EM

Drama! Deutschland löst WM-Ticket

Deutschland machte in den Zweikämpfen früh eine gute Figur
© getty

Die deutsche U19 hat nach einer dramatischen Partie einen versöhnlichen Abschluss bei der Heim-EM gefeiert. Im Spiel um Platz fünf siegte das Team von Guido Streichsbier nach Elfmeterschießen gegen die Niederlande mit 8:7 (1:0, 2:2, 3:3) und qualifizierte sich somit für die U20-WM 2017.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 8.592 Zuschauern im Hardtwaldstadion in Sandhausen erzielte der Hoffenheimer Philipp Ochs mit seinem vierten Turniertreffer noch vor der Halbzeit das erlösende 1:0. Die Niederlande schockte das DFB-Team jedoch mit einem späten Doppelschlag durch Abdelhak Nouri (81.) und Dennis Van Der Heijden (88.) und drehte das Spiel. Doch Deutschland kam erneut zurück und rettete sich dank eines Tores von Suat Serdar (90.+3) in die Verlängerung.

Auch in den zusätzlichen 30 Minuten ging es weiter hoch her. Zunächst traf Marvin Mehlem (96.) für Deutschland. Die Niederlande hielt in Person von Sam Lammers (111.) erneut dagegen. Im Elfmeterschießen hatte der DFB die besseren Nerven. Bayers Benjamin Henrichs verwandelte den entscheidenden Elfmeter.

Durch den Sieg hat sich die deutsche U19 den so wichtigen fünften Platz bei der Heim-Europameisterschaft geschnappt und das vor dem Turnier ausgegebene Minimalziel erreicht. Das Team ist somit für die U20-WM in Südkorea im nächsten Jahr qualifiziert.

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: DFB-Coach Guido Streichsbier verändert sein Team im Vergleich zum 2:0-Sieg gegen Österreich auf zwei Positionen. Mittelstädt ersetzt Reese und startet erstmals bei der EM links vorne. Zudem rutscht Besuschkow für den gesperrten Fechner wieder ins Team. Der nachnominierte Ersatzkeeper Nicolas (Krankheit) musste bereits wieder abreisen. Für ihn sitzt Schubert (Dynamo Dresden) auf der Bank.

Gleich drei Veränderungen gibt's in der Startelf von den Niederlanden. Lelieveld ersetzt Zeefuik rechts in der Viererkette. Da Eiting ins Team rutscht, spielt Schuurman etwas offensiver an der Seite von Dekker und Bergwijn. Paal und Lammers müssen deshalb zusehen.

18.: Ochs täuscht den Schuss an und legt mit dem Absatz ab auf Besuschkow, der zieht flach ab. Sein Geschoss geht nur einen halben Meter am linken Pfosten vorbei.

39.: Nach einer sehr schönen Ballstafette in der Mitte hebt Henrichs die Kugel nach links in den Sechzehner und findet den völlig freien Mittelstädt. Der nimmt den Ball kurz an und zieht mit links ab. Torwart van Osch ist geschlagen, für ihn rettet aber ein Abwehrspieler gerade noch vor der Linie.

43., 1:0, Ochs: Einen langen Ball von Mittelstädt in den Sechzehner nimmt Ochs gekonnt an, setzt sich dann im Eins-gegen-Eins gegen Torwart van Osch durch und spitzelt das Ding an zwei Gegenspielern vorbei ins Netz.

81., 1:1, Nouri: Mit dem ersten Schuss aufs deutsche Tor gleichen die Holländer tatsächlich aus! Kapitän Nouri tritt zum Freistoß direkt vor der Strafraumgrenze an und lässt sich die Chance nicht nehmen: Er setzt den Ball in die Torwartecke und überrascht Torwart Müller, der zwar mit den Fingerspitzen dran ist, den Ausgleich aber nicht verhindern kann. Alles wieder offen!

88.: 1:2, Van der Heijden: Das ist ein Schock! Ein langer Freistoß von links durch Verdonk segelt ans rechte Strafraumeck, dort ist es schon wieder der lange Stürmer van der Heijden, der sich gegen zwei Mann durchsetzt, hochsteigt und einen Kopfball im hohen Bogen und unhaltbar im Winkel versenkt.

90.+3, 2:2, Serdar: Nach einem Conde-Eckball von links kommt Serdar am ersten Pfosten zum Kopfball und nickt unhaltbar ein. Riesenjubel im Hardtwaldstadion!

