EM

Die Ukraine hat Schockpotenzial

Dynamo-Kiew-Star Yarmolenko ist neben Konoplyanka die gefährlichste Waffe der Ukrainer
© getty
Cookie-Einstellungen

So will Deutschland die Ukraine schlagen:

Das DFB-Team wird von Beginn an wieder viel Ballbesitz erlangen - vermutlich sogar noch mehr als zuletzt in den Testspielen gegen die Slowakei und Ungarn. Wichtig ist es, die sehr defensive, kompakte und zerstörerische Mittelfeldreihe der Ukraine zu überspielen und in die Räume unmittelbar am Strafraum zu gelangen.

Dabei kommen Mesut Özil und vor allem auch Toni Kroos wieder einmal Schlüsselrollen im Spielaufbau zu. "Egal, ob Deutschland mit einer Dreier- oder Viererkette agiert, die Spieleröffnung läuft in erster Linie über Toni Kroos. Er lässt sich dabei, wie wir es von ihm aus Madrid kennen, zumeist auf die halblinke Position zwischen Innen- und Außenverteidiger fallen. Beide Außenverteidiger schieben nach vorne und besetzen in der Spieleröffnung alleine den jeweiligen Flügel. Die nominellen Flügelspieler, möglicherweise Müller und Draxler, rücken dann oft ins Zentrum und sorgen dort gemeinsam mit Khedira und Özil für Überzahl", erklärt Alexander Schmalhofer, Leiter des Fachbereichs "Spiel- und Taktikanalyse" am Institut für Fußballmanagement die Formierung der deutschen Mannschaft.

Durch diese Bewegungen im offensiven Zentrum hat Kroos einen großen Vorteil: "Da die deutschen Spieler in der Mitte dann ständig Ihre Positionen wechseln und der Gegner im Zentrum folglich meist in Unterzahl ist, kann dieser nur in der Raumdeckung agieren - und das bringt einen entscheidenden Zeitvorsprung. Mit seiner Spielintelligenz kann Kroos nun mit einem flachen Pass auf einen der vier Zentrumsspieler den Angriff entwickeln. Die Passqualität von Kroos wird in einem Positionsangriff somit auch über die Qualität der deutschen Torchancen entscheiden", so Schmalhofer weiter.

Nicht minder wichtig ist dabei die Bewegung der deutschen Sturmspitze. Spielt Mario Götze, wird der sich "hauptsächlich zwischen der Viererkette des Gegners bewegen und dort ständig auf ein Zuspiel in die Schnittstelle lauern. Durch dieses taktische Verhalten bindet er die gegnerischen Innenverteidiger", beschreibt der Fachbereichsleiter.

Da gegen die Ukraine aber womöglich Mario Gomez anstelle von Götze starten wird, damit der DFB neben der spielerischen Komponente auch eine physischere Option im Angriff hat, könnte Mesut Özil der zuvor beschriebene Götze-Part zukommen, wenngleich sich der Arsenal-Spielmacher lieber als aktiver Verteiler mit dem Spiel vor sich sieht, denn als Schnittstellenläufer am Sechzehnerrand. Gomez dagegen ist auch bei Standards ein großer Pluspunkt. Diese ließ Löw in der vergangenen Woche ausführlich trainieren.

Sollte das DFB-Team im Zentrum so nicht zum Erfolg kommen, ist es wichtig, das Spiel schnell auf die Außenbahnen verlagern zu können. Hier kommt auch Jerome Boateng ins Spiel: "In der Spieleröffnung ist er neben Toni Kroos ein absoluter Schlüsselspieler. Seine präzisen diagonalen Flugbälle sowie seine Zuspiele in den Strafraum sind eine absolute Waffe. Dass er rechtzeitig zur EM wieder fit geworden ist, hilft dem deutschen Team enorm", sagt Schmalhofer.

Dieser extreme Offensiv-Fokus wird aber zwangsläufig dazu führen, dass Löws Mannschaft weit aufrückt, die Innenverteidiger vermutlich sogar dauerhaft fast bis zur Höhe der Mittellinie. Das macht Deutschland gerade gegen die schnellen und konterstarken Flügelspieler der Ukraine aber auch anfällig. Gelingt es wie in den jüngsten Tests nicht, kompakt und schnell nach hinten umzuschalten, hat die Ukraine Schockpotenzial.

"Beim Anlaufverhalten offenbarte das deutsche Team zuletzt immer wieder einige Schwächen. In den letzten beiden Testspielen vor der EM konnte man bespielbare Räume für den Gegner erkennen. Besonders dann, wenn Deutschland den Gegner früh in dessen eigener Hälfte attackierte", verdeutlicht Schmalhofer: "In diesen Situationen agierten die zentralen Mittelfeldspieler oftmals auf einer Linie. Es fehlte die Tiefenstaffelung, was relativ große Abstände zwischen Mittelfeld- und Abwehrkette zur Folge hatte."

Gerade Khedira und Kroos stehen daher besonders in der Pflicht. Um nach hinten dennoch eine bessere Absicherung zu schaffen, wird Löw wohl auch auf eine Viererkette mit beweglichen und schnellen Außenspielern setzen. Hector und Kimmich sind zwar nicht die erfahrensten Spieler auf den defensiven Flügeln, jedoch können sie die Räume gegen Yarmolenko und Konoplyanka allein schon durch ihre Schnelligkeit zulaufen und damit verdichten.

Die Ukraine in der Übersicht

Inhalt: