"Nur mit Bravheit kommst du nicht weit"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Michael Hofmann (M.) wechselte im Sommer zu Jahn Regensburg
© Getty

Jahn Regensburg startete mit vier Siegen in die neue Saison, brach zuletzt aber etwas ein. Torhüter Michael Hofmann kam im Sommer von 1860 München und ist bei den Oberpfälzern als Leistungsträger und Führungsspieler schon nicht mehr wegzudenken. Im Interview spricht der 38-Jährige über Vorbilder, die Probleme beim Jahn, seine Verbindung zu Carsten Jancker und gibt dem FC Bayern eine Empfehlung.

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SPOX: Herr Hofmann, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag - nachträglich....

Michael Hofmann: (lacht) ...es ist zwar schon eine Woche her, aber ich freue mich trotzdem. Danke sehr.

SPOX: Sie sind 38 Jahre alt geworden. Und haben immer noch Lust auf Fußball?

Hofmann: Ich durfte ja erst mit 25 Jahren mein Debüt in der Bundesliga geben. Und in den vielen Jahren bei 1860 habe ich phasenweise auch auf der Bank gesessen. Mir macht es nach wie vor Spaß, zu trainieren und am Wochenende zu spielen.

SPOX: Edwin van der Sar ist 40, Peter Shilton hat in dem Alter auch noch gespielt. Wollen Sie die übertreffen?

Hofmann: (lacht) Früher war Uli Stein mein Vorbild. Ich glaube, der hat auch erst mit 41 Jahren aufgehört. Nein, ich habe einfach bei vielen meiner Mitspieler wie Bernhard Winkler oder auch Marco Kurz mitbekommen, dass sie ihre Karriere aufgrund von Verletzungen früher als gewollt beenden mussten. Ich freue mich, dass ich körperlich noch mithalten kann.

SPOX: Ihr schönstes Fußballerlebnis waren die beiden Champions-League-Qualifikationsspiele mit 1860 gegen Leeds United im Jahr 2000. Hätten Sie selbst gerne auf der Insel gespielt?

Hofmann: Ich habe die Premier League schon immer gerne im Fernsehen verfolgt. Die Faszination dort für den Fußball ist schon der Wahnsinn. Es gab verschiedene Möglichkeiten, mir lag von den Bolton Wanderers zum Beispiel eine konkrete Anfrage vor.

SPOX: Und das hat Sie nicht gereizt?

Hofmann: Im Nachhinein wäre es sicher reizvoll gewesen, diesen Schritt zu wagen. Man lernt ein ganz neues Umfeld kennen und entwickelt sich persönlich weiter. Aber ich habe mich in Deutschland immer wohl gefühlt. Jetzt ist es zu spät.

SPOX: Klingt nach Wehmut.

Hofmann: Im Endeffekt ist es jetzt hypothetisch. Als Fußballer werde ich das nicht mehr erleben. Ich werde versuchen, in den nächsten zwei Jahren beim Jahn alles zu geben und den Jungs zu helfen, denn wir haben gerade genug Probleme.

SPOX: In den ersten Wochen hat Regensburg alles gewonnen. Was ist dann passiert?

Hofmann: Wir mussten ein paar bittere Rückschläge einstecken. Das ging mit dem Pokalspiel gegen Bielefeld los, welches wir nach einer sehr guten Leistung im Elfmeterschießen verloren haben. Der Knackpunkt war aber das Spiel in Dresden am 9. Spieltag, wo wir kurz vor Schluss den Ausgleich bekommen haben. Seitdem sind wir ohne Sieg.

SPOX: Im Umfeld ist zu hören, dass es Differenzen innerhalb der Mannschaft und mit dem Trainer geben soll. Stimmt das?

Hofmann: Wenn es nicht läuft, wird immer alles in Frage gestellt. Aber es gibt keine Spannungen im Team oder mit dem Trainer. Die Dinge wurden klar angesprochen, spielen müssen aber immer noch die Spieler, da kann draußen stehen, wer will. Wir machen nichts anderes als in den ersten Wochen auch, und da haben wir die Spiele noch gewonnen.

SPOX: Hat man in Regensburg zu früh von mehr geträumt?

Hofmann: Möglich, dass viele geglaubt haben, dass wir eine Überraschungsmannschaft werden können. Wir sehen jetzt, dass es mit den Bedingungen und dem Etat ein Erfolg ist, in der 3. Liga in der oberen Tabellenhälfte zu stehen. Wenn wir es schaffen, unter die ersten Zehn zu kommen, ist das ein Erfolg.

