"Ich denke oft an Zidanes Kopfstoß"

Von Interview: Alexis Menuge
ribery, zidane
© Imago

München - Die Bundesliga hat Franck Ribery längst erobert, nun soll sein persönlicher Siegeszug auch bei der EM in Österreich und der Schweiz mit der Equipe Tricolore weitergehen.

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Im Interview mit SPOX.com spricht Frankreichs Hoffnungsträger über seine Ziele bei dieser EM, das ewige Duell mit Erz-Rivale Italien und sein Berlin-Trauma.

SPOX: Franck, freuen Sie sich auf die Europameisterschaft?

Franck Ribery: Sehr. Es wird mein zweites großes Turnier und nachdem ich mit dem FC Bayern das Double geholt habe, will ich auch in der Schweiz und in Österreich für Furore sorgen.

SPOX: Und wie lautet dabei das Ziel der französischen Nationalmannschaft?

Ribery: Ganz einfach: Wir wollen Europameister werden, nichts anderes! Dafür haben wir genügend Qualität. Es ist unser einziges Ziel. Sonst ist es gleich besser zu Hause zu bleiben.

SPOX: Wie schätzen Sie die Frankreich-Gruppe mit Italien, Holland und Rumänien ein?

Ribery: Es ist ganz klar eine Hammergruppe. Irgendwie ist dieses Los auch komisch, da wir erneut auf Italien treffen. Aber egal: Jede Nation, die bei der EM dabei ist, ist stark genug, um Europameister zu werden. Gegen keinen Gegner wird es einfach sein zu gewinnen. Unsere Gruppe scheint mir eine der ausgeglichensten von allen zu sein. Somit ist es unmöglich, irgendeine Prognose abzugeben.

SPOX: Kann man von Revanche sprechen, wenn es im dritten Spiel der Vorrunde gegen Italien geht?

Ribery: Nein, aber es ist schon Wahnsinn, wie oft wir gegeneinander spielen. Beide Mannschaften kennen sich in- und auswendig. Die letzten Duelle waren immer mit Polemik verbunden. Aber wir sollten diese Rivalität endlich mal vergessen, um uns auf das Spiel optimal zu konzentrieren. Das Ideale wäre nach den ersten zwei Partien bereits für das Viertelfinale qualifiziert zu sein, um das Spiel gegen Italien lockerer angehen zu können.

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SPOX: Sie werden auch auf Ihren Bayern-Kollegen Luca Toni treffen. Haben Sie mit ihm darüber oft geflachst?

Ribery: Nicht unbedingt. Nur als bekannt wurde, dass beide Nationen wieder Gegner sein werden, waren wir in einem Trainingslager mit dem FC Bayern und da haben wir uns kaputt gelacht. Ich werde ihm vielleicht gleich am Anfang des Spiels auf die Füße treten, damit er nicht mehr richtig laufen kann (lacht). Aber klar ist, dass Luca unser gefährlichster Gegenspieler sein wird: Er ist sehr effizient vor dem Tor. Aus dem Nichts macht er einen Treffer. Wir werden dafür sorgen müssen, ihm keinen Raum zu lassen. Und ich denke, dass unser Abwehr-Duo Lilian Thuram/William Gallas ihn in den Griff bekommen wird.

SPOX: Denken Sie noch oft an das verlorene Endspiel im Berliner Olympiastadion?

Ribery: Selbstverständlich. Es ist meine schlechteste Erinnerung als Fußballer. Ich denke oft an meine Riesen-Chance, dann der Kopfstoß von Zizou gegen Materazzi. Nach der Partie musste ich zur Doping-Kontrolle. Das war hart. Ich hätte während des Spiels nie gedacht, dass wir als Verlierer vom Platz gehen würden. Dieses Endspiel habe ich mir seitdem nicht mehr angeschaut. Das konnte ich bis jetzt einfach nicht.

SPOX: Welche Mannschaften gehören für Sie zu den Top-Favoriten?

