EM

Die Achillessehne der Nation

SID
Tomas Rosicky (r.) wechselte 2006 für knapp 10 Millionen Euro vom BVB zu Arsenal
© Getty

Die Krankenakte von Tomas Rosicky ist lang. Eine verletzte Kniesehne zwang ihn vor vier Jahren zu fast 18 Monaten Pause. Vor der EM war es eine Wadenverletzung, nun zwickt die Achillessehne.

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Auf die schaut inzwischen ganz Tschechien. Sie verknüpfen den mögliche Einzug in das Viertelfinale eng mit dem Einsatz des früheren Dortmunders. Ohne ihn lahmt das tschechische Spiel, in der Halbzeit des zweiten Gruppenspiels gegen Griechenland verschwand mit der Auswechslung des angeschlagenen 31-Jährigen auch der Rhythmus der gesamten Mannschaft.

Beim dem 2:1-Sieg habe er "zehn Minuten nur auf einem Bein" gespielt, gab Rosicky hinterher zu. Die Frage, was die tschechische Nationalmannschaft ohne ihn wert sei, lächelte er weg. Das beantworteten dafür andere. "Falls er nicht dabei ist, wird es schwierig. Dann werden wir für ihn gewinnen, damit er dann im Viertelfinale wieder dabei sein kann", versprach Torhüter Petr Cech.

Ohne Rosicky spielt Tschechien mit mehr Angst

"Er hat keine Angst mit dem Ball zu spielen. Er kann ihn halten. Und das leitet er auch an die anderen Spieler weiter, die dann auch mit mehr Selbstbewusstsein spielen", sagte der Wolfsburger Petr Jiracek. Ohne Rosicky spiele die Mannschaft mit mehr Angst. "In seiner Form ist er sehr wertvoll für die Mannschaft", sagte der 26-Jährige.

Genauso wertvoll ist der kreative Kopf auch für Nationaltrainer Michal Bilek. Vor jedem Training stehen die beiden beisammen. Rosicky hört mit verschränkten Armen den Ausführungen seines Coaches zu, der in der Heimat umstrittene Bilek selbst hält viel von der Meinung seines Schlüsselspielers, der seine EM-Form gerade rechtzeitig gefunden hat.

Aufgrund der Wadenverletzung hatte er praktisch die komplette Vorbereitung verpasst und war erst wenige Tage vor dem EM-Start in das Training eingestiegen. Das 1:4 zum Auftakt gegen Russland hatte er offenbar gebraucht, um auf Touren zu kommen. Gegen die Griechen trumpfte er wieder auf. Nahezu jeder Angriff lief über Rosicky, er forderte den Ball, kämpfte und biss.

Die Schrecken der Erinnerung

Denn Rosicky hat noch immer einen Traum. Der Mittelfeldspieler vom FC Arsenal ist neben Milan Baros und Petr Cech das letzte Überbleibsel einer Goldenen Generation, der der ersehnte große Wurf letztendlich verwehrt blieb.

1996 waren Rosickys Vorgänger um Pavel Nedved und Vladimir Smicer im Finale gegen Deutschland durch Oliver Bierhoffs Golden Goal gescheitert. 2004 waren sie zuletzt nah dran. Mit Rosicky war für Tschechien aber im Halbfinale gegen den späteren Europameister Griechenland wegen des inzwischen abgeschafften Silver Goals Endstation.

Acht Jahre ist das her, doch für Rosicky ist es, als sei es gestern gewesen. "Es war eine große Möglichkeit. Wir hatten eine tolle Mannschaft damals, wir hatten alles, was man brauchte, um zu gewinnen", sagt Rosicky und senkt den Kopf. Der Spielmacher denkt an die verpasste Chance, atmet tief durch und erklärt: "Das ist Fußball. Manchmal verliert man dann trotzdem."

Tomas Rosicky im Steckbrief

 

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