"Diese Liga ist mein Haifischbecken!"

Von Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Ein Mann fürs Handfeste: Rudolf Zedi...
© Getty

Rudolf Zedi hat viel erlebt. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Kristian macht er erste Schritte in Essen. Beide wechseln dann zu Fortuna Düsseldorf. Dann trennen sich die Wege. Während der Weg von "Rudi" über mehrere Stationen in die 2. Bundesliga führt, ereilt seinen Bruder ein schwerer Schicksalsschlag. Im SPOX-Interview blickt Erfurts Kapitän auf seine Karriere zurück, spricht über das Karriereende seine Bruders und den möglichen Aufstieg mit RWE.

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SPOX: Herr Zedi, nach dem Wechsel aus Paderborn nach Erfurt scheint es Ihnen wieder richtig gut zu gehen, oder?

Rudolf Zedi: Ich freu mich, dass ich wieder öfter und länger auf dem Platz stehe als in Paderborn. Wobei ich kein Typ bin, der zurück guckt. Ich freue mich über das, was da ist. Das A und O ist, dass ich mich sehr wohl fühle. Von meinem ersten Mal in Erfurt wusste ich, dass der Verein und das Umfeld sehr gut zu mir passen. Daher läuft es derzeit sehr gut.

SPOX: Der Saisonbeginn verlief holprig, auch Sie waren noch nicht wieder der Alte...

Zedi: ...klar, ich habe sieben, acht Spiele gebraucht, um die Fitness wieder zu erlangen, die ich vor meinem Wechsel nach Paderborn in Emden hatte. Man unterschätzt das gerne, wenn man lange Zeit immer gespielt hat und dann ein Jahr dazwischen liegt, das nicht so gut läuft. Daher gab es vor meiner Rückkehr Leute, die meiner Verpflichtung eher skeptisch gegenüber standen, was sicher auch meinem Alter geschuldet war. Aber das Trainerteam hat super mit mir gearbeitet und ich fühle mich wieder topfit.

SPOX: Das Team steht nur drei Punkte hinter dem Relegationsplatz...

Zedi: ...das ist eine Momentaufnahme. (lacht).

SPOX: Aber ist die Mannschaft nicht heiß, diese Chance beim Schopfe zu packen?

Zedi: Uns freut es, dass Wiesbaden und Offenbach nicht gut ins Jahr gestartet sind. Das weckt selbstverständlich auch Kräfte. Gerade nach dem Sieg in Bremen ist eine kleine Euphorie entstanden. Wir müssen aber bescheiden bleiben. Es ist eine positive Entwicklung im Team abzulesen, ja. Wir sind schlecht gestartet, haben aber von den letzten dreizehn Spielen nur zwei verloren. Man merkt, dass die Jungs zusammengewachsen sind. Nur muss man auch warnen, dass unser Kader sehr dünn besetzt ist und verletzungstechnisch quasi gar nichts passieren darf.

SPOX: Die nächsten Wochen sind mit Unterhaching, Stuttgart, Babelsberg und Burghausen aber machbar, oder?

Zedi: Diese Denkweise ist sehr gefährlich. Wir dürfen nicht anfangen zu zählen. Klar sind wir zu hause stärker und drei der vier kommenden Spiele finden im Steigerwaldstadion statt, aber wir dürfen gerade diese Partien nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es darf niemand ein paar Prozente weniger geben, denn das zieht sich dann durch die ganze Truppe und es wird schwer, gegen diese Teams zu gewinnen. Im Umkehrschluss wissen wir, was möglich ist. Aber eben nur, wenn alle hundert Prozent geben.

SPOX: Sprechen wir über Sie persönlich: Wenn man Recherchen über Sie durchführt, findet man nicht allzu viel. Ist das so gewollt?

Zedi: Ich bin schon ein Typ, der nie großartig im Rampenlicht stand. Ich bin ein Teamplayer und war in meiner Karriere oft Kapitän einer Mannschaft. Aber im Vordergrund musste und wollte ich nie stehen. Zu den Lautsprechern der Liga gehöre ich sicher nicht, da bin ich nicht der Typ für.

SPOX: Wie lautet dann Ihr persönliches Motto?

Zedi: Man sollte immer versuchen, aus den Möglichkeiten, die man hat, das Optimale rauszuholen. Immer am Limit spielen und alles für den mannschaftlichen Erfolg geben. Dieses Motto habe ich meine ganze Karriere lang verfolgt.

