EM

Österreich patzt gegen Ungarn

Szalai brachte Ungarn gegen Österreich in Führung
© getty

Ungarn hat das erste Spiel der Gruppe F mit 2:0 (0:0) gegen Österreich gewonnen. Beim Überraschungserfolg profitierten die Ungarn davon, dass sie die Schlussphase nach einem Platzverweis gegen Aleksandar Dragovic in Überzahl bestreiten durften.

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Die 34.424 Zuschauer im Matmut Atlantique in Bordeaux mussten lange auf den ersten Treffer der Partie warten, doch im zweiten Durchgang brachte Adam Szalai die Ungarn in Führung (63.).

Nur drei Minuten später wurde Österreichs Aleksandar Dragovic mit der Gelb-Roten Karte vom Platz gestellt (66.).

In Unterzahl kassierte Österreich kurz vor Schluss das 0:2 durch Zoltan Stieber (87.).

Gabor Kiraly (40 Jahre und 74 Tage) löste mit seinem Einsatz Lothar Matthäus (39 Jahre und 91 Tage) als ältesten Spieler der EM-Geschichte ab.

Die Reaktionen:

Marcel Koller (Trainer Österreich): "Wir haben das Spiel aus der Hand gegeben. Wir waren nervös und hektisch und haben so immer wieder unnötig den Ball verloren. Wir hatten zwar Chancen, haben aber das Tor nicht gemacht. In der zweiten Hälfte haben wir dann im Konter die Tore bekommen. Die Ungarn haben es aber auch sehr gut gespielt."

Bernd Storck (Trainer Ungarn): "Wir haben sehr hart dafür gearbeitet. Kompliment an meine Mannschaft. Es war ein Traum, der ist in Erfüllung gegangen. Wir sind schwer ins Spiel gekommen, die zweite Halbzeit war grandios."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Marcel Koller ändert seine Mannschaft im Vergleich zum letzten Test gegen die Niederlande (0:2) auf zwei Positionen: Hinteregger und Harnik verdrängen Prödl und Sabitzer aus der Startelf. Alaba und Baumgartlinger sollen im zentralen Mittelfeld den Takt vorgeben. Mit Hinteregger, Klein, Alaba, Baumgartlinger, Junuzovic und Harnik standen gleich sechs Spieler in der abgelaufenen Saison in Deutschland unter Vertrag.

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Auch Bernd Storck nimmt nach der 2:0-Pleite bei der Generalprobe gegen das DFB-Team zwei Wechsel vor. Nemeth und Gera ersetzen Pinter und Lovrencsics. Mit Stürmer Adam Szalai (noch Hannover 96) und Mittelfeldspieler Laszlo Kleinheisler (Werder Bremen) stehen zwei aktuelle Bundesliga-Profis in der Anfangsformation. Balazs Dzsudzsak, der Kapitän und Star der Mannschaft, kommt über den rechten Flügel.

1.: Was für ein Auftakt! Alaba bekommt den Ball 30 Meter vor dem Strafraum, geht ein paar Schritte und hält einfach drauf. Kiraly kommt nicht ran, der Pfosten rettet aber für den Keeper.

35.: Glanztat des Altmeisters! Nach einer Volley-Abnahme von Junuzivoc aus 17 Metern taucht Kiraly blitzschnell ab und lenkt den Ball um den Pfosten.

41.: Der erste gut gespielte Angriff der Österreicher: Nach einem Doppelpass mit Junuzovic ist Arnautovic links durch und passt in die Mitte. Der Ball gerät aber etwas zu steil und deshalb kann Harnik keinen kontrollierten Schuss abgeben.

43.: Nach einem Ballverlust im Spielaufbau der Österreicher schaltet Ungarn schnell um. Kleinheisler bedient Dzsudzsak, der aber aus halbrechter Position im Strafraum verzieht.

55.: Österreich wird offensiver und so ergeben sich Räume für Ungarn. Dzsudzsak wuchtet den Ball aus der Distanz auf den Kasten, aber Almer reißt die Fäuste hoch und verhindert den Einschlag.

63., 0:1, Szalai: Die Ungarn erwischen eine schlecht formierte österreichische Abwehr auf dem falschen Fuß, Kleinheisler steckt im richtigen Moment auf Szalai an der Strafraumkante durch. Frei vor Almer behält der Stürmer die Nerven und schiebt zur Führung ein.

