"Unter Volker Finke war es toll"

Von Interview: Falk Lopper
Ziel im Blick: Niels Hansen will mit Osnabrück zurück in Liga zwei
© Getty

Mit dem VfL Osnabrück erlebte Niels Hansen in den vergangenen zwei Jahren eine Achterbahnfahrt. Dem Aufstieg in Liga zwei folgte ein Jahr später der unmittelbare Abstieg. Der 28-Jährige spricht im Interview über neuerliche Aufstiegsambitionen des VfL, Fehler in der Karriereplanung und den Erfolg ehemaliger Freiburger Mannschaftskameraden.

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SPOX: Herr Hansen, Platz zehn kann nicht der Anspruch des VfL Osnabrück sein. Allerdings sind es auch "nur" sieben Punkte Rückstand auf Rang drei. Wie lautet Ihr Zwischenfazit der Saison?

Niels Hansen: Der bisherige Saisonverlauf ist nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Acht Siege aus 24 Spielen sind einfach zu wenig. Angesichts der Tatsache, dass wir die meisten Spiele weitestgehend dominiert haben, können wir mit der Punkteausbeute nicht zufrieden sein. Andererseits sind die Aufstiegsränge noch in Reichweite. Wir haben oft gut gespielt und lediglich vergessen, die Überlegenheit in Tore umzumünzen. Wenn uns das nach der Winterpause gelingt, können wir noch ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden. Das ist unser Anspruch.

SPOX: Nur vier Spiele endeten mit mehr als einem Tor Differenz. Selten gelang es Ihrem Team, sich trotz angesprochener Überlegenheit abzusetzen. Worin liegt das Ihrer Ansicht nach begründet?

Hansen: Das ist richtig. Fast nie konnten wir Spiele frühzeitig entscheiden. Generell müssen wir im Kollektiv torgefährlicher werden, das beziehe ich ausdrücklich auf alle Mannschaftsteile. Die Mannschaft hat absolut die Qualität, um ganz oben mitzuspielen. Wie bereits erwähnt, waren wir meist das Team, das das Spielgeschehen vorgegeben hat. Leider fehlte uns häufig die letzte Kaltschnäuzigkeit. Wir sind zwar eine junge Mannschaft, aber da müssen wir uns künftig cleverer anstellen.

SPOX: Wozu ist der VfL Osnabrück in der Rückrunde in der Lage?

Niels Hansen: Wir wollen zweifelsohne noch irgendwie zumindest den Relegationsplatz erreichen. Natürlich orientieren wir uns nach oben, auch wenn man nicht so blauäugig sein darf, bei der extremen Leistungsdichte der dritten Liga die Plätze hinter uns außer Acht zu lassen. Aufgrund der gezeigten Leistungen und dem Fakt, dass kaum ein Gegner wirklich besser war gegen uns, müssen wir, ohne überheblich sein zu wollen, den Aufstieg als Anspruch an uns haben. Wir werden in den kommenden vier, fünf Monaten richtig Gas geben und angreifen. Dann schauen wir, was letztlich dabei rauskommt.

SPOX: Sie hatten im Kalenderjahr 2011 inklusive der Interimslösungen vier Trainer, Pele Wollitz nicht mit eingerechnet? Welchen Einfluss hat diese hohe Fluktuation an Übungsleitern auf die Mannschaft?

Hansen: Das ist schwer zu sagen. Natürlich tut es einem zunächst leid um den jeweiligen Trainer, der gerade entlassen wurde. Aber, so knallhart es auch klingen mag, das ist das alltägliche Fußballgeschäft. Generell ist es natürlich immer besser, wenn Kontinuität vorherrscht. Dann weiß man als Team und als Spieler, woran man ist. Ich denke, dass der Verein deshalb jetzt auch Pele Wollitz zurückgeholt hat. Wollitz war in der Vergangenheit schon fünf Jahre hier und hat somit bewiesen, dass er langfristig arbeiten kann. Dazu ist er einer, der sich hundertprozentig mit dem Verein und der Region identifiziert.

SPOX: Mit 21 Jahren kamen Sie von Holstein Kiel zum von Volker Finke trainierten SC Freiburg. Zweimal verpassten Sie als Vierter nur knapp den Aufstieg in die Bundesliga. Nach Finkes Demission wechselten Sie nach Jena, und stiegen ab, der SC zwei Jahre später in die Bundesliga auf. Wie bewerten Sie diese Phase Ihrer Karriere rückblickend?