SPOX: Und die hält schon lange an. Sie sind 36 Jahre alt, was ist hängen geblieben?

Zedi: Natürlich die Zeit bei Fortuna Düsseldorf, wo ich ein paar gute, aber auch wirklich schlimme Jahre hatte. Diese Zeit hat mich unheimlich geprägt. Und der Schritt in den Osten war für mich sehr, sehr wichtig. Ich habe in Chemnitz und Erfurt eine vollkommen andere Mentalität kennengelernt. Den Aufstieg 2004 mit Erfurt werde ich nie vergessen. Vor tausenden von Fans auf dem Balkon zu stehen, ist ein tolles Gefühl. Und auch die Zeit in Emden will ich nicht missen, weil dort Fußball nach meinem Motto gelebt wurde. Es war schon Wahnsinn, dass dieser Verein mit seinen extrem begrenzten Möglichkeiten, phasenweise sogar ans Tor der 2. Bundesliga geklopft hat.

SPOX: Wieso hat Sie Ihr Weg eigentlich nie in die Bundesliga geführt?

Zedi: Da gehört neben dem Talent oft einfach sehr viel Glück dazu. Man trifft im Leben manchmal die falschen Entscheidungen, setzt auf die falschen Leute. Das gehört zu einer Karriere dazu. Wenn ich zurückblicke, war die erste Liga nie ein Thema für mich. Ich habe immer an der zweiten Liga gekratzt, aber ansonsten war die 3. Liga immer so mein Haifischbecken.

SPOX: Was war der bisher lustigste Moment Ihrer Karriere?

Zedi: (lacht) Die gibt es! Zu meiner Zeit bei Kickers Emden haben wir nach dem Training gemeinsam gefrühstückt. Einem Spieler - den Name behalte ich lieber für mich - wurde ein ausgerollter Matjes in seinen Schuh unter die Sohle gelegt. Er hat sich noch Tage später gewundert, warum seine Schuhe und Füße immer so stinken, hat aber die Ursache nicht gefunden.

SPOX: Sie sind derzeit weit weg vom rheinischen Karneval. Vermissen Sie das?

Zedi: Ich sage mal so: wenn es denn möglich ist, wird es schon gerne genommen.

SPOX: Und wie verkleidet sich Rudi Zedi?

Zedi: Letztes Jahr in Paderborn bin ich sehr originell verkleidet gewesen...

SPOX: ...und zwar?

Zedi: Da bin ich als Lude oder auf Neudeutsch als Pimp gegangen. Mit Goldketten und allem Schnick Schnack der dazugehört. (lacht)

SPOX: Ein etwas ernsteres Thema: Sie haben mit Ihrem Zwillingsbruder Kristian unter anderem gemeinsam für Fortuna Düsseldorf gespielt. Er musste seine Karriere sehr früh  beenden. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Zedi: Es war für mich immer etwas Besonderes, mit ihm zusammen zu spielen. Wir haben in Essen gemeinsam unsere ersten Gehversuche im Profifußball gemacht. Leider konnten wir die darauf folgende Zeit in Düsseldorf nicht lange genießen. Er hat drei Jahre lang für sein Comeback gelitten und geschuftet und musste dann resignieren.

SPOX: Für Sie als Bruder war das sicherlich auch eine bittere Phase, oder?

Zedi: Man macht sich viele Gedanken. Klar freut er sich für mich. Aber im Umkehrschluss geht ihm sicher auch ab und an der Gedanke durch den Kopf, was gewesen wäre, wenn er gesund geblieben wäre. Dann könnte auch er immer noch dabei sein. Das tut mir als Bruder immer noch sehr leid für ihn.

SPOX: Was machen Sie nach Ihrem Karriereende?

Zedi: Es wird Gespräche mit dem Verein geben, inwiefern ich dem Verein auch nach meiner aktiven Zeit erhalten bleiben kann. Ich habe Vertrag bis 2012, fühle mich topfit und kann noch marschieren ohne Ende. Ich gehe aber davon aus, dass ich meine Karriere in Erfurt beende.

SPOX: Am besten mit einem weiteren Aufstieg im Gepäck, richtig?

Zedi: Wenn es nach mir geht, stehen wir am Ende auf Platz drei. Dafür muss aber wirklich alles passen. Unser Ziel bleibt aber der vierte Platz, um im DFB Pokal dabei zu sein.

SPOX: Wenn es denn klappt, gibt es das Trikot, abgemacht?

Zedi: Das sowieso!

Zu Rudolf Zedis Steckbrief

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