Glücksfall ohne EM-Fortune

SID
EM 2008, Schweiz, Jakob Köbi Kuhn
© DPA

Basel - Jakob Köbi Kuhn war ein Glücksfall für den Schweizer Fußball, doch ausgerechnet bei der Heim-EM blieb der 64- Jährige ohne Fortune. Von Verbitterung ist bei Kuhn aber keine Spur.

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"Ich bin nicht frustriert und ich bereue nichts", sagte er, nachdem schon vor dem letzten Gruppenspiel gegen Portugal (20.30 Uhr im SPOX-Ticker) das Aus besiegelt ist.

"Ja, es tut weh, aber für mich ist keine Welt zusammengebrochen und die Nationalelf wird nicht aufgelöst." Nach den Niederlagen gegen Tschechien (0:1) und die Türkei (1:2) nimmt Kuhn nach seinem 73. Länderspiel und sieben Jahren Abschied - als bislang erfolgreichster Nationalcoach der Eidgenossen.

"Es war eine schöne Zeit mit ihm"

Dreimal in Serie führte der Arbeitersohn aus Zürich-Wiedikon die Schweiz zu einer EM oder WM, er gewann 31 Spiele mit der Nati, verlor 23 und spielte 18 Mal Remis.

"Es war eine schöne Zeit mit ihm. Er kann stolz auf das zurückblicken, was er erreicht hat", sagte Ersatztorwart Pascal Zuberbühler, obwohl er vor der EM von Kuhn hinter Diego Benaglio zur Nummer 2 degradiert wurde.

Kritischer urteilte die "Basler Zeitung": Der Mann des Volkes habe zwar Großes geleistet, "doch der letzte Kick fehlte am Ende immer".

Hitzfeld wird Nachfolger 

Für Kuhn fällt der Blick zurück positiv aus. "Ich kann Dank sagen. Es war eine wundervolle Zeit", sagte Kuhn und schaute auch schon voraus auf seinen neuen Lebensabschnitt. "Bald kann ich mich zurücklehnen und es die anderen machen lassen."

Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld übernimmt am 1. Juli Kuhns Nachfolge. "Ich bin überzeugt, dass ich ein Team mit großem Wert übergebe, das noch besser spielen kann."

Kuhn selbst will sich nun vor allem um seine Frau Alice kümmern, die fünf Tage vor der EM einen epileptischen Anfall aufgrund einer akuten Bewusstseinsstörung erlitten hatte. "Es war nicht einfach, ganz sicher nicht", sagte Kuhn über die nervenaufreibende Doppelbelastung: "Jetzt hat meine Frau Priorität."

Hommage von Magnin

Auch in der schweren EM-Zeit wich Kuhn nicht von seinem Stil ab. Der 64-malige Nationalspieler, einer der bedeutendsten Kicker seiner Heimat in den 60er und 70er Jahren, formte das Nationalteam mit Herz und Verstand zu einer Solidargemeinschaft.

"Er hat den Spielern viel Freiheit gewährt. Das hat mir gefallen", sagte Abwehrchef Patrick Müller. Ähnlich formulierte es Ludovic Magnin vom VfB Stuttgart in dem Buch "Köbi Kuhn - eine Hommage": "Es gibt Trainer, die reden und reden, und dann hast Du als Spieler irgendwann einen Riesenkopf. Wir Spieler müssen Verantwortung tragen, das verlangt Kuhn."

Als der damalige Nachwuchstrainer am 10. Juni 2001 vom erfolglosen Enzo Trossero das Nationalteam übernahm, trauten ihm nur wenige zu, die Schweiz zu einer großen Fußball-Adresse in Europa zu machen.

Kuhn scheute sich nicht, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und Störenfriede wie den Ex-Kaiserslauterer Ciriaco Sforza und den ehemaligen Kapitän Johann Vogel vor die Tür zu setzen.

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