EM

Italiens anderer Weg

Von Daniel Börlein
Italiens Nationalcoach Prandelli und die Routiniers Pirlo und Buffon (v.l.)
© Getty
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Die Gefahren

Prandelli hat es nach seiner Amtsübernahme relativ schnell geschafft, die Squadra Azzurra nach seinen Vorstellungen umzubauen. Die Qualifikation zur EM meisterte Italien deshalb mehr oder weniger mühelos. In zehn Spielen gelangen acht Siege und zwei Unentschieden bei einem Torverhältnis von 20:2.

Noch allerdings scheint Italien nicht so gefestigt und konstant wie in vergangenen Jahren. Zum Beleg: Zuletzt gab es vor heimischem Publikum zwei 0:1-Niederlagen gegen Uruguay und die USA.

Was dabei auffiel: In beiden Partien bestimmte die Prandelli-Elf das Spiel, hatte deutlich mehr Spielanteile und einige gute Torchancen. Das Problem: Macht Italien vorne keinen Treffer, wird's gefährlich. Denn in der Defensive ist man längst nicht mehr so sattelfest, wie erfolgreiche italienische Mannschaften vergangener Tage. Mit ihrer Spielweise geht die Squadra Azzurra für eine italienische Mannschaft ungewöhnlich hohes Risiko.

Dadurch dass die beiden Außenverteidiger im Spielaufbau sofort mit nach vorne rücken und mindestens einer die Angriffe im Normalfall mit zu Ende spielt, entstehen in der Hintermannschaft Lücken.

Bei Ballverlust muss deshalb ein Innenverteidiger häufig seinen Platz im Zentrum aufgeben, um andernorts Löcher zu stopfen, Bälle auf außen abzulaufen oder ins Tackling zu gehen. Die gegenseitige Absicherung ist dadurch nicht immer gewährleistet, Balance und Ordnung innerhalb der Viererkette gehen bisweilen verloren.

Und: So gut es Italiens Mittelfeld gelingt, zwischen verschiedenen Systemen zu variieren und dadurch schwer ausrechenbar zu sein, so schwer tut man sich, nach Ballverlust schnell umzuschalten. Immer wieder brauchen die Spieler im Halbfeld relativ lange, die Positionen zu besetzen, Räume zu schließen und das eigene Tor somit ausreichend zu schützen.

Die Folge: Ab und an sind die beiden Innenverteidiger für einen Moment sogar in Unterzahl und müssen hohes Risiko gehen, um das eigene Tor zu verteidigen. Die Zeiten, in denen die Sicherung des eigenen Tores im italienischen Nationalteam an oberster Stelle steht, sind unter Prandelli also scheinbar vorbei.

Teil 1: Das Mittelfeldsystem

Teil 2: Der Fixpunkt

Teil 3: Die Offensivabläufe