EM

Portugal ohne Sieg im Halbfinale

Renato Sanches und Robert Lewandowski erzielten die Tore der regulären Spielzeit
© getty

Das erste Viertelfinale der UEFA Euro 2016 entscheidet Portugal mit 4:6 n.E. (1:1) gegen Polen für sich. Renato Sanches traf für die Portugiesen, Robert Lewandowski für die Polen.

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Vor 67.394 Zuschauern im Stade Velodrome erzielte Robert Lewandowski (2.) die frühe Führung für Polen. Es war mit 1:40 Minuten das zweitschnellste Tor der EM-Geschichte. Renato Sanches (33.) glich als jüngster Startelfspieler Portugals aus und sorgte damit für weitere Rekorde.

Die zweite Hälfte der Partie blieb ohne Treffer. Somit ging es nach 90 gespielten Minuten in die Verlängerung. Die sechste Verlängerung in Folge in EM-K.o.-Spielen für Portugal. William Carvalho sah Gelb und fehlt im Halbfinale gesperrt.

Nach 120 Minuten ging das Spiel ins Elfmeterschießen, die Portugiesen konnten damit kein EM-Spiel in der regulären Spielzeit für sich entscheiden. Dort wurde Jakub Blaszczykowski zur tragischen Figur, Ricardo Quaresma schoss sein Land ins Halbfinale der UEFA Euro 2016.

Die Reaktionen:

Fernando Santos (Trainer Portugal): "Wir sind ein Team mit großem Charakter. Ich bleibe dabei, dass wir frühestens am 11. Juli nach Hause fahren. Schlacht für Schlacht bis zur finalen Schlacht. Das ist, was wir versuchen. Pepe hat ein grandioses Spiel gemacht, genau wie Ronaldo."

Renato Sanches (Portugal): "Der Trainer hat gefragt, wer schießen will. Ronaldo war zuerst, dann sagte ich, ich nehme den zweiten. Der Trainer vertraute mir. Ich habe nur daran gedacht, zu treffen. Ich habe meine Seite ausgesucht und ihn dorthin geschossen."

Adam Nawalka (Trainer Polen): "Das ist ein harter Moment für uns. Die Spieler haben ihr Herz in dieses Spiel und dieses Turnier gelegt, wir haben kein einziges Spiel verloren. Wir schauen jetzt optimistisch in die Zukunft, die Analyse hat Zeit."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Polen setzen nach ihrem Sieg im Elfmeterschießen über die Schweiz auf die exakt gleiche Elf. Keine Änderungen also im Vergleich zum Achtelfinale.

Anders dagegen die Portugiesen. Links hinten übernimmt Eliseu für den nicht ganz fitten Guerreiro, im Mittelfeld kommt Sanches für Andre Gomes. Weiteres Personal tauscht Trainer Fernando Santos aber nicht.

2., 1:0, Lewandowski: Nach einem langen Ball von Piszczek kommt Grosicki aufgrund eines Fehlers von Cedric an den Ball. Er macht ein paar schnelle Meter und legt an den Elfmeterpunkt zurück, Lewandowksi trifft zur frühen Führung.

17.: Nach flacher Hereingabe von rechts kann sich Lewandowski von Pepe und anschließend Fonte lösen. Der Winkel ist aber spitz geworden, Patricio packt sicher zu.

29.: Nani verschafft sich mal Platz und passt auf Ronaldo. Hübsche Täuschung am Strafraumrand, der Schuss ist aber leichte Beute für Fabianski.

33., 1:1, Sanches: 2:0 Bayern!? Doppelpass mit Joao Mario vor dem gegnerischen Sechzehner, starker Abschluss mit links und Ausgleich. Noch abgefälscht von Krychowiak.

56.: Umschaltmoment für Portugal. Nani geht links, Ronaldo startet aus der Mitte in den Rücken von Glik. Der Pass kommt, der Schuss landet aber am Außennetz.

64.: Cedric probiert es aus rund 26 Metern mit einem Strich. Der geht aber links am Tor der Polen vorbei.

69.: Flanke von links nach schöner Kombination, Milik geht in den Ball, kann ihn aber springend nicht ordentlich drücken. Patricio ist schnell unten und pariert.

81.: Pepe fängt einen Ball ab und spielt schnell auf Ronaldo. Jedrzejczyk grätscht in den Pass und erzielt fast ein Eigentor.

86.: Wunderbarer Lupfer von Moutinho auf Ronaldo am Elfmeterpunkt. Der trifft den Ball nicht.

