Kein Titan in Sicht

Von Daniel Paczulla
lehmann, hildebrand
© Getty

München - Eigentlich gibt es diese Diskussion gar nicht. Jens Lehmann ist die Nummer eins im deutschen Tor. Es folgen Timo Hildebrand und Robert Enke. Dahinter stehen Rene Adler und Manuel Neuer, denen zusammen mit Michael Rensing die Zukunft gehört. Das ist die Aussage von Bundestrainer Joachim Löw.

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Alles klar? Von wegen! Täglich ist das Thema "DFB-Torhüter" allgegenwärtig. Wer steht im Sommer bei der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz im Tor, und welche beiden Keeper dürfen noch mit?

Die neueste Kampfansage stammt von Timo Hildebrand, Oliver Kahn bringt Tim Wiese wieder ins Gespräch, Rene Adler und Frank Rost drängen sich mit starken Leistungen auf. Einzig Manuel Neuer schwächelt bei Schalke ein wenig. Und um Robert Enke ist es wie immer ruhig.

Anspruch auf die Nummer eins

Ganz anders aber Timo Hildebrand - er erhebt Anspruch auf die Nummer eins: "Ich will hier nicht für Krawall sorgen. Aber klar ist auch: Ich will immer spielen - also auch bei der EM", betont der Keeper vom FC Valencia in der "Bild".

Was für den 28-Jährigen spricht, ist die Spielpraxis. "Ich habe den Schritt zum Stammtorhüter bei einem ausländischen Top-Klub gemacht. Nun soll der nächste Schritt folgen. Auch in der Nationalelf", sagt Hildebrand.

Zu seinem Kontrahenten Lehmann wollte er sich zwar nicht äußern, meint aber: "Es ist immer besser, wenn du spielst. Dann bist du im Rhythmus."

Lehmann profitiert von Almunia-Ausfall 

Gespielt hat Lehmann die letzten drei Spiele in Folge beim FC Arsenal. Jedoch profitierte der 38-Jährige vom Ausfall Manuel Almunias. Spannend wird es, für wen sich Trainer Arsene Wenger entscheiden wird, wenn Almunia wieder fit ist.

Zwar sammelte Lehmann am Montag beim 2:0-Erfolg gegen Blackburn, als er fehlerfrei blieb, Pluspunkte - dennoch droht ihm jederzeit erneut die Ersatzbank. 

Die jüngsten Diskussionen kamen aber nach Lehmanns Fehlern im Länderspiel gegen Österreich auf - auch wenn Löw feststellte: "Wir haben sehr viel Vertrauen zu ihm." Manager Oliver Bierhoff untermauerte im "Kicker": "Wir stellen Jens nicht infrage, wir denken gar nicht daran." Doch der Druck wird größer.

Kahn für Wiese

Und als ob es nicht schon genug Kandidaten gäbe, macht sich Oliver Kahn nun erneut für Tim Wiese stark. "Wiese ist einer der Torhüter, die in den Kreis der Nationalmannschaft gehören", erklärt der Bayern-Keeper gegenüber der "tz".

Genauso sieht es Bremens Sportdirektor Klaus Allofs: "Auf Dauer ist Tim ein Kandidat. Er ist nicht schlechter als die, die sonst genannt werden." Wiese selbst fühlt sich von Kahns Lob geschmeichelt.

"Wenn er so etwas über mich sagt, dann macht mich das stolz", freut sich Wiese, scheint selbst jedoch schon resigniert zu haben: "Bei den Trainern habe ich keine Chance. Ich zeige seit Jahren Top-Leistung, aber es kam nie eine Einladung. Für mich ist das Kapital abgehakt", hatte der 26-Jährige im September letzten Jahres gesagt.

Wieses Problem: Werder? 

"Er hat es natürlich nicht leicht, weil Bremen sehr offensiv spielt und viele Gegentore bekommen hat", meint Fürsprecher Kahn über mögliche Gründe für Wieses Nicht-Nominierung. 

Die Zahlen belegen seine These. Von den Top-Fünf der Bundesliga haben die Norddeutschen die meisten Gegentore (27). Bayern (10), Schalke (20), Leverkusen (19) und Hamburg (15) haben deutlich weniger.

Trotz des Zuspruchs von Kahn, kann sich Wiese, auch wegen seiner Aussagen, jedoch wohl kaum Hoffnungen auf die Nationalmannschaft machen.

"Mein Ziel ist die Nationalmannschaft"

Deutlich bessere Chancen, auf den EM-Zug aufzuspringen, hat Rene Adler. Der Leverkusener überzeugt seit Monaten mit überragenden und fehlerlosen Leistungen und sitzt Enke im Nacken.

Der 23-Jährige bleibt aber bescheiden. "Ich muss mich erstmal in Leverkusen durchsetzen."

Forscher geht da einer zur Sache, den man vielleicht nicht direkt auf der Rechnung hat - Frank Rost. "Ich habe immer gesagt: Mein Ziel ist die Nationalmannschaft", betont der Keeper des HSV.

Jedoch blockte Bierhoff in der "Bild" ab: "Frank Rost ist in der Liga sehr erfahren, ihm fehlt jedoch die Turnier-Erfahrung."

Fragezeichen bleiben

Für Löw scheint die Hierarchie nach wie vor klar zu sein - dennoch werden die Diskussionen wohl bis Juni anhalten.

Beenden kann sie nur Jens Lehmann, wenn er kontinuierlich und fehlerfrei bei den Gunners spielt. Das allerdings liegt nicht nur an ihm, sondern auch an Arsene Wenger.  

Die anderen Keeper haben alle Klasse, aber hinter jedem einzelnen steht auch ein Fragezeichen - zu jung, zu unkonstant, zu wenig internationale Erfahrung. Einen unumstrittene Nummer eins - so wie bei der WM 2002 - gibt es nicht. Damals stand ein Titan zwischen den Pfosten. 

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