FC Bayern - FC Heidenheim 5:4: Pokal-Wahnsinn! Lewy verhindert FCB-Blamage

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© getty

Angeführt vom eingewechselten Robert Lewandowski hat der FC Bayern eine Blamage im DFB-Pokal verhindert und mit Ach und Krach die Runde der letzten Vier erreicht. In einem verrückten Viertelfinale setzte sich der lange in Unterzahl spielende Rekordmeister nach einem 1:2-Pausenrückstand mit 5:4 gegen den 1. FC Heidenheim durch.

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"Ich weiß gar nicht, wie ich dieses Spiel einordnen soll. Es war verrückt." Wenn selbst einem Thomas Müller die Worte in einem Interview nach einem Spiel fehlen, dann muss schon etwas ganz besonderes passiert sein. Doch nicht nur das war an diesem Mittwochabend in der Münchner Allianz Arena geschehen.

Es war ein Abend für die Geschichtsbücher. Ein Neun-Tore-Drama aus der Kategorie "Irrsinn". "Unfassbar. Dass wir eine harte erkämpfte 4:2-Führung wieder hergeben, kann uns natürlich nicht gefallen", sagte Müller nach der denkwürdigen Partie, die alles zu bieten hatte: Erst 1:0, dann Rot gegen Niklas Süle, 1:2, plötzlich 4:2, 4:4, 5:4 - langweilig wurde es den 75.000 Zuschauern nie. Erst Robert Lewandowski sorgte in der 84. Minute per Handelfmeter für die Entscheidung.

Es war auch ein Stück weit sein Abend. Denn erst als der etwas kränkelnde und zunächst geschonte Pole nach der Pause ins Geschehen eingriff, wachten die Münchner auf und drehten einen Rückstand in eine 4:2-Führung - durch ein Tor und eine Vorlage von Lewandowski. Der Mann des Abends war er aber dennoch nicht, denn das war der Heidenheimer Robert Glatzel, der mit drei Toren glänzte.

"Das moralische Plus, dass wir uns erarbeitet haben, müssen wir jetzt mitnehmen", sagte Müller: "Wir müssen am Samstag den Arsch zusammenkneifen und dann den BVB richtig unter Druck setzen und gewinnen." Eine Bewerbung für einen Sieg gegen Borussia Dortmund im Topspiel am Samstag war dieser Abend aber keineswegs.

Die Stimmen zum Spiel FC Bayern - 1. FC Heidenheim

Niko Kovac (Trainer Bayern München): "Es war ein wildes Spiel, ein offenes Spiel. Zum Schluss hatten wir das Quäntchen Glück."

Frank Schmidt (Trainer 1. FC Heidenheim): "Wenn vor dem Spiel einer gesagt hätte, dass neun Tore fallen, wäre wohl niemand auf ein 5:4 gekommen. Natürlich sind wir stolz auf diese Leistung. Wenn es 5:4 für uns ausgeht, darf sich auch niemand beschweren. Aber so hat Bayern seine Klasse ausgespielt. Das müssen wir akzptieren."

Robert Glatzel (Dreifach-Torschütze 1. FC Heidenheim): "Ich kann's nicht glauben. Das habe ich mir nicht mal erträumt, hier drei Tore zu schießen. Ich kann es nicht begreifen. Wir haben eine super Reaktion gezeigt. Es war nach dem Ausgleich ein offenes Spiel, die Nervosität war dann weg. Wir haben immer mehr Selbstvertrauen bekommen. Am Zaun war meine Familie, meine engsten Freunde. Meinen Vater habe ich leider nicht gesehen."

Leon Goretzka (Bayern): "Es war heiß in der Kabine. Wir mussten uns erstmal beruhigen - er hat uns dann neu eingestellt. Du musst das Spiel auch erstmal mit einem Mann weniger so drehen. Den Kritikpunkt, den wir uns gefallen lassen müssen, ist, dass wir das Spiel nach dem 4:2 nicht zugemacht haben. Die große Erkenntnis ist, dass wir heute vier Gegentore gegen einen Zweitligisten kassiert haben. Das darf nicht passieren. Das müssen wir am Samstag besser machen."

