"Ich bin stolz auf meine Brüder"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Thomas Gentner ist bei der TuS Koblenz zu einem der besten Innenverteidiger der 3. Liga gereift
© Getty

Nach zwei Kreuzbandrissen sah es um die Karriere von Thomas Gentner nicht rosig aus. Doch mit Hilfe seines Bruders gelang ihm der Sprung in den Profifußball. Seit 2010 spielt der 22-Jährige für TuS Koblenz und reifte unter Trainer Petrik Sander zu einem der besten Innenverteidiger der 3. Liga. Im Interview mit SPOX spricht Gentner über sein persönliches Glück, seine Brüder Christian und Michael und einen großen Traum.

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SPOX: Herr Gentner, TuS Koblenz steht acht Punkte von Platz drei weg. Schauen Sie insgeheim noch auf den Relegationsplatz?

Thomas Gentner: Es schaut momentan wirklich so aus, als wolle niemand diesen Relegationsplatz haben. Aber für uns ist das Thema abgehakt. Dafür haben wir in den entscheidenden Spielen zu oft gepatzt. Für uns ist die Saison aber sehr zufriedenstellend. Man darf ja nicht vergessen, dass der Verein nach dem Abstieg einen Umbruch vollzogen hat. Wir wollten so früh wie möglich den Klassenerhalt sichern, das ist uns gelungen.

SPOX: Andere Teams haben da durchaus Probleme. Wo liegt der Schlüssel zum Erfolg in Koblenz?

Gentner: Die Stimmung ist einfach unglaublich gut, das habe ich bisher in keiner Mannschaft so erlebt. Wir haben eine Menge Spaß, sowohl auf als auch neben dem Platz.

SPOX: Ist die TuS ein Verein zum Wohlfühlen?

Gentner: Auf jeden Fall! Das fing schon bei der Wohnungssuche an. Die Leute kommen auf einen zu, helfen einem - ich habe mich vom ersten Tag an richtig wohl gefühlt. Auch die Fans sind spitze und unterstützen uns so gut sie können. Der Trainer hat sofort auf mich gebaut, obwohl ich aus der Regionalliga kam, auch das Umfeld stand sofort hinter mir. Es ist wunderbar, ich fühle mich hier richtig wohl. Klar, wenn es dann auch sportlich läuft, geht es einem noch besser.

SPOX: Für Ihren Bruder Christian läuft es mit dem VfB in diesem Jahr nicht wirklich gut. Ist der Abstiegskampf Thema Nummer eins, wenn Sie beide sich treffen?

Gentner: Christian merkt man natürlich an, dass es in diesem Jahr nicht nach Plan läuft. Er war die letzten Jahre sehr erfolgreich, war mit dem VfB und dann mit Wolfsburg Meister und hat Champions League gespielt. Und jetzt auf einmal geht es nach unten. Es ist sicherlich ein großes Thema, wenn wir uns sehen oder telefonieren. Ich hoffe natürlich, dass der VfB drin bleibt und in der nächsten Saison wieder angreifen kann.

SPOX: Auch Bruder Michael ist in Stuttgart tätig und trainiert die U17. Wie muss man sich das vorstellen, wenn die drei Gentner-Brüder aufeinandertreffen? Gibt es dann auch nur Fußball oder wird einfach mal abgeschaltet?

Gentner: (lacht) Das ist schwierig. Wir drei grillen zum Beispiel gerne zusammen mit unseren Freundinnen. Da versucht man natürlich auch mal andere Themen in die Runde zu werfen. Aber das geht nie lange gut. Ist ja auch kein Wunder, es wird ja beinahe täglich Fußball gespielt und es gibt oft genug Diskussionsstoff. Aber wir geben uns schon Mühe.

SPOX: Aber Michael steckt Ihnen schon gelegentlich mal die Namen der kommenden Toptalente aus Stuttgart, oder?

Gentner: (lacht) Na sicher, aber die verrate ich nicht. Nein, Spaß beiseite. Sie kennen sicher einige seiner Schützlinge. Zum Beispiel sind Sebastian Rudy und auch Daniel Didavi durch seine Schule gegangen. Beim VfB hast du Jahr für Jahr potentielle Bundesligaprofis in der Ausbildung, so auch mein Bruder. Michael macht da einen überragenden Job und ich freue mich für ihn genauso wie für Christian, wenn seine harte Arbeit belohnt wird.

SPOX: Hört sich nach einem harmonischen Verhältnis an. Es stört Sie nicht, wenn Sie ständig auf Christian angesprochen werden?

Gentner: Nein. Es ist vielmehr so, dass ich unheimlich stolz auf Christian bin. Es hat mir unheimlich geholfen, dass ich mit ihm einen Ansprechpartner habe, der mir Ratschläge geben kann. Auch während meiner schweren Verletzungen habe ich unheimlich von ihm profitiert. Mein Bruder konnte mir den Kontakt zu Spezialisten herstellen, die sich sehr gut um mich gekümmert haben. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

SPOX: Ist es Ihr Traum, eines Tages mit Ihrem Bruder für den VfB aufzulaufen?

Gentner: (lacht) Das wäre überragend. Aber ich habe meinen eigenen Weg eingeschlagen und den versuche ich auch zu gehen. Der VfB hat genug Baustellen und das ist auch noch mal eine ganz andere Liga. Dennoch ist das ohne Frage eine schöne Vorstellung, die Bundesliga ist natürlich der Traum eines jeden Fußballers.

SPOX: Denken Sie manchmal, was zum Beispiel ohne die zwei Kreuzbandrisse drin gewesen wäre?

Gentner: Nicht mehr. Das war damals sicher keine einfache Zeit. Immer wieder in die Reha zu gehen und nicht mit den anderen auf dem Platz zu stehen, das war schon schwer zu ertragen. Inzwischen bin ich aber stolz und glücklich, dass ich den Sprung in den bezahlten Fußball doch noch geschafft habe. Ich genieße das jetzt einfach.

SPOX: Wie geht es bei Ihnen und TuS Koblenz weiter?

Gentner: Ich habe noch ein Jahr Vertrag und ich fühle mich wie gesagt sehr wohl. Wichtig wird sein, dass der Trainer bald verlängert. Das würde die Mannschaft auf jeden Fall zu hundert Prozent befürworten. Leider zieht sich das ein wenig in die Länge, was sehr, sehr schade ist. Hoffen wir, dass er bleibt und wir im nächsten Jahr noch mal einen Schritt weiter nach oben machen und aufsteigen können.

SPOX: Dann wäre der nächste Schritt Richtung erste Liga gemacht...

Gentner: ...ganz genau! (lacht) Aber auch für den Verein wäre es eine tolle Sache, denn die TuS feiert in der nächsten Saison ihr hundertjähriges Jubiläum.

Die Tabelle der 3. Liga

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