"Poldi ist ab und zu ein Kindskopf"

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Daniel Brosinski (l.), hier noch im Dress des 1. FC Köln, beim Team-Fotoshoot mit Lukas Podolski
© Getty

Im Februar 2009 ging Daniel Brosinskis Stern mit einem Tor gegen den FC Bayern München auf. Weil er beim 1. FC Köln jedoch bald darauf nicht mehr zum Zug kam, spielt der 22-Jährige nun für den SV Wehen Wiesbaden. Im Interview spricht Brosinski über die Gründe für seinen Wechsel, die Flausen von Lukas Podolski und über sein großes Idol.

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SPOX: Herr Brosinski, was verbinden Sie mit dem 21. Februar?

Daniel Brosinski: Da habe ich mein erstes Bundesligaspiel gemacht.

SPOX: Ihnen ist damals der 2:0-Treffer gegen die Bayern in der Allianz Arena gelungen. Können Sie sich noch genau an das Tor erinnern?

Brosinski: Klar kann ich mich noch daran erinnern, diesen Moment werde ich wohl auch so schnell nicht vergessen. Der Trainer hat mich an dem Tag ins kalte Wasser geworfen. Ich kriege den Ball auf Höhe der Mittellinie und spiele ihn nach außen. Als Vucicevic ins Eins-gegen-Eins gegen Lahm geht, spekuliere ich auf das Zuspiel und irgendwie kommt der Ball dann wieder zu mir in die Mitte. Ich halt den Fuß hin und der Ball geht ins Eck. Der Rest war die pure Freude, das hat man dann auch am Jubel gesehen.

SPOX: Lässt sich das Gefühl beschreiben, ausgerechnet bei den großen Bayern im ersten Bundesliga-Spiel zu treffen?

Brosinski: Überragend! Zunächst realisiert man das noch nicht so wirklich, da ist man wie in Trance. Ich habe eigentlich erst in der Woche nach dem Spiel verstanden, was da passiert ist.

SPOX: Sie haben dann insgesamt achtzehn Bundesligaspiele für den 1. FC Köln gemacht. Warum nun der Schritt in die 3. Liga?

Brosinski: Nach dem 'Warum' haben mich schon viele Leute gefragt. Natürlich wäre ich gerne in der Bundesliga geblieben, aber wenn man ein halbes Jahr nicht gespielt hat, nagt das am Selbstvertrauen. Gerade in meinem Alter braucht man Spielpraxis, um sich weiterzuentwickeln. In Köln hat man mir gesagt, dass man mir bei einem Wechsel keine Steine in den Weg legen würde und in dem Moment hat sich der SV Wehen Wiesbaden gemeldet. Klar ist es für viele 'nur' die 3. Liga, aber es klappt bisher gut. Also war es der richtige Schritt.

SPOX: Ihr Vertrag gilt nur für ein halbes Jahr. Reicht die Zeit, um sich zu empfehlen?

Brosinski: Zeit hin oder her: Entweder hat man die Qualität oder man hat sie nicht. Wenn man sie hat, kann man die auch in sechs Monaten zeigen. Dafür, dass ich ein halbes Jahr quasi nicht gespielt habe, bin ich bereits wieder in einem guten Rhythmus. Wie es im Sommer weitergeht, werden wir sehen.

SPOX: Was hat Ihnen letztlich gefehlt, um sich in Köln durchzusetzen?

Brosinski: Es gehören immer zwei Seiten dazu. Ich habe sicherlich auch irgendwann den Kopf hängen lassen, aber das ist für einen jungen Spieler ganz normal.

SPOX: Wie genau meinen Sie das?

Brosinski: Wenn man wenig bis gar nicht zum Einsatz kommt, schleicht sich ein Prozess ein, der oft mit einem Wechsel endet. Ich denke, ich habe gewisse Qualitäten und bin definitiv in der Lage, in der Bundesliga zu spielen. Das habe ich in meinen Spielen bewiesen. Aber manchmal muss man eben einen Schritt zurück machen, um dann wieder einen vorwärts zu machen.

SPOX: Wann merkt man als Profi, dass die Zeit für einen Wechsel oder Neuanfang gekommen ist?

Brosinski: Na zum Beispiel, wenn dir deine Mitspieler ständig sagen, du müsstest eigentlich spielen, aber du spielst eben nicht. Mir wurde zum Beispiel gesagt, es sei alles super, alles klasse, aber man setze eben auf erfahrene Spieler. Ich habe mir dann gesagt: 'Das kannst Du Dir jetzt noch die nächsten vier Jahre weiter anhören oder Du probierst was Neues.' Ich wollte nicht mehr auf der Bank sitzen.

SPOX: Bleibt Verbitterung oder freuen Sie sich dennoch über die letzten Ergebnisse des FC?

Brosinski: Klar freue ich mich. Ich habe zu vielen Spielern noch guten Kontakt. Von daher freut es mich für die Jungs, dass sie eine kleine Serie gestartet haben und dabei auch guten Fußball spielen.

SPOX: Beschreiben Sie doch bitte mal das Phänomen Lukas Podolski. Wie tickt er?

Brosinski: Lukas ist so, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt: locker und offen. Ab und zu ist er ein Kindskopf, aber das wird man aus ihm auch nicht rausbekommen. Das ist ein Junge, der Spaß braucht, wenn er zum Fußball geht. Aber ohne Spaß kann man ja auch nicht erfolgreich sein.

SPOX: Man hat das Gefühl, dass er nach dem Hype so langsam wieder der Alte wird.

Brosinski: Es war sehr schwer für ihn, als er zurück nach Köln gekommen ist, weil die ganze Last auf seine Schultern gelegt wurde. Damit kam er am Anfang nicht klar, deswegen hat er auch solche Startschwierigkeiten gehabt. Inzwischen ist er wieder auf einem richtig guten Weg.

SPOX: Für viele junge Talente ist Poldi ein Vorbild. Ihres ist Thierry Henry. Wieso?

Brosinski: Seine Führungspersönlichkeit, seine Spielintelligenz, sein Torriecher und seine Leichtigkeit haben ihn damals zum besten Spieler der Premier League gemacht. Was ihn darüber hinaus ausgezeichnet hat, waren seine Schnelligkeit und seine Schusstechnik. Einfach überragend aus welchen Lagen er Tore geschossen hat. Es hat schon weh getan, ihn in Südafrika auf der Bank sitzen zu sehen.

SPOX: Henry war lange Zeit auf der Insel für die Gunners unterwegs. Ihr Lieblingsklub ist aber Manchester United.

Brosinski: Ja, das stimmt. Wenn man sieht, wer dort alles gespielt hat und wer heute dort spielt, dann ist das ein Verein voller Legenden. Mein größter Wunsch war es immer, eines Tages auch für diesen Klub aufzulaufen, aber das wird wohl für immer ein Traum bleiben. (lacht)

SPOX: Dann haben Sie sicher das überragende Tor von Wayne Rooney im Manchester-Derby gesehen?

Brosinski: Ich glaube nicht, dass er noch mal in seinem Leben so ein Tor schießt. Und das wird so schnell auch keinem anderen Spieler gelingen. Wie lange er da in der Luft stand und den Ball dann perfekt trifft - das war schon weltklasse. Ein absolutes Jahrhunderttor!

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