Florian Hahn: "Hoeneß ist ein Vorbild"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Florian Hahn ist mit 30 Jahren der jüngste Geschäftsführer im Profifußball
© Imago

Florian Hahn hat für Wacker Burghausen die Amateurligen zusammengeschossen. Im Profibereich kam der Angreifer dann nicht mehr zum Einsatz. Er entschied sich für ein zweites Standbein: Ein Studium der Sportökonomie. Hahn machte auf sich aufmerksam und bekam ein Angebot vom FC Bayern München. Der 30-Jährige lehnte ab - für einen Posten bei Wacker Burghausen. Im Interview mit SPOX spricht der jüngste Manager im bezahlten Fußball über die Gründe, Uli Hoeneß und komische Blicke am Vorstandstisch.

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SPOX: Herr Hahn, in Ihrem Alter erlebt der eine oder andere Profi noch Karrierehöhepunkte. Warum Sie nicht mehr?

Florian Hahn: Ich habe relativ früh erkannt, dass ich in der ersten und zweiten Bundesliga nicht Fuß fassen werde und meine Talente in anderen Bereichen liegen. Deswegen habe ich mich umorientiert und mir ein zweites Standbein aufgebaut.

SPOX: Dabei waren Sie ein guter Torjäger...

Hahn: ...in der dritten und vierten Amateurliga hatte ich sehr hohe Trefferquoten, aber der Sprung in die Profiligen blieb mir verwehrt. Ich stand bei Burghausen damals zehn Mal im Zweitligakader und bin nicht einmal zum Einsatz gekommen. Dann kam noch ein schwerer Meniskusschaden hinzu, der mich 18 Monate außer Gefecht gesetzt hat. Es hat keinen Sinn mehr gemacht.

SPOX: Hätten Sie auch Sportökonomie studiert, wenn Ihre Karriere weitergegangen wäre?

Hahn: Ja, denn mir war von Anfang an bewusst, dass ich in der dritten oder zweiten Liga nicht so viel verdienen kann, um nach der Karriere ausreichend versorgt zu sein. Auch meine Eltern haben mir dazu geraten, neben dem Fußball noch etwas Sicheres zu lernen.

SPOX: Das ist nicht alltäglich im Profigeschäft. Legen Sie Ihren aktuellen Spielern das zweite Standbein ans Herz?

Hahn: Nein, jeder Spieler ist für sich selbst verantwortlich. Natürlich sensibilisiere ich die Jungs und gebe ihnen Beispiele, wo es nicht mit der großen Karriere geklappt hat. Aber jeder dieser jungen Burschen hat seinen Traum und versucht diesen auch zu verwirklichen und da will ich nicht der Buhmann sein. Die Jungs sind alt genug und müssen selber wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen.

SPOX: Sie waren beim FC Bayern Jugendtrainer und sollten das Basketball-Marketing übernehmen. Wieso haben Sie abgelehnt?

Hahn: Der Job wäre die Alternative zu Wacker Burghausen gewesen. Da ich aber gerne im Fußball tätig sein wollte, habe ich mich gegen den FCB entschieden.

SPOX: Sehr mutig, das gemachte Nest zu verlassen...

Hahn: ...da haben Sie recht. Aber der FC Bayern ist eine Art kleines Städtchen, in dem schon alles funktioniert. Wenn man da eine Entscheidung trifft, wird man die positive Entwicklung kaum bemerken. Wenn ich in Burghausen eine Entscheidung treffe, sehe ich, dass sich etwas bewegt. Das war für mich die interessantere Aufgabe. Ich möchte selber der Entscheidungsträger sein.

SPOX: Wie kommt man in dem Alter überhaupt an einen so hochrangigen Job?

Hahn: Das ist sehr schwierig. Der Verein hatte immense Probleme und hat sich ehrlich gesagt auch aus Kostengründen für mich entschieden. Es war also auch etwas Glück dabei, aber ich habe im ersten Jahr bewiesen, dass ich einen guten Job mache. Wir haben in dieser Woche vom DFB die Unterlagen der Nachlizenzierung bekommen und müssen im Gegensatz zu vielen anderen Klubs keine Auflagen erfüllen. Das ist meinen Vorgängern, die wesentlich älter waren, nicht gelungen. Auf diese Leistung bin ich sehr stolz.

SPOX: Die Lizenzierung ist für viele Vereine ein heißes Thema. Ist die 3. Liga in der Form zukunftsträchtig?

Hahn: Nein! Die 3. Liga ist eine Totengräberliga, die sich nicht selbst finanzieren kann. Die Fernsehgelder sind ein Witz und das Gehaltsgefüge der Spieler passt nicht im Geringsten dazu. Die Ausgaben stehen in allen Bereichen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Wie sollen Vereine das stemmen? Wir haben im Durchschnitt 3.000 Zuschauer. Der DFB muss sich Gedanken machen, ob die Anforderungen an die Vereine wirklich so hoch sein müssen. Wenn ja, dann muss man nach einem Investor suchen, der die Liga sponsert.

