EM

Shootingstars vor Reifeprüfung

SID
Harry Kane und Jamie Vardy waren die besten Stürmer der abgelaufenen Saison in England
© getty

50 years of hurt, 50 Jahre der Leiden, sind genug. England setzt große Hoffnung in seine neue Generation. "Man kann die Vorfreude im Team, im ganzen Land spüren", sagt Kapitän Wayne Rooney vor dem EM-Auftakt der Three Lions gegen Russland (Sa., 21 Uhr im LIVETICKER) in Marseille.

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"Wir sind diejenigen, die auf dem Platz stehen, die es richten müssen. Hoffentlich können wir jedem gute Erinnerungen bereiten."

Denn die haben nur noch die älteren unter den englischen Fans. Seit dem WM-Triumph 1966 wartet das "Mutterland des Fußballs" sehnsüchtig auf einen Turniersieg, noch nie hat England ein EM-Auftaktspiel gewonnen.

Doch inzwischen scheint vieles anders: Mit einer ganzen Reihe Shootingstars wie Jamie Vardy, Harry Kane oder den erst 18 und 20 Jahre alten Marcus Rashford und Dele Alli drängen neue Gesichter in den Blickpunkt. England stellt das zweitjüngste EM-Team - hinter Weltmeister Deutschland.

Geoff Hurst, WM-Held von 1966, sprach gar von der "aufregendsten" Mannschaft seit 1966. Der ehemalige Nationalspieler Frank Lampard sieht eine technisch versiertere und am Ball intelligentere Spielergeneration.

Erwartungen nicht überhöht

Und doch, die entscheidende Frage wird sein, wie die zumeist international unerfahrenen Spieler mit dem Druck einer EM zurechtkommen werden. "Lasst sie einfach spielen. Das ist es, was sie hierher gebracht hat. Gebt ihnen nicht so viele Anweisungen", fordert Rooney.

Seit Jahrzehnten zerbrechen die Stars von der Insel bei EM oder WM an der mitunter übermenschlichen Erwartungshaltung. Immer ist das jeweils aktuelle Turnier die große Chance, die Leidenszeit zu beenden - und immer scheitern sie, häufig an sich selbst. Nun kommt in diesem Jahr auch noch das Jubiläum des WM-Triumphs hinzu. Ein Vorteil jetzt: Im Gegensatz zu vergangenen Turnieren sind die Erwartungen nicht überhöht. Trotz zehn Siegen in zehn EM-Qualifikationsspielen.

Bei all den hoffnungsvollen Talenten wurde allerdings über keine Personalie im Vorfeld so diskutiert wie über den lange verletzten Rooney. Spielt er im Sturm? Spielt er im Mittelfeld? Spielt er überhaupt? Eigentlich kann Teammanager Roy Hodgson auf die Erfahrung des Rekordtorschützen nicht verzichten - auch wenn er den 30-Jährigen höchstwahrscheinlich ins Mittelfeld schieben wird.

Nervosität ist groß

Eigentlich sollte das ein Geheimnis bleiben, ehe ein peinlicher Fauxpas offenbar Teile der Aufstellung verriet. In Chantilly unweit von Paris schottet sich das Team ab. Ein meterhoher Zaun umgibt den Trainingsplatz, von einem "Fort Knox" schrieb die Boulevard-Zeitung Sun.

Auf das obligatorische Abschlusstraining im Stadion am Tag vor dem Spiel wird - angeblich aus Angst vor Spionen - nur eine Platzbegehung. Die Nervosität ist trotz aller nach außen getragener Zuversicht groß.

Zumal in der Heimat viele mehr oder minder prominente Ex-Spieler nicht müde werden, auf die angeblich größte Schwachstelle zu verweisen: die Defensive. "Ich sehe nicht, dass unsere Abwehr und unser Torhüter die Qualität haben, um das Turnier zu gewinnen", sagte Tony Adams, einst rustikaler Innenverteidiger beim FC Arsenal und im Nationalteam: "Das Problem ist, dass wir keine Verteidiger mehr mit der richtigen Mentalität ausbilden." Das klingt nach weiteren Jahren des Leidens.

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