66., Dragovic, Österreich: Jetzt wird's bitter für Österreich. Dragovic kommt im gegnerischen Strafraum viel zu spät und trifft Kadar am Sprunggelenk. Referee Turpin ahndet dies mit Gelb, der Abwehrspieler war bereits verwarnt - in der Summe ergibt das die Ampelkarte.

71.: Ungarn weiter im Vorwärtsgang: Nemeth visiert von halblinks an der Strafraumkante die lange Ecke an. Almer muss sich strecken, dreht den Ball aber gerade noch um den Pfosten herum.

87., 0:2, Stieber: Nach einem schwach ausgeführten Freistoß hebeln die Ungarn die gesamte österreichische Defensive mit einem Pass aus. Stieber steuert frei auf Almer zu, überlupft den Schlussmann mit einem feinen Heber und bejubelt anschließend das 2:0 - das Ding ist durch!

Fazit: Österreich war über weite Strecken das bessere Team, aber drang zu selten in den gefährlichen Bereich ein. Ungarn verteidigte gekonnt und agierte in Überzahl clever.

Der Star des Spiels: Zoltan Gera. Da der Sieg Ungarns eine Mannschaftsleistung war ist es schwierig, einen Akteur aus dem Kollektiv herauszuheben. Will man es dennoch, bietet sich Gera an. Der Mittelfeldspieler war Bindeglied zwischen Abwehr und Mittelfeld und hielt die Mannschaft stets zusammen. Zudem hatte Gera die meisten Ballaktionen seiner Mannschaft und spielte die meisten Pässe Ungarns. Ebenfalls stark: Kiraly und Kleinheisler.

Der Flop des Spiels: Marc Janko. Das Spiel ging komplett am Angreifer vorbei. Janko hatte bis zu seiner Auswechslung nicht nur die wenigsten Ballkontakte seiner Mannschaft, sondern spielte auch noch die wenigsten Pässe der österreichischen Auswahl.

Der Schiedsrichter: Clement Turpin (Frankreich). Der 34-Jährige ließ die Spieler von Anfang an der langen Leine und zog diese großzügige Linie lange durch. Die Gelb-Rote Karte gegen Dragovic war zwar hart, aber durchaus vertretbar. Insgesamt ein souveräner Auftritt des Unparteiischen.

Das fiel auf:

  • Koller schickte seine Elf in einem klassischen 4-2-3-1 auf den Platz, wobei Österreich versuchte, das ungarische Aufbauspiel früh zu stören. Zu diesem Zweck attackierten die Österreicher die Nummer 20 der Weltrangliste phasenweise tief in der eigenen Hälfte.
  • Nach Ballgewinnen gelang aber nur selten ein schnelles Umschaltspiel, vielmehr unterliefen Alaba und Co. zu viele Fehlpässe. So war Österreich zwar das feldüberlegene Team und hatte die besseren Chancen, aber insbesondere im letzten Drittel fehlte es an Genauigkeit und Kreativität, sodass Distanzschüsse lange Zeit die vielversprechendsten Ansätze blieben.
  • Die drei zentralen Mittelfeldspieler Österreichs wurden weitgehend von Ungarn in Manndeckung genommen. Auch deshalb ließ sich Alaba häufig in die eigene Hälfte fallen, um den bei der Spieleröffnung zu helfen. Allerdings fand auch der Bayern-Star selten Lücken im Mittelfeld und so agierten die Österreicher mit vielen langen Bällen, die zumeist von den ungarischen Verteidigern runtergepflückt werden.
  • Ungarn lief in einem variablen 4-1-4-1 auf, wobei die Flügelspieler bei eigenem Ballbesitz häufig auf eine Höhe zu Szalai aufschlossen. Dabei war das Team von Storck stets darum bemüht, die Abstände zwischen den beiden Viererketten nicht zu groß werden zu lassen. Insgesamt präsentierten sich die Ungarn durchaus mutig und versuchte auch unter Druck, spielerische Lösungen zu finden. Im Spiel nach vorne leisteten aber auch sie sich zu viele Fehlpässe und so nahmen aussichtsreiche Angriffe fast immer ein jähes Ende.
  • Nach dem Rückstand musste Österreich auch in Unterzahl aufmachen, doch verlor dann komplett die Ordnung, es ergaben sich zwischen Abwehr und Mittelfeld große Räume. Ungarn spielte die numerische Überlegenheit gut aus und riss die Kontrolle an sich.

Österreich - Ungarn: Die Statistik zum Spiel

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