EM

Thomas verlernt das Müllern

Von Johannes Raif
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© getty

Thomas Müller kann scheinbar keine EM, ein Teamkamerad sägt an Cristiano Ronaldos Thron und die Ukraine verabschiedet sich schon früh. Hier sind die Zahlen, Fakten und kuriose Statistiken zum zweiten Spieltag der EURO 2016.

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Lieber spät als nie: Was den Deutschen ihr 1:0 gegen Polen beim Sommermärchen 2006, ist für die Franzosen vielleicht ihr Last-Minute-Sieg über Albanien bei ihrer diesjährigen Heim-EM. Beim 2:0-Erfolg traf erstmals seit zwölf Jahren wieder eine Nation bei der EURO zweimal in der 90. Minute oder der Nachspielzeit (ohne Verlängerung) - auch damals war es Frankreich. Beide späten Tore beim 2:1 gegen England erzielte damals übrigens Zinedine Zidane. Damit zeigen sich die Franzosen als Trendsetter. Bisher ist es nämlich die EM der späten Tore. In den letzten fünf Minuten der Partien (inklusive Nachspielzeit) fiel nur ein Tor weniger (13) als vor der Pause (14). Überhaupt gab es nur bei der EM 2008 schon einmal im kompletten Turnierverlauf so viele Tore in den letzten fünf Minuten der regulären Spielzeit (16). Soll mal einer sagen, die EM biete nicht bis zum Schluss Spannung.

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Die Midgroup-Crisis: Die sonst recht torverwöhnten Zuschauer der DFB-Auswahl mussten sich in der Partie gegen Polen mit der ersten deutschen EM-Nullnummer seit dem nicht gerade glorreichen 0:0 gegen Lettland bei der EM 2004 begnügen - damals übrigens ebenfalls am zweiten Spieltag. Die verflixte zweite Partie also mal wieder: Seit der Amtsübernahme von Jogi Löw gewann Deutschland nur einmal das zweite Vorrundenspiel bei einem großen Turnier (zwei Remis, zwei Niederlagen) - mit 2:1 gegen die Niederlande bei der EURO 2012. Und mal ehrlich, gegen die Holländer kann das ja jeder. Die sind derzeit grob geschätzt höchstens das fünfundzwanzigbeste Team in Europa. Woran lag es also? Am Spannungsabfall? Am schweren Gegner? Egal! Bei den vergangenen fünf Turnieren war La Mannschaft immer zum Abschluss der Gruppenphase siegreich. Also abhaken und ab ins Achtelfinale!

Es müllert nicht mehr: Nicht ganz unschuldig an der deutschen Nullnummer war auch Thomas Müller, der bei Europameisterschaften einfach nicht so recht in die Gänge kommen will. Eben dieser Müller, der bei den vergangenen zwei Weltmeisterschaften alles kurz und klein geschossen hat - wir reden hier von zehn Toren und sechs Vorlagen in 13 WM-Einsätzen - ja, genau dieser Müller blieb auch in seinem siebten EM-Spiel ohne direkte Torbeteiligung. Das ist übrigens Negativrekord für einen deutschen Angreifer. Am nächsten käme Müller hier noch Kevin Kuranyi, der in fünf EM-Spielen ebenfalls weder ein Tor aufgelegt noch selber erzielt hat. Mit gerade mal zwei Torschüssen und zwei Torschussvorlagen liest sich der Arbeitsnachweis des Bayern-Stars bei der EURO in Frankreich eher bescheiden. Na ja, Löw wird ihn wohl trotzdem nicht wie Kuranyi auf die Tribüne setzen.

Kaum da, schon wieder weg: Spät kommen, früh wieder gehen. Was für viele wie ein idealer Arbeitstag klingt, ist aus Sicht der Ukraine eher unschön. Die Gelb-Blauen hatten sich dank üppiger Nachspielzeit in den Playoffs gegen Slowenien als letztes Team das Ticket für die EM-Endrunde gesichert und sind nun das einzige Team, das nach dem zweiten Spieltag keine Chancen mehr aufs Achtelfinale hat. Jedoch spielen die Ukrainer am Dienstag ja noch eine nicht ganz unwichtige Rolle im Kampf um den ersten Platz in der deutschen Gruppe und können sich so nicht vorzeitig in den Sommerurlaub verabschieden. Erster Abreisekandidat ist da eher Albanien, das als dritter EM-Debütant nach Schottland und der Türkei in seinen ersten beiden Partien torlos blieb. Treffen sie auch am Sonntag nicht, müssen die Albaner als erstes Team nach Hause reisen.

Der Reale Wahnsinn: Den Titel Freistoßkönig hat Gareth Bale bei dieser EM wohl schon sicher. Der Waliser verwandelte am zweiten Spieltag bereits zum zweiten Mal einen direkten Freistoß und sicherte sich so einen Platz unter den ganz Großen der Fußballwelt - zuvor hatten nur Thomas Häßler (1992) und Michel Platini (1984) zwei Freistöße direkt bei einer Europameisterschaft verwandelt. Bale war dabei mit zwei von drei Versuchen erfolgreich - keine schlechte Quote. Nun könnte man meinen, dass Bale dieses Talent auch gewinnbringend bei seinem Klub Real Madrid einbringen würde, doch da steht meisten der vermeintliche Freistoßkönig Cristiano Ronaldo in der Hierarchie vor ihm. CR7 versuchte es bei WM- und EM-Endrunden übrigens 36 Mal mit einem direkten Freistoß - seine Trefferquote liegt bei genau null Prozent. Vielleicht wird es mal Zeit für eine Palastrevolution bei den Königlichen.

Ein Schuss, kein Tor, Ronaldo: Wo wir gerade schon bei Ronaldo sind. Bei dem Portugiesen will es aktuell ja nicht mal mehr aus elf Metern mit dem Tore schießen klappen, obwohl sich CR7 wirklich alle Mühe gibt. Ganze 20 Torschüsse gab Ronaldo bisher bei der EM ab und damit mehr als gut ein Drittel des Teilnehmerfeldes insgesamt (zum Mitschreiben: Wales, Irland, Österreich, Türkei, Nordirland Albanien, Tschechien, Island und Schweden kommen alle jeweils bisher auf unter 20 Torschüsse). Ronaldo versucht es also weiter aus allen Lagen und ist nicht mehr weit davon entfernt, als erster Spieler auf eine dreistellige Abschlüsse bei EM-Endrunden zu kommen (aktuell 97). Nur treffen sollte er halt mal wieder - sonst ist die EM bald wieder vorbei.

Der einfachste Weg zum Rekordtorschützen: Rumänien hat in seiner Geschichte schon einige torgefährliche Spieler hervorgebracht. Adrian Mutu zum Beispiel oder Gheorghe Hagi. An Bogdan Stancu denkt man da nicht vielleicht nicht als erstes, doch genau dieser Stancu führt mit vier weiteren Spielern nach zwei Spieltagen die Torschützenliste an. Beide Treffer des Rumänen waren Strafstöße, womit er erst zum dritten Spieler wurde, der bei einem EM-Turnier zwei Elfmetertore erzielte (nach dem Dänen Frank Arnesen 1984 und dem Spanier Gaizka Mendieta 2000). Und viel wichtiger: Stancu ist damit auch der einzige Rumäne, der bei Europameisterschaften mehr als einen Treffer erzielte. So leicht kann man Rekordtorschütze seines Landes werden.

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