"Wir sollten nicht an Worten arbeiten"

Von Aufgezeichnet von Andreas Lehner
Matthias Sammer ist seit Sommer 2012 als Sportvorstand beim FC Bayern Müchnen tätig
© getty

Matthias Sammer gibt sich mal wieder als Mahner. Der Sportvorstand des FC Bayern sprach im Interview nach dem Sieg über Borussia Dortmund (1:0) über das Kräfteverhältnis in Deutschland, die Aussagen von Uli Hoeneß, die neue Achse des FC Bayern und das Reservistendasein von Mario Gomez.

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Frage: Herr Sammer, wie wichtig war der Sieg für den FC Bayern?

Matthias Sammer: Nach allem was ich vorher gelesen habe und was ich auch aus unserem Klub gehört habe, scheinbar sehr wichtig. Aber ich bin der Meinung: Ein Spiel wie heute vom Ergebnis abhängig zu machen, ist für mich keine unbedingte Klasse. In so einem Spiel muss man sich sportlich beweisen und Aufgaben erfüllen. Das Ergebnis ist ein Produkt der Arbeit. Wir haben das bewiesen, was uns in der Saison bisher stark gemacht hat: Defensiv sehr diszipliniert spielen, alle arbeiten mit, dazu hatten wir eine gute Grundordnung. Im Offensivspiel geht es darum, immer Gefährlichkeit und Flexibilität zu zeigen. Und wenn wir über Führung reden: Ich habe in Bastian Schweinsteiger, Dante, Philipp Lahm und Manuel Neuer eine Achse gesehen. Das war Weltklasse, keine Frage.

Frage: Stimmen Sie Uli Hoeneß zu, der die Vormachtstellung des FC Bayern wiederhergestellt sieht?

Sammer: Uli Hoeneß zu widersprechen ist grundsätzlich eine gewisse Problematik. Er trifft seine Aussagen als unser Chef. Ich bin der Meinung, zum jetzigen Zeitpunkt brauchen wir überhaupt nicht reden. Wir müssen sehen, dass wir im Punktspielalltag weiter gehen. Auch im Pokal kann es schwer werden, wenn wir Pech haben. Egal wo du spielst.

Frage: Sind Sie auch erleichtert? Eine Niederlage hätte auch ein Dämpfer für die gute Saison werden können.

Sammer: Warum soll ich erleichtert sein? Ich bin seit Sommer da, seitdem haben wir dreimal gegen die gespielt, allerdings dreimal zuhause, und haben zwei Spiele gewonnen und einmal unglücklich unentschieden gespielt. Bei mir sitzt das nicht so tief wie bei dem einen oder anderen. Wir haben vieles gut gemacht heute, ja. Aber jetzt geht's weiter.

Blog: Matthis Analyse zum Pokal-Kracher

Frage: Also sind Sie bei Toni Kroos, der gesagt hat, er hat noch keinen Pokal bekommen.

Sammer: Toni ist auch ein Ossi, wahrscheinlich versteht er mich am besten. (lacht)

Frage: Sie haben die Führungsspieler angesprochen. Es gab in den letzten Jahren die Diskussion, dass genau diese Führungsfiguren in den großen Spielen gefehlt haben. Bastian Schweinsteiger hat ein sehr gutes Spiel gemacht, wie haben Sie ihn erlebt?

Sammer: Weltklasse! Sportlich in verschiedenen Bereichen: Er war sehr beweglich, taktisch hervorragend und er hatte eine Ausstrahlung, die gezeigt hat, an mir kommt keiner vorbei. Das Gleiche betrifft Dante und Manuel Neuer, der unglaubliche Sicherheit ausgestrahlt hat. Philipp Lahm spielt sowieso seit Jahren Weltklasse. Das ist wichtig in solchen Spielen, dass diese Spieler Präsenz zeigen.

Frage: Ist es das, was sie auch in Zukunft sehen wollen? Es kommen ja hoffentlich noch einige große Spiele, in denen es dann wirklich um Pokale geht.

Sammer: Das hoffe ich. Es gibt einen Weg und es geht darum, das sportlich umzusetzen. Dafür braucht man Führungsspieler.

Frage: Haben Sie Arjen Robben gesehen, wie er sich nach dem Spiel gefreut hat?

Sammer: Wir haben uns alle gefreut, deshalb habe ich nicht auf einzelne Spieler geachtet. Er hat ein super Tor gemacht. Wir sollten bescheiden bleiben. Freude ja, aber für uns sollte ab dem nächsten Tag eine gewisse Normalität einkehren.

Frage: Die Meisterschaft scheint mit 17 Punkten Vorsprung schon sicher, im Pokal sind sie im Halbfinale und in der Champions League sieht es auch gut aus. Ist das Triple möglich?

Sammer: Davon rede ich nicht. Ich habe in der Winterpause gesagt: Man kriegt am Ende, was man verdient. Und jetzt sollten wir am Verdienen arbeiten und nicht an großen Worten oder Worthülsen. Das ist zumindest meine Erfahrung, die muss nicht richtig sein. Ich glaube jedoch, dass sie nicht falsch ist.

Frage: Trotz aller Rotation war klar, dass gegen Borussia Dortmund die beste Mannschaft spielt. Das würde bedeuten, dass Mario Gomez nur noch Ersatz ist.

Sammer: Ein starker, großer Klub muss 15, 16 Stammspieler haben. Wir sollten aufhören, nur über die ersten zehn zu reden, da sind mindestens fünf, sechs Spieler, über die man sagen kann, die waren unmittelbar dabei. Dazu hast du noch ein paar Junge. Dementsprechend ist immer der Geist entscheidend, nicht die einzelne Konstellation. Fußball ist Tagesarbeit, aktuell bilden sich Themen heraus, die morgen schon wieder über den Haufen geworfen werden können.

Frage: Beim FC Bayern gilt der FC Barcelona als großes Vorbild. Die haben jetzt gegen Milan und Real Madrid verloren. Die Spitze scheint unbesetzt, da könnte doch der FC Bayern reinstechen, oder?

Sammer: Wir sollten arbeiten.

Frage: Wird der Sieg gegen Dortmund das Selbstbewusstsein der Mannschaft nochmal steigern?

Sammer: Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir den Sieg verdient gehabt, aber es ist eben auch nicht mehr. Vielleicht es das eine Floskel, aber das ist mir auch wurscht, du kannst ja nicht auf die Autogrammkarte schreiben: Viertelfinale, Heimspiel gegen Dortmund. Das ist ein bisschen wenig.

Frage: Muss man die Mannschaft jetzt wieder einfangen?

Sammer: Sie haben gerade Toni Kroos zitiert, scheinbar nicht. Die Mannschaft hat im letzten Jahr Erfahrungen gesammelt. Wenn ein Spieler davon nicht geprägt ist, wird es sowieso schwer.

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