SPOX: War Regensburg nach 1860 eigentlich ein Kulturschock für Sie?

Hofmann: Nein, 1860 München und Regensburg kann man nicht vergleichen. Für mich ist das eine Reise in die Vergangenheit. Als ich bei Sechzig begonnen habe, hatten wir auch sehr einfache Gegebenheiten, was zum Beispiel die Umkleide betrifft. Das ist aber auch nebensächlich. Entscheidend sind die Trainingsphilosophie und der Umgang miteinander.

SPOX: Sie sprechen die Anfänge Ihrer Karriere an. Sind Sie Carsten Jancker nicht ewig zu Dank verpflichtet?

Hofmann: Das war am 18. April 1998...

SPOX: ...Sie haben ein gutes Gedächtnis...

Hofmann: Ich bin ein Statistiker und weiß über jedes meiner Spiele Bescheid.

SPOX: Dann wissen Sie sicher auch, dass Jancker eine Woche vor Ihrem Debüt der bisherigen Nummer eins Bernd Meier den Ball aus den Händen gespitzelt hat und ein sehr kurioses Tor entstand...

Hofmann: ...natürlich, und es ist richtig, dass ich von Bernd Meiers Fehler gegen Jancker profitiert habe und eine Woche später gegen Bremen debütieren durfte. Ich habe das aber nicht geschenkt bekommen, sondern hart dafür gearbeitet. Des einen Leid ist des anderen Freud, man muss die Situationen immer so nehmen, wie sie kommen. Carsten habe ich aber bis heute keinen ausgegeben. (lacht)

SPOX: Wie sehen Sie das heutige Torwartspiel?

Hofmann: Die Torhüter haben erweiterte Aufgabenfelder. Sie müssen mitspielen und sind zu einem unentbehrlichen Teil des Spiels geworden. Die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Torhüter sind heute ganz anders. Wenn ich mir Toni Schuhmacher bei den Weltmeisterschaften angucke, war das einfach eine ganz andere Zeit. Das muss man als alter Hase irgendwann einsehen.

SPOX: Wer ist für Sie der beste Torhüter in Deutschland?

Hofmann: Mein Favorit ist Manuel Neuer. Es ist einfach genial, welche Leistung er bringt, seitdem er bei Schalke im Tor steht. Mit seiner Reaktionsschnelligkeit und Spieleröffnung ist er nicht nur auf Jahre die Nummer eins im deutschen Tor, sondern sicher sehr interessant für absolute Topklubs.

SPOX: Wie etwa Bayern München?

Hofmann: Hans-Jörg Butt ist ein guter Torwart, aber natürlich spielt auch da irgendwann das Alter eine Rolle. Das Torwartleben ist so vielseitig, da ist es schwer, Prognosen abzugeben. Dennoch wäre der FCB sicher gut beraten, Manuel zu verpflichten.

SPOX: Verrückt muss ein Torwart aber immer noch sein, oder?

Hofmann: Ich würde lügen, wenn ich sage, das stimmt nicht. Wenn Sie sich anschauen, wie einem die Bälle um den Kopf fliegen, wie man sich den Spielern vor die Füße wirft, muss man viel Mut und eine ausgeprägte Persönlichkeit besitzen. Wir gelten als verrückt, weil wir auch mal gehörig Dampf ablassen. Aber es ist doch toll, wenn man nicht ferngesteuert ist, seinen eigenen Charakter und sein eigenes Denken zeigt und äußert. Nicht umsonst sind wir oft Mannschaftskapitäne. Verrückt ist nicht gleich dumm, es ist einfach anders und nicht nach Vorgaben gesprochen. Das gehört dazu, nur mit Bravheit kommst du nicht weit.

SPOX: Haben Sie denn schon Pläne für die Zeit nach Ihrer Karriere?

Hofmann: Ich kann mir sehr gut vorstellen, Torwart- oder Co-Trainer zu werden. Ich will nach meiner Karriere erst einmal Praxis erwerben, um zu schauen, ob mir das überhaupt liegt. Aber ich habe schon vor, im Fußballgeschäft langfristig tätig zu bleiben, weil ich einfach ein Fußballverrückter bin.

SPOX: Vielleicht klappt es ja dann auf der Insel...

Hofmann: ...da müsste ich meine Englischkenntnisse noch ein bisschen intensivieren. (lacht) Erstmal habe ich das Ziel, nach England zu fliegen und mir den Boxing Day live anzuschauen.

Michael Hofmann im Steckbrief