SPOX: Der FC Bayern war damals ebenfalls klamm, als der junge Uli Hoeneß anfing. Ist er ein gutes Vorbild?

Hahn: Ich hatte zu meiner Zeit beim FC Bayern wenige Berührungspunkte mit Uli Hoeneß. Trotzdem ist er für mich ein gutes Beispiel, weil er den FCB über einen sehr langen Zeitraum erfolgreich als Marke aufgebaut hat. In meinen Augen ist oder war er der beste Manager, den es gibt.

SPOX: Er ist aber auch jemand, der aneckt und sich dadurch oft unbeliebt macht...

Hahn: Das hat mir auch unser Trainer Mario Basler bestätigt. Hoeneß ist geradlinig. Die Geschichte mit Christoph Daum ist das perfekte Beispiel. Da hat er sehr viel Gegenwind gespürt und sich trotzdem durchgesetzt. Diese Geradlinigkeit und Zielstrebigkeit bewundere ich, weil er letztendlich immer Recht behalten und Erfolg gehabt hat.

SPOX: Tritt man Ihnen in Managerkreisen eigentlich skeptisch gegenüber?

Hahn: Das passiert relativ oft. Vor allem, wenn ich mich bei Auswärtsspielen an den Tisch setze, der für den Präsidenten und den Manager gedacht ist. Dann kommen die Leute und bitten mich, ich möge den Platz doch bitte für den Manager der Gäste freilassen. Wenn ich dann sage, dass ich das bin, dann schauen die Leute oft sehr überrascht. Die denken wirklich, ich sei ein Schmarotzer, der sich einfach an den Tisch setzt. (lacht)

SPOX: Bei Wacker Burghausen haben Sie mittlerweile auch die sportliche Leitung übernommen. Worauf achten Sie bei der Kaderzusammenstellung?

Hahn: Wir müssen sehr viel Wert auf den Charakter und das persönliche Umfeld der Spieler legen. Es befinden sich gute Fußballer in unseren Reihen, aber es muss ja auch einen Grund geben, wieso es am Ende der letzten Saison so schlecht gelaufen ist. Das kann nicht nur am Trainer liegen. Letzte Saison hatten wir viel zu viele Spieler, die sich gesagt haben, wenn es da nicht klappt, gehe ich eben woanders hin.

SPOX: Mario Basler ist ein Typ. Wie haben Sie ihn nach Burghausen gelockt?

Hahn: Mit einem sehr langen persönlichen Gespräch. Mich hat interessiert, wo er die Stärken und Schwächen der Mannschaft sieht. Wir haben beide schnell gemerkt, dass die Chemie stimmt und ihn die Aufgabe reizt. Am nächsten Tag waren wir uns einig.

SPOX: Über die Bezahlung haben Sie sich nicht unterhalten?

Hahn: Nein. Als ich nach dem ersten Gespräch im Auto saß, ist mir aufgefallen, dass ich das Wichtigste vergessen und mit ihm kein Wort über Geld gesprochen hatte. Ich habe ihn angerufen und er meinte nur lapidar, ich solle mit seinem Berater sprechen, weil er sich nicht um solche Sachen kümmert.

SPOX: Und was hat der gesagt?

Hahn: Wenn Mario das will, dann wird sich eine Lösung finden. Und so war es zum Glück auch. Mario Basler gehört für mich zu den meist unterschätzten Trainern in Deutschland.

SPOX: Das müssen Sie belegen.

Hahn: Das ist leicht. Die Art wie er plant, wie er die Teamsitzungen angeht, wie er taktische Fehleinschätzungen schnell erkennt und dann umstellt, ist überzeugend. Er hat etwas, das nicht viele Trainer haben, eine unheimlich schnelle Auffassungsgabe.

SPOX: Trotzdem geht es derzeit sportlich auf und ab.

Hahn: Wir haben Verletzungspech. Darüber hinaus arbeitet Mario Basler mit dem Kader, den sein Vorgänger zusammengestellt hat. Zudem mangelt es manchmal an der Einstellung. Spielen wir gegen Teams wie Offenbach, rennen alle. Geht es gegen Mannschaften auf Augenhöhe, glauben die Spieler, die Partie schon gewonnen zu haben und sind nachlässig. Da muss man sicher noch einmal dran schrauben.

SPOX: Es gibt im Winter also Neuzugänge?

Hahn: Das geht nur, wenn wir Spieler verkaufen.

SPOX: Die nächsten Gegner sind Heidenheim, Dresden und Saarbrücken. Welche Resultate erwarten Sie?

Hahn: Wir sind von einundzwanzig Punkten bis zur Winterpause ausgegangen. Jetzt haben wir schon achtzehn Zähler. Wenn wir noch vier bis sechs Punkte holen, können wir uns im Winter optimal auf die Rückrunde vorbereiten.

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