Fiesta in Spanien: "Jetzt holen wir den WM-Titel"

SID
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© DPA

Madrid - Als um 22.36 Uhr in Wien der Schlusspfiff fiel, brach in ganz Spanien der Jubel aus.

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"Campeones, campeones!", skandierten Millionen Fans von Galicien im Norden bis Andalusien im Süden, während Hunderttausende mit rotgelben Fahnen auf die Straßen strömten und inmitten von Hupkonzerten ihre Nationalelf feierten.

Die größte Fiesta stieg auf dem Kolumbus-Platz in Madrid, wo rund 70.000 Menschen den 1:0-Sieg der Selección über Ballack und Co. im EM-Finale auf einer Großleinwand verfolgt hatten.

"Ich kann es noch gar nicht fassen", schrie ein junger Mann, während ihm die Freudestränen über die Wangen liefen und im Hintergrund ein "Que viva España" ertönte.

Stolzer Ministerpräsident

So wie er kannten viele Spanier ihre Nationalelf bei internationalen Turnieren bislang nur als ewigen Verlierer. 44 Jahre musste das Land auf den zweiten EM-Titel warten. Beim Sieg zuvor, es war 1964, herrschte noch Diktator Francisco Franco.

"Ich bin stolz, als erster Regierungschef seit der Rückkehr zur Demokratie diesen Sieg feiern zu können", sagte deshalb Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero im Ernst-Happel-Stadion in Wien.

Und er ließ einen Satz folgen, mit dem er Millionen seiner Landsleute aus der Seele sprach: "Das Beste kommt noch. Jetzt holen wir den Weltmeistertitel."

Des Königs Krawatte bringt Glücks

Auch Königin Sofía, sonst die Zurückhaltung selbst, ließ sich auf der Ehrentribüne von der Begeisterung anstecken. Als das Tor von Fernando Torres zum 1:0 fiel, sprang sogar die 69-Jährige von ihrem Sitz auf und wäre König Juan Carlos am liebsten um den Hals gefallen.

Dieser trug die selbe weißblaue Krawatte, mit der er Spanien bereits im Halbfinale Glück gebracht hatte. "Wir haben gelitten, aber es hat sich gelohnt. Ich freue mich für die Jungs und für unser Land", sagte der 70-jährige Monarch.

Diese Freude brachten die Spanier landesweit zum Ausdruck. Egal ob auf den Kanarischen Inseln, auf Mallorca, in Barcelona, Bilbao im Baskenland, Valencia oder Sevilla - überall feierten die Menschen ausgelassen bis tief in die Nacht.

"Unser Herz war zweigeteilt"

"Spanien ist verrückt geworden", stellte die Zeitung "El País" fest. Selbst viele in Spanien lebende Bundesbürger freuten sich mit. So etwa in Calpe an der Costa Blanca, wo eine deutsche Kneipenwirtin einräumte: "Unser Herz war zweigeteilt, aber letztendlich waren die Spanier die bessere Mannschaft und haben verdient gewonnen."

Lange Gesichter gab es dagegen in der deutschen Schule in Madrid, wo rund 200 Fans die Partie miterlebt hatten.

Dass es in der spanischen Hauptstadt zu Ausschreitungen mit fast 60 Festnahmen kam, schmälerte den überwiegend friedlichen Charakter der Feiern kaum. Ein Name fiel während der Jubelfeste immer wieder: Luis Aragonés.

Aragones muss pilgern

War der Trainer-Veteran vor der EM noch heftig kritisiert worden, weil er etwa Real Madrids Stürmerstar Raúl nicht mitgenommen hatte, wird der 69-Jährige nun wie ein Nationalheld gefeiert. "Luis, no te vayas!" (Luis, gehe nicht), riefen viele Fans auf den Straßen Madrids.

Doch sein Entschluss, zu Fenerbahce Istanbul zu wechseln, steht fest. Vorher muss er allerdings noch ein Versprechen einlösen: Aragones hatte angekündigt, im Falle des EM-Sieges zum Grab des Heiligen Jakob nach Santiago de Compostela zu pilgern.

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