Afghanische Fans in Kabul fiebern mit

SID

Kabul - Es ist nach Mitternacht, als in der afghanischen Hauptstadt Kabul das EM-Spiel zwischen Deutschland und Österreich angepfiffen wird.

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Auf den ersten Blick wirkt Kabul wie eine Geisterstadt, alles ist verdunkelt, und die Geschäfte haben bereits seit 18.00 Uhr die dicken Eisentore vor Türen und Fenster geschoben. Und doch herrscht Leben in die Stadt.

Es spielt sich in den Zimmern der Wohnhäuser ab, in denen sich Familien und Freunde zum Fußball-Gucken getroffen haben, weil ein eigenes TV-Gerät immer noch eine Rarität ist.

Keine öffentliche Übertragung 

Drei lokale Fernsehstationen übertragen die EM-Spiele aus Österreich und der Schweiz. Und immer dann, wenn die deutsche Mannschaft spielt, geht es hoch her, denn die Löw-Elf ist der Favorit für viele Afghanen. Das Wohlwollen für die Deutschen spürt auch der Leiter des deutschen Fußballprojekts, Ali Askar Lai, ein ehemaliger afghanischer Nationalspieler.

Er ist Co-Kommentator beim Fernsehen und im Radio, und hin und wieder muss er die Euphorie dämpfen, weil es nicht so läuft, wie es die Afghanen gern sehen würden. Öffentliche Übertragungen gibt es nicht, die Sicherheitsbehörden haben vor größeren Menschenansammlungen gewarnt, auch die Deutsche Botschaft.

Obwohl Portugal im Viertelfinale als große Hürde angesehen wird, sind die drei Nationalspieler Ibrahim Jebani, Hafizullah Quadami und Islam Amiri überzeugt, dass es besser wird. Die Deutschen brauchen ja immer eine gewisse Anlaufzeit, wissen sie zu berichten.

Gefragt nach den Gründen ihrer Sympathie für die deutschen Fußballer, sagen alle drei: "Die Deutschen haben uns nach dem Taliban-Regime den Fußball wieder zurückgebracht." Fußballpräsident Karium Keramuddi formuliert es noch etwas markanter: "Wir lieben diese Spiele schon deshalb, weil uns Bälle lieber sind als Bomben."