96., 3:2, Mehlem: Deutschland dreht das Spiel! Mittelstädt hat auf links in der gegnerischen Hälfte viel Platz und nutzt diesen für einen Traumpass in den Lauf von Mehlem. Der nimmt den Ball kurz an und schiebt ihn flach am herauskommenden van Osch vorbei ins Netz.

111., 3:3, Lammers: Nach einem langen Ball in Richtung Strafraum steht Lammers viel zu frei und anstatt den Ball anzunehmen, spitzelt er ihn mit dem ersten Kontakt direkt am herauskommenden Müller vorbei ins Tor.

120.: Henrichs fasst sich aus 25 Metern ein Herz und zieht mit links ab, der Schuss knallt ans linke Lattenkreuz. Deutschland bleibt im Angriff, nach einer Flanke kommt Iyoha vor dem Tor frei zum Abschluss, trifft den Ball aber nicht richtig. An Dramatik ist das Ganze hier inzwischen kaum mehr zu überbieten.

Elfmeterschießen:

3:4 Verdonk

4:4 Ochs

4:5 Lammers

5:5 Gül

5:6 Van der Heijden

6:6 Mittelstädt

6:7 Rosario

Conde verschießt

Nouri verschießt

7:7 Gimber

Vlap verschießt

8:7 Henrichs

Fazit: Deutschland gewinnt eine irre Partie völlig verdient. Der DFB dominiert das Spiel über lange Zeit nach Belieben und lässt sich ohne Grund die Butter vom Brot nehmen. So spannend hätten es die Deutschen nicht machen müssen.

Der Star des Spiels: Benjamin Henrichs. Der Leverkusener ist Leader, Spielgestalter und Kopf der Mannschaft. Überzeugte auch gegen die Niederlande wieder, indem er in der Offensive nahezu jeden Angriff einleitete und in der Abwehr enorm viele Zweikämpfe bestritt. Hat für sein Alter schon eine unglaubliche Ruhe am Ball und wirkt in der Entwicklung weiter als viele seiner Mitstreiter. Verwandelte zudem den entscheidenden Elfmeter.

Der Flop des Spiels: Steven Bergwijn. Zwei holländische Meisterschaften hat der niederländische Angreifer schon auf dem Briefkopf. Gegen Deutschland war der 18-Jährige vor allem im ersten Durchgang jedoch komplett abgemeldet. Wich im zweiten Durchgang auf den Flügel aus, blieb aber auch dort blass und hatte mit zahlreichen Stockfehlern zu kämpfen. Nach 73 Minuten war sein Arbeitstag beendet.

Der Schiedsrichter: Alejandro Hernandez (Spanien). Hatte überhaupt keine Probleme mit der durchweg fairen Partie. Blieb ohne Fehler.

Das fiel auf:

  • Nachdem Streichsbier in den letzten Partien das System oft veränderte und viel experimentierte, spielte Deutschland diesmal im klassischen 4-2-3-1, dem Stammsystem des Teams. Das brachte dem DFB vor allem in der Defensive eine enorme Stabilität. Da längst nicht so aggressiv angelaufen wurde, wussten die Niederländer mit dem eigenen Ballbesitz überhaupt nichts anzufangen. Sechser Eiting kippte immer wieder nach hinten ab, doch noch in der vordersten Linie liefen Besuschkow und Teuchert beziehungsweise Serra die Räume stark zu und ließen Bälle durch die Mitte nicht zu. Ein hoher Ball war fast immer die Folge.
  • Ähnlich wie schon gegen Österreich dominierte die deutsche Mannschaft das Spiel von der ersten Minute an und ließ defensiv zunächst kaum etwas zu. Wiederum fehlte jedoch in der Offensive zunächst die nötige Durchschlagskraft. Besuschkow war viel unterwegs, wich oft auf den Flügel aus und verteilte die Bälle stark. Er war die zentrale Anspielstation in der Offensive.
  • Nach der Halbzeit reagierte der niederländische Coach Winter und zog seine komplette Offensive auf links. Bergwijn rückte auf den Flügel, Lammers stürmte zentral. Zunächst schienen die Umstellungen komplett wirkungslos. Doch vor allem die Hereinnahme des physisch starken Lammers brachte die Defensive der Deutschen durcheinander. Ein kluger Schachzug.
  • Während in den ersten 80 Minuten alles in geregelten Bahnen lief und Deutschland das Heft des Handels klar in der Hand hielt, ging's danach drunter und drüber. Nach dem dominanten Auftreten in der regulären Spielzeit dürfte Deutschland das Spiel jedoch nie so offen gestalten. Der plötzliche Einbruch ist nicht wirklich zu erklären.

Deutschland - Niederlande: Die Statistik zum Spiel