Ansatzweise positiv

Von SPOX
Joe Zinnbauer trifft zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen auf Bayern und Pep Guardiola
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Die Spielidee

"Unsere Schwächen müssen wir minimieren und durch unsere Stärken verstecken", sagte Zinnbauer im September. Von der ersten Trainingseinheit an ließ der Trainer besonders defensive Abläufe trainieren, legt großen Wert auf die Disziplinen Pressing und Gegenpressing. Auf dem Platz stellt sich in der Tat auch ein anderer HSV dem Gegner vor.

Die Mannschaft verteidigt anders als unter Slomka noch mutiger nach vorne, die Zentrale ist - auch dank Valon Behrami - besser unter Kontrolle, die Zahl der Gegentore nach schnellem Umschalten des Gegners hat sich verringert. Das Spiel gegen die Hertha bildet da die große Ausnahme.

In der Defensivbewegung sieht das nach einem klaren Plan aus, den die Mannschaft auch schon recht gut umsetzen kann. Nach einer Balleroberung beginnen aber die Probleme. Weder kommt das Team in die gewünschte schnelle Umschaltbewegung nach vorne, noch kann es Angriffe gegen einen gut organisierten Gegner zielstrebig und konsequent zu Ende spielen.

"Wir sind nicht prägend genug in der Offensive", fasste es Peter Knäbel nach dem Hertha-Spiel etwas verkopft zusammen. "Wir schießen einfach zu selten aufs Tor. Und wenn wir schießen, dann nicht gut genug. Wir müssen mehr Brutalität für das erste Tor an den Tag legen und wir haben nach dem 0:1 eine schlechte Reaktion gezeigt", so der neue "Direktor Profifußball" weiter.

Das Angriffsspiel stockt enorm, 36 Torchancen sind für die Hamburger notiert. Das macht lediglich vier pro Partie und ist angesichts der verheerend schwachen Chancenverwertung von deutlich unter zehn Prozent auf Dauer ein bedrohliches Problem.

Ein Fragezeichen bleibt hinter Rafael van der Vaarts Rolle im Team. Der Routinier ist wieder fit und wurde von Zinnbauer zuletzt auch zweimal von Beginn an eingesetzt. Van der Vaart passt als Spielertyp vielleicht aber nicht perfekt in die Art von Fußball, die der Mannschaft im Moment noch am ehesten zuzutrauen ist. An den von Zinnbauer prinzipiell präferierten Ballbesitzfußball ist derzeit überhaupt nicht zu denken, also bleibt nur die Option, über schnelle Konter zum Abschluss zu kommen.

Van der Vaart besitzt zwar immer noch überragende Qualitäten mit dem Ball am Fuß oder bei Standardsituationen, die Intensität und Genauigkeit seines Pressings ist aber weiter ausbaufähig und trotz aller überdurchschnittlicher Laufbereitschaft geht ihm in vielen Momenten das nötige Tempo in seinen Aktionen ab.

Die Gier nach Erfolg

"Ich will Emotionen reinbringen, den Teamgeist verbessern und den unbedingten Siegeswillen vermitteln", sagte Zinnbauer im September. Der Teamgedanke hat sich verbessert, die Spieler helfen sich gegenseitig auf dem Platz, die Grundstimmung ist eine positivere, die Spieler motivieren sich gegenseitig. Es haben sich einige Dinge zum Positiven entwickelt, seit Zinnbauer da ist.

"Joe hat die Gabe, den Jungs Vertrauen zu schenken. Er hat die Gruppe formiert, so etwas haben wir hier längere Zeit in der Form nicht beobachtet", formuliert es Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer.

Allerdings hat auch er den Schlendrian noch nicht in den Griff bekommen, den sich die Mannschaft nach kleinen Erfolgserlebnissen immer wieder leistet. Den ordentlichen Auftritten gegen Dortmund und Hoffenheim folgte ein unerklärlicher Leistungseinbruch gegen die Hertha. Das war auch unter Zinnbauers Vorgängern ein Problem, dass die Mannschaft zu früh mit zu wenig zufrieden ist.

Zinnbauer packt seine Spieler deshalb auch in den Trainingseinheiten härter an und versucht, gefährliche Tendenzen schonungslos im Keim zu ersticken. "Der 'neue HSV' entsteht nicht durch Handauflegen, sondern durch harte Arbeit", sagt Knäbel.

"Ich werde alles dafür tun, dass es bald in eine andere Richtung geht", sagte Zinnbauer im September. Inhaltlich hat der Trainer schon einiges bewegt. Aber er hat auch noch einen langen Weg vor sich. Und er benötigt, was jeder Trainer auf der Welt auch benötigt: Siege und Punkte. Ein Weiterkommen im Pokal gegen die Bayern könnte sich als durchaus nützlich erweisen.

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Seite 2: Die Spielidee und die Gier

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