Die Analyse: FC Bayern entgeht dank Lewandowski einer Blamage

Bayern-Trainer Kovac verzichtete vor dem Liga-Gipfel gegen den BVB (Samstag ab 18.30 Uhr im LIVETICKER) auf eine Großrotation. Boateng, Coman und Lewandowski wichen gegenüber dem 2:2 in Freiburg für Süle, Ribery und Gnabry. Müller rückte zunächst auf die Mittelstürmer-Position des Polen. Neuer stand wegen muskulärer Probleme erneut nicht im Kader.

Sein Ersatz Ulreich sollte gegen den Sechsten der Zweiten Liga mehr zu tun bekommen als gedacht. Der frühe Führungstreffer durch Goretzka (12.) gab den Münchnern keine Sicherheit - auch, weil Süle praktisch im Gegenzug die Rote Karte sah und Kovac zu einer taktischen Umstellung zwang. Boateng ersetzte den sichtlich angefressenen Ribery. Dadurch litt das ohne Lewandowski ohnehin limitierte Offensivspiel des Favoriten noch mehr.

Angeführt von einem starken Schnatterer witterte der Außenseiter aus Heidenheim seine Chance und nutzte die sich bietenden Räume. Glatzel und Schnatterer stellten das Spiel noch vor der Pause auf den Kopf, die sichtlich bedienten Bayern wurden von ihren Anhängern zur Pause mit Pfiffen in die Kabine begleitet.

Die Reaktion folgte nach dem Seitenwechsel: Müller, Lewandowski und Gnabry stellten die Weichen plötzlich auf Sieg für die Münchner. Die klinisch tot schienenden Heidenheimer kamen aus dem Nichts aber noch einmal zurück und trugen mit zwei weiteren Glatzel-Treffern zu einem immer verrückteren Spielverlauf bei. Der Favorit war es letztlich, der das bessere Ende für sich behielt - weil der eiskalte Lewandowski seinen Job erledigte.

Die Daten des Spiels FC Bayern - 1. FC Heidenheim

Tore: 1:0 Goretzka (12.), 1:1 Glatzel (26.), 1:2 Schnatterer (39.), 2:2 Müller (53.), 2:3 Lewandowski (56.), 2:4 Gnabry (65.), 3:4 Glatzel (74.), 4:4 Glatzel (77.), 5:4 Lewandowski (84.)

Rote Karte: Süle (13.)

  • Lewandowski stand erstmals seit Ende Oktober (2. DFB-Pokal-Runde) in einem Pflichtspiel nicht in der Startelf des FCB.
  • Süle sah den ersten Platzverweis seiner Profikarriere.

Der Star des Spiels: Robert Lewandowski (FC Bayern)

Führte nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit die Aufholjagd der Gastgeber in Unterzahl an. Bereitete erst den Ausgleich durch Müller vor, traf anschließend doppelt. Es war ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig der Pole für den FCB ist. Aufseiten der Heidenheimer glänzten Schnatterer, der seine Torbeteiligungen 19 und 20 im 28. Pflichtspiel dieser Saison sammelte, und Dreifach-Torschütze Glatzel.

Der Flop des Spiels: Thiago Alcantara (FC Bayern)

Beendete das Spiel wieder einmal mit einer Passquote über 90 Prozent. Einer seiner wenigen Fehlpässe war allerdings spielentscheidend. Mit seinem zu lässigen Chipball in unmittelbarer Sechzehnernähe provozierte der Spanier den Platzverweis von Süle (13.) und machte das Spiel für die Bayern unnötig spannend. Ebenfalls schwach: der zur Pause ausgewechselte James.

Der Schiedsrichter: Guido Winkmann

Der 45-jährige Polizeibeamte aus Kerken wurde schnell zum Feindbild der Zuschauer in der Allianz Arena, indem er Süle nach Absprache mit seinem Videoassistenten die frühe Rote Karte wegen Notbremse zeigte. Es war eine strittige Entscheidung, da Kimmich fast auf gleicher Höhe mit Süle stand, aber eine Entscheidung, die dem neutralen Zuschauer an diesem Mittwochabend ein unterhaltsames Pokal-Spektakel ermöglichte. In Hälfte zwei entschied Winkmann auf zwei berechtigte Elfmeter. Einer davon krönte die Bayern zum Sieger.

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