"Riedle zu heißen, ist ein Nachteil"

Von Interview: Haruka Gruber
Alessandro Riedles Saison-Bilanz: 10 Spiele in der 3. Liga, ein Tor
© Imago

Sein Vater wurde Weltmeister und hörte auf den Spitznamen "Air" - jetzt will Alessandro Riedle die Nachfolge antreten. Nach seinem Wechsel von Zürich nach Stuttgart hat sich der 18-Jährige als Stammspieler der zweiten Mannschaft in der 3. Liga etabliert und wartet auf seine Chance bei den Profis. Riedle junior und Riedle senior über Stuttgarts Vorzüge, Alessandros Kindheit und das Rezept gegen Verblödung.

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SPOX: Letzte Saison haben Sie als 17-Jähriger für Grasshoppers Zürich drei Tore in der ersten Schweizer Liga geschossen und waren die Entdeckung der Saison. In Stuttgart kamen Sie bei den Profis noch nicht zum Zug. Wie schwer fällt die Umstellung?

Alessandro Riedle: Der Unterschied zwischen beiden Ligen ist nicht ohne. Vor allem, was das Tempo, die Aggressivität und die Härte betrifft. Dennoch war es aufregend, nach Deutschland zu wechseln, um hier den Durchbruch zu schaffen. Stuttgart gefällt mir super.

Karl-Heinz Riedle: Nur weil er Riedle heißt und talentiert ist, heißt es ja nicht gleich, dass man es sofort in die Bundesliga schaffen muss. Am wichtigsten ist, dass Alessandro Spielpraxis bekommt und dafür ist die zweite Mannschaft des VfB genau richtig - zumal Stuttgart in der Vergangenheit gezeigt hat, dass der Verein auf junge Spieler setzt.

SPOX: Ist der Nachname Riedle demnach mehr Fluch als Segen?

Alessandro Riedle: Riedle zu heißen, ist eher ein Nachteil, weil die Öffentlichkeit automatisch viel mehr von einem erwartet, obwohl ich im Grunde nur ein Nachwuchsfußballer wie viele andere bin. Die Erwartungshaltung hemmt mich aber nicht und ich kann mit ihr umgehen.

SPOX: Herr Riedle, vor einigen Jahren hat Ihr Sohn dennoch mit dem Fußball aufgehört. Wurden Ihre Alpträume Realität?

Karl-Heinz Riedle: Es war eine nicht so schöne Zeit für Alessandro. Wir sind nach meinem Karriereende aus England in die Schweiz gezogen und Alessandro hat sich bei einem kleinen Verein angemeldet, in dem er sich überhaupt nicht wohl gefühlt hat. Die Mitspieler, der Trainer, es hat einfach nicht gepasst. Er hatte den Spaß am Fußball verloren. Umso froher war ich, dass er nach einiger Zeit diesen Spaß wiedergefunden hat.

Alessandro Riedle: Ich habe in Liverpool angefangen, Fußball zu spielen - und es war einfach nur klasse. In der Schweiz hingegen hatte es zu Beginn nicht gepasst. Ich hatte Probleme, mich einzuleben, weil ich mit den Leuten nicht so klarkam. In meiner Jugendmannschaft waren Leute dabei, die nicht ganz so nett waren. Ich ging immer lustloser zum Training. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich einen Schnitt machen musste.

SPOX: Jetzt sind Sie jedoch wie Ihr Vater Fußball-Profi geworden und tragen bei VfB II mit der 13 sogar die gleiche Rückennummer. Wann erben Sie seinen Spitznamen "Air"?

Alessandro Riedle: Es wäre eine Ehre für mich, wenn ich mich irgendwann auch "Air" Riedle nennen könnte. Aber das wird schwierig. Ich ähnele vom Lauftstil und vom Antritt zwar meinem Vater, dennoch muss ich noch lange daran arbeiten, bis ich soweit bin, um das "Air" zu verdienen.

Karl-Heinz Riedle: Den "Air" darf er gerne von mir erben. Dafür müsste er nur noch etwas besser beim Kopfball werden (lacht). Im Ernst: Alessandro ist sehr talentiert, aber er interpretiert die Stürmerrolle anders als ich. Er kommt mehr über das Fußballerische und hat dank seiner Schnelligkeit die Stärken am Boden. Beim Kopfballspiel fehlt ihm noch etwas das Timing. Die Anlagen, ein guter Kopfballspieler zu werden, hat er.

SPOX: Woran muss Alessandro noch arbeiten?

Karl-Heinz Riedle: Etwas mehr Robustheit würde nicht schaden. Dazu wie angesprochen das Timing beim Kopfball. Ansonsten bringt er vieles mit, um es zu schaffen - solange er so ehrgeizig bleibt und immer dazulernt.

SPOX: Und was ist mit der Außendarstellung? Alessandros Zitat: "Ich werde sicher nebenbei studieren, damit ich nicht komplett verblöde", sorgte im Sommer für Schlagzeilen.

Karl-Heinz Riedle: In dem Bereich muss er noch einiges lernen, er ist ja ein junger Bursche. Er hat sicherlich daraus seine Lehren gezogen.

Alessandro Riedle: So überheblich, wie es ausgelegt wurde, habe ich es gar nicht gemeint. Ich wollte auch keine anderen Fußballer angreifen. Mir ging es nur darum auszudrücken, dass ich mir nebenher eine neue Beschäftigung neben dem Fußball suchen will, nachdem ich das Abitur gemacht habe. Als Profi hat man viel Freizeit, die ich sinnvoll nutzen möchte, indem ich beispielsweise neue Sprachen lerne - was aber nicht heißen soll, dass ich mich nicht voll auf den Fußball konzentriere.

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