Wirtschaft hofft auf EM-Impulse

SID

Berlin - Wenn an diesem Samstag in Basel die EM angepfiffen wird, hoffen nicht nur deutsche Fans auf einen Titel ihrer Elf um Bundestrainer Joachim Löw. Auch Gastwirte, Hoteliers, Einzelhändler und Wettbüros wollen von einer neuen Kicker-Euphorie profitieren.

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Die Erwartungen der einzelnen Branchen sind aber eher zurückhaltend und auf gar keinen Fall mit denen zur WM im eigenen Land vor zwei Jahren vergleichbar.

Kurz vor der Europameisterschaft wird gleichwohl eine steigende Nachfrage nach Flachbildfernsehern, Fanartikeln, Deutschlandfahnen und Bier verzeichnet. Konjunkturexperten setzen insbesondere auf die positive Stimmung, die in Zeiten hoher Inflation und schwächelnder Weltwirtschaft Impulse geben kann.

Einzelhandel wenig optimistisch

Wenig optimistisch zeigt sich der ohnehin von anhaltender Konsumflaute gebeutelte Einzelhandel. "Die Branche wird davon kaum profitieren. Wir müssen froh sein, wenn sich positive und negative Effekte die Waage halten", sagt Sprecher Hubertus Pellengahr. "Sommermärchen können eben nicht wiederholt werden."

Einzelnen Unternehmen werde es schon gelingen, sich etwas "von dem EM-Kuchen herauszuschneiden". So werden Fanartikel und Knabbersachen sicher gut verkauft. "Das sind aber überwiegend Ein-Euro-Artikel und nicht die großen Umsatzbringer. Damit wird niemand reich", betont Pellengahr.

Adidas rechnet mit einer Million verkaufter DFB-Trikots

Der Warenhauskonzern Karstadt rechnet nicht mit nennenswerten Auswirkungen auf das Geschäft. Fußballtrikots waren zwar schon zu Weihnachten begehrt. Jetzt werde zunehmend das gesamte Niedrigpreissortiment wie Fähnchen, Trillerpfeifen und Schminke gut verkauft. "Wir erwarten aber nicht so einen hohen Umsatz wie zur vergangenen WM", betont Sprecher Martin Schleinhege.

Der Adidas-Konzern rechnet hingegen mit einem Absatz von gut einer Million Trikots der deutschen Kicker. Die Verkaufszahlen seien aber auch von den sportlichen Leistungen der Nationalmannschaft abhängig, heißt es. Die Bahn hat bereits mehr als 180.000 "Fan-Bahncards" an den Mann gebracht. Sie verlängern sich pro Sieg des DFB-Teams um einen Monat.

TV-Geräte hoch im Kurs

Der Branchenverband BITKOM geht von einem positiven EM-Effekt aus. Viele Verbraucher würden das Fußball-Ereignis zum Anlass nehmen, sich einen neuen Flachbildfernseher zuzulegen. In diesem Jahr werde der Absatz voraussichtlich auf 5,3 Millionen Geräte ansteigen, hieß es. Zu der wachsenden Nachfrage würden allerdings andere große Sportereignisse wie die Olympischen Spiele oder die Tour de France ebenso beitragen.

Mehr Absatz könnte es bei Handys mit Fernsehempfang geben. Große Sportereignisse hätten schon in der Vergangenheit über alle Branchen hinweg eine Nachfragebelebung ausgelöst, betont der zum Metrokonzern gehörende Media Markt Saturn.

"Abschreiben sollte man den EM-Effekt in der momentanen Situation buchhalterischer Turbulenzen nicht", betont Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Es bleibe noch die Aufbruchstimmung und Euphorie, die "wir jetzt dringend brauchen".

Bier-Unternehmen hoffen auf gutes Wetter 

Deutschlands Bierbrauer rechnen unter anderem durch die EM sogar mit einem vergleichbaren Jahr wie 2006. Bereits im Mai hätten die Händler ihre Biervorräte kräftig aufgestockt. Wichtig für einen hohen Absatz sei die richtige Mischung aus gutem Wetter und Feierlaune. "Dazu muss auch die Nationalelf beitragen", sagt Sprecher Marc-Oliver Huhnholz.

2006 konnte der jahrelange Abwärtstrend beim Bierkonsum gestoppt werden. Damals stieg der Pro-Kopf-Verbrauch wieder leicht von 115,3 auf 116 Liter an. Dazu habe sicher der Durst der Fußballfans während der WM beigetragen.

Hotels erwarten keine Anstiege

Während sich die deutschen Hoteliers nur wenig Effekte erhoffen, rechnen Gastwirte sowie Betreiber von Biergärten und Strandbars mit guten Umsätzen. "Für viele Gastronomen wird die EM in den sonst schwierigen Sommermonaten positive Impulse bringen", betont Stephan Büttner vom Branchenverband Dehoga.

Hotels und Pensionen werden allerdings kaum mehr Übernachtungsgäste verzeichnen, auch nicht in den Grenzregionen zur Schweiz und Österreich. Sie profitieren nur in ihren Bars und Restaurants, wenn sie dort die Spiele auf großen Bildschirmen übertragen. Die WM vor zwei Jahren hatte den Hoteliers noch rund 4,7 Millionen zusätzliche Übernachtungen beschert.

Reiseanbieter bieten "EM-Sonderformen"

Die Reiseanbieter verzeichnen nur bedingt steigende Buchungszahlen durch die EM. Europas zweitgrößter Tourismuskonzern Thomas Cook nutzt das Fußball-Ereignis allerdings für eigene Marketingzwecke und bietet im Juni unter dem Motto "EM unter Palmen" günstige Hotels auf den Balearen, den Kanaren, in der Türkei, in Griechenland und Marokko an.

Die TUI berichtet von "erfreulichen Buchungseingängen" in den Städten in Österreich und der Schweiz. Deutschlich mehr profitieren werden ohnehin die beiden Gastgeberländer.