EM

Spielraum für Lernprozesse

Der DFB hat sich in der Gruppenphase der U19-EM Platz drei gesichert
© getty

Die deutsche U19 tütet bei der Heim-EM den ersten Sieg ein und verhindert somit den Super-GAU. Coach Streichsbier überrascht mit einigen Entscheidungen, liegt damit aber goldrichtig. Spielraum für Lernprozesse bleiben vor dem wichtigen Playoffspiel am Donnerstag dennoch.

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Wirklich intensiv beschäftigt hatte sich Guido Streichsbier noch nicht mit dem Playoffspiel um die Teilnahme an der U20-WM 2017 in Südkorea. Angesprochen auf die Taktik im Entscheidungsspiel am kommenden Donnerstag, holte der Trainer zur Erklärung aus. "Das wird ein klassisches Ausscheidungsspiel. Da kann es dann auch mal zu Verlängerung und Elfmeterschießen kommen", sagte Streichsbier, brach den Satz abrupt ab, blickte fragend zum DFB-Pressesprecher und schob ein gehauchtes "glaube ich" nach.

Wer will ihm das verdenken? Speziell in den letzten Tagen hatte der Coach vermutlich Besseres zu tun, als sich durch die Regularien der UEFA zu wälzen. Denn ausgerechnet bei der Heim-EM drohte dem DFB nach zwei Niederlagen in Folge bereits der Super-GAU. Sowohl bei einer Niederlage als auch bei einem Remis im letzten Spiel wäre sein Team als Letzter gnadenlos in der Vorrunde ausgeschieden. Doch Deutschland lieferte.

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Beim 3:0 gegen Österreich präsentierte sich sein Team überzeugend und zurrte den wichtigen dritten Gruppenplatz fest. Zwar war der Halbfinalzug bei der Heim-EM frühzeitig abgefahren, doch mit dem Playoffspiel visiert Deutschland das im Vorfeld des Turniers ausgegebene Minimalziel an.

Ausgerechnet links hinten

Dafür würfelte der deutsche Coach seine Startelf mächtig durcheinander und überraschte mit einigen Entscheidungen. Die eigentlich gesetzten und bundesligaerfahrenen Suat Serdar (Mainz 05) und Maximilian Mittelstädt (Hertha BSC) blieben erstmals nur auf der Bank.

Doch vor allem Mittelstädt-Ersatz Jannes Horn trumpfte groß auf. Er bereitete mit seinen scharfen Hereingaben alle drei Treffer vor. Ausgerechnet links in der Viererkette - jahrelang das Sorgenkind der A-Mannschaft - ist die U19 des DFB stark aufgestellt. "Es ist eine Position, auf der wir beim DFB generell nicht tief besetzt sind. Deshalb ist es eine angenehme Situation, dass wir solche Linksverteidiger haben", erklärte Streichsbier.

Generell lag der Coach mit seinen Umstellungen goldrichtig. Statt wie in den ersten beiden Spielen mit zwei Viererketten zu spielen, lief Deutschland mit einer sehr beweglichen Mittelfeldraute auf. Im Spielaufbau war der DFB somit extrem flexibel, defensiv wurde das Zentrum gestärkt und dicht gemacht. Ein wichtiger Schachzug gegen vor allem durch die Mitte agierende Österreicher.

Mannschaft fängt "Feuer"

Amara Conde, der neu ins Team rutschte, ackerte wie ein Irrer, lief zahlreiche Räume zu und fügte sich nahtlos ins Spiel ein. Ein Sonderlob gab's deshalb im Anschluss von Mitspieler Philipp Ochs: "Wenn man wie Amara bei der EM noch kein Spiel gemacht hat, dann reinkommt und ein solche Partie abliefert, dann ist das schon bärenstark."

Deutschland riss das Heft des Handelns von der ersten Minute an sich und dominierte die Partie. Doch im letzten Drittel fehlte vor allem im ersten Durchgang noch die nötige Durchschlagskraft. Erst die beiden schnellen Tore nach der Halbzeit wirkten spürbar als Erlösung. Die Mannschaft habe danach "Feuer gefangen", erklärte Streichbier im Anschluss. Er sei sich sicher gewesen, dass sie den Vorsprung nicht mehr aus der Hand geben werden.

Marko lobt Deutschland

Auch Österreichs Trainer Rupert Marko sah ein, dass seine Elf deutlich unterlegen war. "Der Sieg geht auch in dieser Höhe absolut in Ordnung. Wir konnten heute gegen Deutschland physisch nicht mithalten", analysierte Österreichs Coach Rupert Marko: "Das Pech, das die deutsche Mannschaft in den ersten beiden Spielen hatte, hatten sie heute nicht."

Ein gewisser Spielraum für Lernprozesse bleibt dennoch. Der starke Sechser Gino Fechner holte sich Minuten vor dem Schlusspfiff trotz Hinweisrufe der Bank völlig unnötig seine 2. Gelbe Karte im Turnier und fehlt somit im Playoffspiel. "Wir haben jetzt drei Tage, um hier eine Lösung zu finden", so Streichsbier.

Der Gegner des Entscheidungsspiels steht bislang noch nicht fest. Vieles deutet auf die Niederlande oder Frankreich hin. Klar ist für Streichsbier jedoch bereits jetzt, dass Deutschland mit Rückenwind anreist: "Wenn mein Team jetzt kein Selbstvertrauen hat, dann frag ich bei der UEFA, ob ich 16 neue Spieler nominieren darf." Wie er auf die Zahl 16 kommt, bleibt wohl sein Geheimnis. Er hat schließlich einen 18-Mann-Kader. Immer diese UEFA-Regularien.

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