hingearbeitet, jetzt wollen wir es auch schaffen", verkündete der Berliner Arne Friedrich.

Viele im deutschen Quartier hatten eher eine Vorrunden-Revanche gegen Kroatien erwartet und diese teilweise sogar gewünscht. Aber dann staunte man am Freitagabend vor den TV-Schirmen im Hotel Giardino über den nächsten türkischen Husarenstreich. "Die Türken haben diese Qualität in der Nachspielzeit, die man eigentlich den Deutschen zuschreibt. Sie sind erst besiegt, wenn sie in den Bus steigen", sagte der Stuttgarter Thomas Hitzlsperger beeindruckt.

Löw bleibt cool

In der großartigen Moral der Türken "liegt die größte Gefahr für uns", warnte Friedrich: "Man darf sie nie abschreiben." Der Respekt ist groß vor dieser "verrückten und unberechenbaren Mannschaft", wie Christoph Metzelder berichtete. Aber der Glaube an die eigene Stärke ist nach dem Portugal-Coup noch größer: "Wir müssen von Anfang an unseren Power-Fußball durchziehen, dann werden sie unserem Druck nicht standhalten", prophezeite der Innenverteidiger selbstbewusst.

Der einst bei Fenerbahce Istanbul und Adanaspor als Coach tätige Joachim Löw hatte das nächste türkische Wunder gelassen registriert, wie sein Vertrauter Köpke verriet: "Jogi nimmt diese Dinge cool auf. Er ist sich jetzt schon im Klaren, wie er das Türkei-Spiel angehen will."

Am Samstag studierte der Bundestrainer sogar schon einen der möglichen Endspiel-Gegner. Mit Chefscout Urs Siegenthaler wollte er in Basel live das Duell Niederlande gegen Russland beobachten. Die Gedanken kreisen aber vor allem um den nächsten Gegner, vor dem Löw ausdrücklich warnte: "Ich kenne die Mentalität in der Türkei. Wenn's bei ihnen einmal läuft, sind sie zu Außergewöhnlichem fähig."

Personalprobleme bei der Türkei

Auf jeden Fall ist die deutsche Elf "jetzt wieder Favorit" (Friedrich), was sie gegen die Kroaten wegen der 1:2-Vorrunden-Niederlage nicht so klar gewesen wäre. Ein entscheidender Vorteil könnte sein, dass die Türken ersatzgeschwächt sein werden: Nach der zweiten Gelben Karte sind die Feldspieler Tuncay, Arda und Emre Asik gesperrt, Stammtorwart Volkan Demirel muss weiter seine Rot-Sperre absitzen.

"Es sind sehr wichtige Spieler, die fehlen", betonte Friedrich. Kein Problem, behauptete Bayern-Profi Hamit Altintop, der die Deutschen nicht fürchtet: "Ich sehe keinen Grund, nervös zu werden, egal wie der Gegner heißt."

Yoga als Ausgleichssport

Den Countdown auf das sechste EM-Halbfinale eines DFB-Teams startet Löw am Sonntag. Am Samstag ließen die Trainer die Spieler noch einmal "durchschnaufen".

Statt Fußball-Training stand ein Spaß-Programm mit Tennis, Wasserball, Fahrradtour oder Yoga zur Wahl. "Ab Sonntag geht es dann nur noch um die Türkei", berichtete Köpke, im Training sollen dann "keine Nachlässigkeiten" geduldet werden.

4-2-3-1-System auch gegen die Türkei?

Das gegen Portugal prächtig funktionierende 4-2-3-1-System mit einem zentralen Angreifer und der neuen Doppel-Sechs könnte auch im zweiten K.o.-Spiel zum Zuge kommen.

"Man hat gesehen, dass wir uns wohlgefühlt haben", meinte Miroslav Klose. Aber noch viel wichtiger sei gewesen, "dass wieder jeder für den anderen da war", betonte der Angreifer.

Der Frust über die Vorrunden-Leistungen war auch im Team groß gewesen. "Wir sind froh, dass wir gegen Portugal endlich einmal Fußball gespielt haben", sagte Klose. Nun sei alles möglich, betonte der Torjäger: "Deutschland ist einfach eine Turniermannschaft."

Artikel und Videos zum Thema