Volksfeste ohne Happy-End

SID
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© Getty

Berlin - Ganz Deutschland im Fußball-Rausch - und am Schluss trauern Millionen Fans unter dem nächtlichen Sommerhimmel.

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Nach der Devise "Noch größer, noch bunter, noch lauter" hatten die deutschen Fans den ganzen EM-Final-Sonntag ein schwarz-rot-goldenes Fußball-Volksfest der Superlative gefeiert.

Riesen-Enttäuschung dann am späten Abend, als das Happy End nach dramatischen 90 Minuten ausbleibt. Spanien - und nicht Deutschland - ist Europameister.

Reibereien im Olympiastadion

Aber in den Fan-Zonen und darüber hinaus bleibt es weitgehend friedlich. Lediglich im Münchner Olympiastadion gab es Reibereien, als enttäuschte Fans des Public Viewing den Rasen stürmten. Bilanz: Einige Leichtverletzte. Sehr ernst sei die Lage aber nicht gewesen, berichtete die Polizei

Ansonsten meldeten die Polizeidienststellen in der Bundesrepublik übereinstimmend kurz vor Mitternacht: "Keine Zwischenfälle. "Die Fans zogen bisher sehr diszipliniert, sehr ruhig und sehr anständig als faire Verlierer von der Fan-Meile", hieß es in Berlin.

Dort steht an diesem Montag eine neue Fan-Party an. Die Nationalmannschaft will wie bei den WM 2006 gemeinsam mit den Berliner Fans feiern - trotz der Niederlage. Diesmal ist man immerhin "Vize" geworden, nachdem es vor zwei Jahren bei der Heim-WM "nur" zum dritten Platz gereicht hatte.

Gratulation von Köhler

Bundespräsident Horst Köhler tröstete die Nationalmannschaft und vor allem auch alle deutschen Fans. "Zum Fußball-Europameister 2008 hat es nicht ganz gereicht - aber das Endspiel erreicht zu haben, ist ein großer Erfolg, zu dem ich Joachim Löw und der Nationalmannschaft von Herzen gratuliere."

Er sei sicher - so der Bundespräsident in einer Erklärung nach Spielschluss - "diese Mannschaft hat alle Möglichkeiten, noch mehr zu erreichen. Spätestens bei der WM 2010 in Südafrika."

30 Millionen sehen Finale

Die Fan-Begeisterung in Deutschland war am Sonntag zunächst überdimensional. Viele Public-Viewing-Zonen mit ihren Millionen Fans waren bereits am Nachmittag aus allen Nähten geplatzt - einige hatten wegen des enormen Ansturms schon Stunden vorher geschlossen werden müssen.

Vor den TV-Geräten zu Hause sowie in den Kneipen und Vereinsheimen fieberten schätzungsweise 30 Millionen Menschen mit der deutschen Mannschaft.

Wie bei der Fußball-WM vor zwei Jahren im eigenen Land wurden die Feste zu einem "Sommermärchen" - vielfach war die Feierlaune noch größer. Schließlich stand Deutschland - anders als bei der WM 2006 - im Endspiel. Erst als die Spanier in der 33. Minute mit 1:0 in Führung gingen, machte sich überall Ernüchterung breit. Grabesstille dann beim Schlusspfiff.

Es blieb beim 1:0 für Spanien. "Stimmung vermiest", hieß es auf einigen Fan-Meilen. In den Schlussminuten gingen viele Fans vorzeitig nach Hause.

Volksfeste in ganz Deutschland

Die Fußball-Volksfeststimmung war am Sonntag bei sommerlichen Temperaturen bereits Stunden vor dem Spiel und damit unerwartet früh ausgebrochen. Wegen des enormen Ansturms der Berliner schlossen die Sicherheitsbehörden die bundesweit größte Fan-Meile in der Hauptstadt - über drei Stunden vor Anpfiff um 20.45 Uhr.

Mehr als 500 000 Menschen stimmten sich dort vor vier Riesenleinwänden singend und tanzend auf das Finale ein - und waren zu Beginn des Spiel kaum noch zu halten. "Alles dicht" hieß es auch in Hamburg und Hannover sowie im Ruhrgebiet. Hamburg schloss die Eingänge. Mit 42 000 Menschen war das Gelände auf dem Heiligengeistfeld "rappelvoll". In Stuttgart fieberten ebenfalls über 40 000 Fans, in Frankfurt am Main 50 000, in München insgesamt über 70 000.

Keine Zwischenfälle in Spanien

Für Tausende deutsche Touristen hatten die Feierlichkeiten bereits tagsüber bei bis zu 32 Grad an der Playa de Palma auf Mallorca begonnen. Am Abend zogen sie in die Bars und Kneipen mit Großbildleinwänden. Auch in Wien hatten sich Tausende Fans aus Deutschland und Spanien bereits am Sonntagmorgen in der Innenstadt versammelt.

Zum Spielbeginn waren schätzungsweise 40 000 deutsche Fans und etwa 15 000 aus Spanien in der Stadt. Auch hier blieben Zwischenfälle bis zum späten Sonntagabend aus.

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