Hansen: Sicherlich hatte ich eine tolle Zeit in Freiburg. Ich habe mich dort immer sehr wohl gefühlt und kehre noch heute gerne in den Breisgau zurück. Es war toll, unter Volker Finke zu trainieren, ich habe viel von ihm gelernt. Dazu passte das Freiburger System gut zu meiner Spielweise. Im Nachhinein muss man sagen, dass ich wohl besser hätte in Freiburg bleiben sollen. Vielleicht war mein Wechsel nach Jena ein Fehler. Aber es ist müßig, darüber zu spekulieren, was gewesen wäre wenn. Ich dachte damals, dass es beim SC nach Finkes Abgang eine Zäsur geben würde, dass es schwer würde, weiterhin oben mitzuspielen. Jena hingegen lockte mit einem überzeugenden Konzept. Es hieß, sie hätten mithilfe potenter Sponsoren Großes vor. Das hat mir imponiert. Das waren meine Beweggründe, nach Jena zu gehen. Nun, aus heutiger Perspektive habe mich getäuscht. Das passiert.

SPOX: Kommt Wehmut auf, wenn Sie viele Ihrer damaligen Kollegen (Aogo, Riether, Ibertsberger, u.a., Anm. d. Red.) in der Bundesliga spielen sehen?

Hansen: Selbstverständlich war es stets ein Anreiz, in der ersten Liga zu spielen. Schade, dass es nicht gereicht hat. Mit ein bisschen Glück hätte es vielleicht klappen können. Vielleicht hätte ich manchmal ein bisschen mehr die Ellenbogen einsetzen, den Mund aufmachen müssen. Andererseits entspricht das nicht so wirklich meinem Naturell. Meinen alten Kollegen gönne ich es natürlich total, dass sie es bis ganz nach oben gepackt haben, teilweise sogar in der Nationalelf spielen. Das ist nicht ohne Grund so. Die haben es sich einfach verdient. Ich freue mich von Herzen für die Jungs!

SPOX: Wo immer Sie gespielt haben, stets haben Sie die Herzen der Zuschauer durch Ihre aufopferungsvolle Spielweise erobert. Aus Flensburg, Ihrer Heimatstadt, vernimmt man eine Anekdote, die mit Ihrem ersten "größeren Titel" in Verbindung steht und die Ihren Charakter als regelrechtes "Kampfschwein", das sich nie unterkriegen lässt, exemplifiziert. Sie führten Ihre D-Jugend-Kreisauswahl ins Endspiel der Landesmeisterschaft. Was geschah dann?

Hansen: Ach ja, diese alte Geschichte (lacht). Eigentlich mag ich es nicht so gerne, mich selbst zu belobhudeln...

SPOX: Keine falsche Bescheidenheit, schießen Sie los!

Hansen: Nun ja, in der Nacht vor dem Finale bekam ich eine schreckliche Magen-Darm-Grippe, tat die ganze Nacht kein Auge zu und hing beinahe ununterbrochen über der Toilette. Am nächsten Tag hatte mein Trainer natürlich schwerste Bedenken, mich aufzustellen. Erst nach Rücksprache mit meinem Vater schickte er mich aufs Feld. Mein Vater vertraute meinem Urteil und ich wollte unbedingt auflaufen. Es ist alles gut ausgegangen. Ich spielte durch und wir gewannen durch einen 1:0-Sieg die Landesmeisterschaft.

SPOX: Und wer erzielte das Siegtor?

Hansen: (grinst) Das war meine Person. Aber ich stand einfach nur richtig und hab' ihn irgendwie reingemacht.

SPOX: Eine ganz ähnliche Geschichte erlebten Sie auch in Ihrem ersten Jahr in Osnabrück und hätten sich somit beinahe um Ihr wichtigstes Karrieretor gebracht.

Hansen: Stimmt. Das war 2009 mit Osnabrück im DFB-Pokal gegen den HSV. Ich war krank und wollte eigentlich gar nicht spielen. Aber mein damaliger Trainer Karsten Baumann zwang mich und so schoss ich das 1:0. Am Ende gewannen wir nach Elfmeterschießen.

SPOX: Was hätten Sie gemacht, wenn Sie kein Profi-Fußballer geworden wären?

Hansen: Gute Frage, die stelle ich mir selbst oft. Ich hatte damals einfach Glück, nach dem Abitur bei Holstein Kiel von Hans-Werner Moors im richtigen Moment zu den Profis hochgezogen worden zu sein. In der A-Jugend hatte ich gar nicht mehr gedacht, dass es mit dem Profi-Fußball klappen könnte. Ich hätte mir andernfalls wohl überlegt, welchen Studiengang ich mit möglichst wenig Aufwand möglichst erfolgreich hätte betreiben können (lacht).

SPOX: Wie sehen Ihre Ambitionen für den Rest Ihrer Karriere aus?

Hansen: Ich fühle mich in Osnabrück richtig wohl! Das ist eine Stadt, mit der ich mich auch über den Fußball hinaus sehr verbunden fühle. Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre hier spielen darf. Es wäre sehr schön, mit dem VfL aufzusteigen und sich in Liga 2 fest zu etablieren.

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