EM

Trap hat nur bei der EM fertig

SID
Giovanni Trapattoni ist seit 2008 Nationaltrainer von Irland
© Getty

Giovanni Trapattoni will, trotz des vorzeitigen Ausscheidens seiner Mannschaft, irischer Nationaltrainer bleiben. Im letzten Gruppenspiel wird es zudem keine Experimente geben, versichtete der Italiener vor dem Duell mit seinen Landsleuten am Montag (ab 20:30 Uhr im LIVE-TICKER)

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Er konnte schon wieder ein bisschen lachen, als er die Mixed Zone des Danziger Stadions in Begleitung seiner schönen Übersetzerin Manuela durchquerte. "Ach wissen Sie, ich habe Lust weiterzumachen. Wir werden sehen, was passiert", sagte der 73-Jährige und rieb sich die Hände. Im Hintergrund brummte schon der Mannschaftsbus - und als Trap ihn betreten hatte, schloss die Tür mit dem Einrasten um exakt 23:50 Uhr am Donnerstagabend das irische EM-Kapitel praktisch schon vor dem letzten Match gegen Italien ab.

Auch eine Nacht ohne Schlaf ("kann nach Niederlagen nicht schlafen") hatte die Meinung des Maestro nicht geändert. "Ich habe die Leidenschaft, weiter zu machen. Die Fans konnten entscheiden - und sie haben auch nach vier Gegentoren gejubelt", sagte er am Freitagabend. Trap wirkte nach dem Training in der Sonne von Gdingen nach wie vor angeknackst, enttäuscht, gestand sich aber keine Fehler ein: "No, no, no!", schrie er auf die Frage, ob er schuld sei am Debakel in Polen.

Vertrag bis 2014

Zwei Spiele, null Punkte, 1:7 Tore, ausgeschieden. Die Fans hatten die "Boys in Green" zwar trotz des desolaten 0:4 (0:1) im ungleichen Spiel gegen Titelverteidiger Spanien noch Minuten nach Abpfiff gefeiert wie Helden.

Der nicht EM-würdige Auftritt seiner Mannschaft dürfte Trapattoni allerdings trotzdem turbulente Zeiten bescheren. Er steht zwar noch bis Juni 2014 unter Vertrag, die kritischen Fragen aber häuften sich am Tag danach.

Die einzige Möglichkeit, die heimische Presse zu besänftigen und die tapferen Fans zu belohnen, ist ein würdiger Abschied - am Montag, ausgerechnet gegen Italien.

Keine Schützenhilfe für die Heimat

Und da, das war Trapattoni nicht mal 24 Stunden nach Abpfiff klar, soll seine Stammelf erneut die Chance bekommen. "Ich kann nicht gegen Italien die Zukunft beginnen. Wenn ich drei, vier, fünf Spieler tausche, sieht es so aus, als will ich meiner Heimat helfen", stellte Trapattoni klar. Es wirkte ehrlich, als er mit geschwellter Brust hinzufügte: "Ich bin stolz darauf, mit diesen Spielern hier zu sein. Sie haben verdient zu spielen."

Trapattoni wird seinen Spielern in der ohnehin harten Spielanalyse am Freitag wohl erneut die Minuten vor dem Schlusspfiff vorgespielt haben, in denen über 20.000 Iren im strömenden Regen von Danzig die traditionelle Hymne "The fields of Athenry" angestimmt hatten. "Ich habe sicherzustellen, dass wir das Spiel gegen Italien erhobenen Hauptes beenden werden", kündigte der ehemalige italienische Nationalcoach an. Keith Andrews sprach ohnehin schon "von absoluter Gänsehaut in diesem Moment".

"Die irischen Spieler und die Fans haben uns gezeigt, worum es im Fußball geht", sagte Spaniens Trainer Vicente del Bosque beeindruckt. Sportlich geht Trapattonis Team aber wohl als schlechtestes der diesjährigen Endrunde in die Geschichte ein. 14 Spiele in Folge hatten die Defensiv-Maurer aus Irland vor der EM nicht verloren: "Aber im Vergleich zur EM-Qualifikation hat sich bei uns etwas verändert. Angst, Anspannung", sagte Trapattoni.

Given denkt an Rücktritt

Die Spieler, die passend zur Untergangsstimmung in dunklem Anzug und schwarzer Krawatte durch die Katakomben schlurften, konnten sich nicht erklären, was in den 90 Minuten zuvor passiert war. "Wir haben uns jetzt Jahre lang die Socken wund gelaufen, um hier dabei zu sein. Was jetzt passiert ist, ist so unglaublich enttäuschend", sagte etwa Andrews. Veteran und Torhüter Shay Given, der die indiskutable Leistung seiner Vorderleute gegen die Torschützen Fernando Torres (4./70), David Silva (49.) und Cesc Fabregas (83.) auch nicht mehr gutmachen konnte, dachte in der bittersten Stunde sogar gleich an den Rücktritt.

"Ich habe jetzt genug Zeit, darüber nachzudenken. Aber vielleicht ist es Zeit, Platz für jemand anderen zu machen", sagte der 36-Jährige zerknirscht. Bisher, auch nach dem 1:3 gegen Kroatien, hatte der Keeper seine Zukunft nach dem Turnier offen gelassen.

Als "Murder on the Gdansk floor" betitelte die "Irish Sun" die höchste Niederlage der Iren seit über 40 Jahren. Trapattoni schaute nicht in die Zeitungen, sondern lieber in die Zukunft. "Ich habe schon Ideen, wie wir an die WM-Quali gehen", sagte er und rieb sich erneut die Hände. Wohl in der Hoffnung, dass eine Trainerdiskussion erst gar nicht erst aufkommt.