Zittrig in Wembley

SID
England, Schweiz
© Getty

London - Ein unsicherer Beginn, eine schwungvollere zweite Halbzeit, und am Ende ein verdienter Sieg: Fabio Capellos Ära als Nationaltrainer des EM-Zuschauers England hat zwar nicht mit dem erhofften fußballerischen Feuerwerk, aber mit einem Erfolg begonnen.

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Auf der Insel wächst damit die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. "Ich denke, wir haben einige sehr gute Dinge gezeigt und uns viele Chancen erarbeitet. Die Spieler haben sich sehr gut geschlagen", lobte Capello nach dem 2:1 über EURO-Gastgeber Schweiz sein Team.

Denn immerhin schlugen die vom gestrengen Italiener auf mehreren Positionen umgebauten "Three Lions" im kühlen Wembley-Stadion im Test gegen die Eidgenossen genügend Funken, die an den allmählichen Wiederaufstieg der Auswahl aus dem Fußball-Mutterland glauben lassen.

Nervöser Start

Allerdings merkte man der auf acht Positionen veränderten Elf an, wie tief das klägliche Scheitern vor drei Monaten in der Ausscheidung zur Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz gegen Kroatien noch in den Knochen steckte. "Zu zittrig in Wembley", befand das Boulevardblatt "Daily Mail".

Auch Capello, der sich schon früh zur Coaching-Zone am Spielfeldrand aufmachte, sprach von einem "nervösen Start" seiner Schützlinge, die sich in ein ungewohntes System mit Wayne Rooney als einsamer Spitze einfinden mussten.

Schweigeminute für die Busby-Babes

Die Fans im mit 86.857 Zuschauern fast ausverkauften Wembley-Stadion zeigten sich zudem nicht gerade von ihrer besten Seite.

Die Schweigeminute für die Opfer der Flugzeugkatastrophe von München, bei der auf den Tag genau vor 50 Jahren neun Asse von Manchester United tödlich verunglückten, kürzte der deutsche Referee Felix Brych nach ein paar störenden Rufen sicherheitshalber auf 27 Sekunden ab. Auch der Name des für die Partie aussortierten Superstars David Beckham (Los Angeles Galaxy) und einige Buh-Rufe hallten durchs Stadionrund.

Owen bleibt draußen

Versöhnt wurden die Anhänger durch das Führungstor von Jermaine Jenas (Tottenham Hotspur), dem nach Vorarbeit des überragenden Joe Cole (FC Chelsea) traf (40.). England spielte danach selbstbewusster auf und ließ sich auch vom zwischenzeitlichen Ausgleich durch den Debütanten Eren Derdiyok (58.) nicht bremsen. Der eingewechselte Shaun Wright-Phillips (Chelsea) markierte dann den Endstand (62.).

Keine Chance zu glänzen erhielt Stürmerstar Michael Owen von Newcastle United. Trotz fünf Auswechslungen ließ der neue Coach Englands mit 40 Treffern in 88 Partien führenden Torschützen auf der Bank schmoren.

Gespaltene Reaktionen

Die englische Presse schwankte nach dem Debüt des italienischen "Löwenbändigers" zwischen Kritik und Zuversicht. Während die Boulevardzeitung "The Sun" dem Team von "Schulmeister" Capello die Note 2- gab, zeigte sich "The Mirror" ungnädiger und riet den Fans: "Langweilig - gewöhnt Euch dran". "Hoffnung für England", titelte dagegen "The Daily Telegraph". Dafür fand "The Guardian" die Leistung der "Three Lions" zwar "teilweise gut", aber etwas "zahm".

Bescheiden gaben sich die Spieler. "Wir sind froh über den Sieg nach zwei, drei Tagen mit dem neuen Coach", sagte Kapitän Steven Gerrard "aber wir wissen, dass wir besser spielen können." Er will eine neue Siegermentalität, eine Mannschaft, die schwer zu schlagen und gefährlich ist, wenn sie angreift. "Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber bis zum Beginn der WM-Qualifikation ist ja noch einige Zeit, wir können und werden uns steigern", betonte er.