Elfmeterschießen:

0:1 Ronaldo

1:1 Lewandowski

1:2 Sanches

2:2 Milik

2:3 Moutinho

3:3 Glik

3:4 Nani

Patricio hält gegen Blaszczykowski

3:5 Quaresma

Fazit: Ein Spiel mit guten Chancen auf beiden Seiten. Letztlich fehlte aber die Effektivität vor dem Tor, womit die Entscheidung im Elfmeterschießen durchaus gerechtfertigt wurde.

Der Star des Spiels: Renato Sanches erzielte den wichtigen Ausgleich für sein Team. Der Youngster war auffälligster Mittelfeldspieler der Portugiesen, wenn ihm auch bei weitem nicht alles gelang. War viel unterwegs, gewann viele Bälle und hatte somit das Glück des Tüchtigen bei seinem abgefälschten Schuss. Der Elfmeter war eiskalt. Ebenfalls nicht zu vergessen: Glik und Pepe.

Der Flop des Spiels: Cedric Soares verschätzte sich in der zweiten Minute für einen Profi inakzeptabel. Sein Fehler führte zum Gegentor und auch anschließend sah er sich mehrfach von Grosicki überlaufen. Keine unterirdische, angesichts des bösen Schnitzers aber eine verbesserungswürdige Leistung.

Der Schiedsrichter: Felix Brych (Deutschland) hatte keine großen Probleme mit der Partie und ließ sich auch von mancher Polemik nicht aus der Ruhe bringen. Ließ allerdings das Foul von Pazdan an Ronaldo (30.) ungeachtet, dafür hat es auch schon Elfmeter gegeben.

Das fiel auf:

  • Die Polen beschränkten sich meist auf ein 4-4-2 im tiefen Mittelfeldpressing. Sie attackierten sehr langsam ab der Mittellinie und ließen dabei relativ große horizontale Lücken in der zweiten Linie. Die Flügelspieler übernahmen die gegnerischen Außenverteidiger und stellten so bisweilen eine etwas zu flache Staffelung her. Allerdings ließ Portugal den ballfernen Halbraum verwaisen, so mussten die Flügelspieler nur selten einrücken.
  • Mit Ball suchten die Mannen von Nawalka im ersten Schritt ihre Innenverteidiger. Die Sechser bewegten sich im Mittelfeld auf und ab und kamen bei Gelegenheit entgegen. Meist ließen sie nur prallen, um Lücken zu öffnen und einen Pass durch das gegnerische Zentrum auf die fallenden Lewandowski und Milik zu ermöglichen.
  • Immer wieder suchten die Polen Lewandowski mit hohen Bällen. Der FCB-Stürmer verteilte die Anspiele schließlich auf die Außen und startete selbst. Kuba und Grosicki wurden schnell hinterlaufen, flache Flanken in den Rückraum sollten zu qualitativ hochwertigen Torchancen führen.
  • Die Portugiesen zeigten einige Probleme im Aufbau. Carvalho und Sanches hielten sich eng aneinander, standen sich aber auch oft auf den Füßen. Ohnehin wirkte der zukünftiger Bayer sehr frei in seiner Rolle, war mal halbrechts, mal halblinks zu sehen. Er kümmerte sich ohne Ball um den gegnerischen Sechserraum und rückte bisweilen auf Krychowiak heraus.
  • Durch die langsame Ballzirkulation und die häufige Isolation auf dem linken Flügel schaffte es Portugal nur selten, Ronaldo einzusetzen. Dieser setzte vermehrt zu diagonalen Sprints von der linken Seite ins Zentrum an, brach diese aber aufgrund fehlender Zuspiele schnell wieder ab.
  • Portugal zeigte nach der Pause ein deutlich verändertes Spiel in der Defensive. Nani bildete die Spitze vor dem 4-1-3 im Mittelfeld. Ging der Ball nach außen, rückte ein Achter mit dem fast schon manndeckenden Außenverteidiger auf den polnischen Flügelspieler, ein Mittelfeldspieler sicherte mit Zurückfallen die Linie gegen den Hinterlaufenden. Ronaldo nahm sich weiterhin aus.
  • Polen reagierte darauf mit einrückenden Flügelspielern, Milik und Lewandowski wichen in die entstehenden Lücken rechts und links aus. Die Mitte war so aber nur noch einfach besetzt, das Team brauchte nun viel Zeit, um den angespielten Stürmer zu unterstützen. Das nahm Polens starkem Vertikalspiel einiges an Durchschlagskraft.

Polen - Portugal: Die Statistik zum Spiel