"Wir panieren die Piefkes"

SID
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© Imago

München - Europa blickt heute abend nach Wien, wo Deutschland gegen Gastgeber Österreich um den Einzug ins EM-Viertelfinale kämpft (ab 20.30 Uhr im SPOX-TICKER). Was erwarten die österreichischen Kollegen vom Spiel der Spiele? Ein Gastkommentar.

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Eine ganze Nation will heute wieder narrisch werden - wie an jenem 21. Juni 1978 bei der WM in Argentinien. Der 16. Juni 2008 soll als neues Cordoba in die Geschichte eingehen. 

Seit dem späten Elfmetertor von Ivica Vastic gegen Polen gibt es nur noch ein Thema: Jetzt panieren wir die Piefke und steigen ins Viertelfinale auf. Den Lieblingsnachbarn aus dem Turnier zu werfen, wäre für Österreich ein größerer Triumph als bei den Olympischen Spielen alle Goldmedaillen im Skifahren zu gewinnen. 

Die EUROphorie schwappt vom Neusiedler See bis zum Bodensee über. An jedem zweiten Auto flattern Österreich-Fahnen, viele ziehen das Teamtrikot selbst zum Schlafen nicht mehr aus und der Wettanbieter tipp3 bietet für einen 3:2-Sieg der Truppe von Josef Hickersberger eine 78er-Quote. Die Leute setzen wie verrückt... 

Noch vor wenigen Wochen hat die EURO in Österreich nur ein müdes Gähnen hervorgerufen. Umfragen zeigten großes Desinteresse in der Bevölkerung. Häufigster Tipp: Kapitän Ivanschitz und Co. scheiden ohne Punkt und Tor aus. Österreicher lieben eben das Raunzen und Herumsudern. Doch jetzt steht das ganze Land unter Starkstrom, weil niemand mit so einem starken Auftritt der Kicker gerechnet hat. 

Vor allem die Art und Weise wie die Hickersberger-Buam gegen Kroatien und Polen spielten, eroberte die Sympathien. Das war teilweise richtig attraktiver, frecher, dynamischer Angriffsfußball. Einziges Manko: eine katastrophale Chancenverwertung.

 

Allerdings hat sogar ARD-Experte Günter Netzer festgestellt: „Ich finde es sehr erstaunlich, ja sogar bewundernswert, welche Leistungen die Österreicher bislang bei diesem Turnier gezeigt haben. Es wäre fatal, wenn sich Deutschland darauf verlassen würde, dass sie auch gegen uns wieder nichts treffen." 

Die Bild-Zeitung nannte als einen von 30 Gründen, warum Ösis auch oft Dösis sind, diesen: Nur 8,34 Millionen Menschen verstehen ihre Sprache. Zu Tomaten sagen sie Paradeiser, Johannisbeerren nennen sie Ribiseln, Schlagsahne heißt Obers. Da gibt´s aber noch ganz andere ur leiwande Vokabeln. 

Hier die Match-Prognose auf guat weanerisch: 

Österreichs Ballesterer werden laufen, bis sie das Beuschel gspiarn. Da wird sich jeder an Haxn ausreissn. Neben unerbittlichen Wadlbeißern wie den Pogatetz gibt es auch noch echte Kicker, die mit der Frucht richtig gut umgehen können. 

Der Ü-Ü-Ümit Korkmaz wird den Philipp Lahm schön einpacken und ihm sicher das eine oder andere Gurkerl verpassen. Und der Ivo Vastic wird mit seiner Raffinesse dem Ball so eine gemeine Fettn geben, dass der Jens Lehmann ganz schnell zum Eiergoalie mutiert. 

Im Konterspiel gibt´s dann die Lochpasses auf den pfeilschnellen Jimmy Hoffer, der dann im Sechzehner eiskalt mit dem Spitz sein Türl erzielen wird. Wenn dann auch noch der Outwachler ausnahmsweise net patschert ist, schaut alles nach einer ordentlichen Schraufen für Deutschland aus. 

Und dann schreit jeder Österreicher: I wear narrisch. Das hört man dann bis zur Nordsee. Mindestens. Das Spiel der Spiele möge beginnen.

Der Autor:

Matthias Mödl lebt in Wien und arbeitet als Sportreporter für die Kronen Zeitung. Obwohl der gebürtige Franke nach eigener Aussage mittlerweile ein halber Ösi ist, jubelt er beim großen Ländermatch selbstverständlich für die Marmeladinger.