Ribery: Erst denke ich an unsere Mannschaft. Wir sind nicht zufällig vor zwei Jahren Vize-Weltmeister geworden und wir hätten ganz klar den Titel verdient gehabt. Dann sehe ich Italien als amtierenden Weltmeister, sowie Deutschland. In der Qualifikation haben mich die Deutschen ziemlich stark beeindruckt. Die DFB-Elf scheint mir wieder auf einem sehr guten Weg zu sein. Ansonsten sollte man auch Portugal nicht vergessen.

SPOX: Für viele Experten könnten Sie der große Star dieser EM werden. Sind Sie damit einverstanden?

Ribery: Ehrlich gesagt ist es nicht das Wichtigste. Ich werde alles dafür geben, damit Frankreich den Titel holt. Natürlich hat mir meine erste Saison mit dem FC Bayern wahnsinnig viel Selbstvertrauen gegeben. Ich bin erfahrener und reifer geworden. Ich habe viele Tore geschossen und starke Leistungen gezeigt. Es ist wichtig, bei seinem Verein Leistungsträger zu sein. In der Equipe bin ich auch immer wichtiger geworden. Ich bin seit zwei Jahren Nationalspieler und fühle mich dort pudelwohl.

SPOX: Sind Sie mit Ihrer Entwicklung zufrieden?

Ribery: Ja, und ich würde sogar sagen, dass ich darauf stolz bin. Ich habe mich in der Nationalmannschaft ziemlich schnell durchgesetzt. Ich gehöre nun zu den wichtigsten Spielern.

SPOX: Welche Franzosen könnten ansonsten für Furore sorgen?

Ribery: Ich sehe vor allem zwei Spieler: Samir Nasri von Olympique Marseille und Karim Benzema von Olympique Lyon. Samir hat großes Talent und kann das Spiel sehr gut organisieren. Und Karim hat sich dieses Jahr bei Lyon durchgesetzt. Er ist komplett. Technisch ist er wahnsinnig stark. Er ist eine Mischung aus Thierry Henry und Zinedine Zidane. Mit erst 20 ist er bereits sehr weit in seiner Entwicklung. Karim ist definitiv der Stürmer der Zukunft.

SPOX: Dagegen sind Stammkräfte wie Thierry Henry und Lilian Thuram beim FC Barcelona, Patrick Vieira bei Inter Mailand oder Willy Sagnol bei Bayern München zuletzt keine Stammspieler mehr in ihren Vereinen gewesen. Ist das ein Nachteil für Frankreich?

Ribery: Im Gegenteil, all diese Spieler werden frisch und topfit zur EM fahren. Das kann wirklich unser großes Plus werden. Mit ihrer Erfahrung brauchen sie nicht viele Spiele, um Top-Leistungen zu bringen. Darüber mache ich mir überhaupt keine Sorgen.

SPOX: Ist Frankreich stärker als 2006?

Ribery: Heute gibt es viel mehr junge Spieler als vor zwei Jahren. Vorher war die Erfahrung unsere größte Qualität. Nun ist es die Unbekümmertheit. Beide Generationen sind sehr stark. Ich glaube auch, dass wir weiter sind als 2006 - also noch eine Stufe höher.

SPOX: Welche Spieler könnten bei dieser Europameisterschaft für Aufsehen sorgen?

Ribery: Es gibt natürlich Cristiano Ronaldo, der bei Manchester United eine Riesen-Saison gespielt hat. Aber ich bin nicht sicher, ob er bei der EM frisch genug sein wird, da diese Spielzeit mit Manchester sehr hart und lang war. Außerdem spielt er mit seiner Nationalmannschaft nicht so stark wie bei seinem Verein. Trotzdem ist er jederzeit in der Lage, eine Partie allein zu entscheiden.

SPOX: Was wäre für Sie persönlich das Traumfinale?

Ribery: Ich denke gegen Deutschland wäre es gar nicht so schlecht (lacht). Dann gleich auf Schweini, Poldi oder Lahm zu treffen, wäre schon etwas besonders. Aber dann müssen wir den Pott holen, ansonsten müsste ich mir monatelang was anhören an der Säbenerstraße. Und darauf habe ich ehrlich gesagt gar keine Lust.

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