EM

"Schweizer kann man nur so stoppen"

Granit Xhaka blickt dem weiteren Turnierverlauf optimistisch entgegen
© getty

Granit Xhaka und die Schweiz stehen nach dem 0:0 gegen Frankreich im Achtelfinale der EM. In der Mixed Zone sprach der Spielmacher über ein Duell auf Augenhöhe, seine breite Brust, Final-Wunschgegner Deutschland und die zerrissenen Trikots.

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Frage: Herr Xhaka, wie fällt Ihr Fazit vom heutigen Spiel aus?

Granit Xhaka: Am wichtigsten ist, dass wir uns und den Fans gezeigt haben, dass wir auch gegen die Großen mithalten können - nicht nur läuferisch und körperlich. Wir haben gezeigt, dass wir auch Fußball spielen können. Das Ergebnis stimmt am Schluss. Das 0:0 ist am Ende in meinen Augen auch nicht unverdient. Klar hatten wir ein bisschen Glück, andererseits hatten wir auch unsere Chancen.

Frage: Das Glück muss man sich verdienen, sagt man ja.

Xhaka: Absolut. Das muss man sich erarbeiten. Dass Frankreich individuelle Klasse hat und kompakt steht, hat man heute gesehen. Aber man hat auch gesehen, dass wir Respekt haben, aber keine Angst. Es war aber auch schwer, auf dem Platz zu spielen.

Frage: Beschreiben Sie es.

Xhaka: Er war unfassbar rutschig. Wir haben mit Stollen gespielt und trotzdem hatte man keinen Halt. Das ging aber beiden Mannschaften so.

Frage: Können Sie den Eindruck bestätigen, dass die Schweiz sehr solide ist? Sie haben nur ein Gegentor kassiert und stehen ungeschlagen im Achtelfinale.

Xhaka: Ich glaube schon, dass es noch Mankos gab. Unser größtes war, dass wir viele individuelle Fehler gemacht haben und einfache Ballverluste hatten. Auf dem Niveau darf das nicht passieren. Hier ist es am wichtigsten, dass hinten die Null steht. Denn bei so einem Turnier darf man nicht davon abhängig sein, zwei Tore schießen zu müssen.

Frage: Und was sind die Stärken?

Xhaka: Wir stehen sehr kompakt. Wir spielen unsere Konter stark aus, da haben wir unberechenbare Spieler. Außerdem sind wir physisch und läuferisch auf einem ganz hohen Niveau.

Frage: War es heute von Anfang an Ihr Ziel, das 0:0 mitzunehmen?

Xhaka: Nein, auf 0:0 zu spielen, das ist scheiße. Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir auf das 1:0 gehen, um Gruppensieger zu werden. Wenn es fünf Minuten vor Schluss aber 0:0 steht, muss man den Punkt mit nach Hause nehmen. Auch, wenn man dann Zweiter wird. Wie gesagt: Das Spiel hätte keinen verdienten Sieger gehabt. Einen großen Unterschied hat man zwischen den beiden Mannschaften heute nicht gesehen.

Frage: Man hat auch das Gefühl, Sie selbst fühlen sich in der Mannschaft extrem wohl. Sie strotzen vor Selbstvertrauen.

Xhaka: Ich fühle mich sehr, sehr wohl. Ich merke, dass die Spieler auf mich setzen können. Sie wissen, dass sie den Ball bekommen, wenn ich das Spiel an mich ziehe. Das ist sehr ähnlich wie in Gladbach. Ich spüre, dass ich bei diesem Turnier wieder voll drin bin in der Mannschaft. Nicht, dass ich das vorher nicht war, aber ich spüre deutlich, dass die Mannschaft mich sucht und sie mir vertraut. So kann ich meine Leistung bringen.

Frage: Sie haben schon oft gesagt, dass Sie auch im Verein Selbstvertrauen brauchen, um erfolgreich zu sein. Wollen Sie sich das hier für Arsenal abholen?

Xhaka: Es ist nicht der beste Zeitpunkt, um über Arsenal zu sprechen. Ich hoffe, dass wir so weit wie möglich kommen und ich dann mit einer breiten Brust nach London reise.

Frage: Haben Sie das Gefühl, dass Sie an diesem Turnier noch einmal wachsen?

Xhaka: Auf jeden Fall. Das gilt aber auch für die gesamte Mannschaft. Es ist wichtig, dass das Team zusammenhält und stark ist. Und das ist bei uns so. Wir lassen uns nicht unterkriegen, sondern sind immer hellwach.

Frage: Es läuft vermutlich darauf hinaus, dass Sie im Achtelfinale gegen Polen spielen. Was muss in dem Spiel der nächste Schritt sein?

Xhaka: Wir wollen uns von Spiel zu Spiel steigern. Es ist ein K.o.-Spiel, also quasi ein Finale. In einem Spiel kann alles passieren. Ich glaube, dass wir auf jeden Fall eine gute Chance haben.

Frage: Auch, wenn es doch Deutschland wird?

Xhaka: Warum nicht? Wir würden gegen sie genauso spielen, wie wir es in den letzten Spielen gemacht haben. Wir müssen vor Deutschland keine Angst haben. Sie haben eine sehr gute Mannschaft mit großer individueller Klasse, aber auch Deutschland ist schlagbar. Ob wir Deutschland jetzt im Achtelfinale oder im Finale bekommen, das ist für uns kein Problem.

Frage: Sie richten sich gar nicht so sehr nach dem Gegner, sondern versuchen, Ihr eigenes Spiel durchzubringen, oder?

Xhaka: Ja, klar. Das würden wir auch gegen Deutschland so durchziehen. Heute kann sich keine Mannschaft mehr 90 Minuten hinten reinstellen. Da kann immer etwas passieren. Entweder unterläuft einem ein Fehler oder man kassiert aus der Distanz ein Tor. Auch gegen Deutschland spielen wir Fußball und versuchen, offensiv zu agieren.

Frage: Wäre Ihnen das DFB-Team lieber als Polen, weil Sie dort viele Spieler kennen?

Xhaka: Mir wäre Deutschland im Finale am liebsten.

Frage: Im Finale?

Xhaka: Ja. (lacht)

Frage: Hatten Sie eigentlich schon Kontakt zu Ihrem Bruder?

Xhaka: Ja, ich habe eben schon mit ihm gesprochen.

Frage: Können Sie beschreiben, was es für Albanien bedeutet, zum Schluss noch einmal gewonnen zu haben?

Xhaka: Das ist eine unglaubliche Geschichte. Ich bin froh, dass Albanien Dritter und nicht Letzter geworden ist. Ich bezweifle zwar, dass es zum Weiterkommen reicht, aber dass Albanien bei einer EM noch einen Sieg mitnimmt, hat sich das Land verdient. Das freut mich enorm.

Frage: Ein Wort noch zu Ihren Trikots. Brauchen Sie einen neuen Ausrüster?

Xhaka: Einen neuen Ausrüster nicht. Aber Sie haben gesehen: Einen Schweizer kann man nur so stoppen. (lacht) Spaß beiseite, aber man hat gesehen, wie es hier zur Sache geht.

Schweiz - Frankreich: Die Statistik zum Spiel