FC Bayern: Vier gewinnt

Von Für SPOX in Berlin: Stefan Rommel
Sein letztes Weißbier? Mario Gomez war der Held in Berlin, seine Zukunft ist weiter offen
© getty

Mit dem Sieg im DFB-Pokal machen sich die Bayern endgültig unsterblich. Dabei erschwerte der VfB die Mission Triple wesentlich deutlicher, als erwartet. Die Zukunft zweier Protagonisten des Abends bleibt weiter offen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Das Berliner Olympiastadion war schon einmal Ort einer nahezu mystischen Auferstehung. Eine schwedische Delegation stürzte die deutsche Nationalmannschaft damals in eine vorübergehende Depression. Es war eine der spektakulärsten Aufholjagden der Fußballgeschichte.

Dem VfB Stuttgart wäre am Samstag beinahe eine der spektakulärsten Aufholjagden der DFB-Pokalgeschichte geglückt. Die Schwaben wandelten gegen den FC Bayern München am Rande der Demontage, lagen 0:3 zurück. Mit der Tendenz zu einer ausufernden Klatsche.

Leidenschaftlicher VfB

Jupp Heynckes grüßte zu diesem Zeitpunkt schon huldigend in die Kurve, dabei waren noch mehr als 25 Minuten zu spielen. Pokalsieg. Triple. Beste Saison aller Zeiten. Die Super-Bayern waren schon mittendrin im Feiermodus, als sich der VfB erdreistete, die letzten Minuten der Spielzeit in eine spannende Angelegenheit zu verwandeln.

Abgesehen von dem Loch, in das die Schwaben im Mitteldrittel der Partie fielen, hatte der VfB seine in dieser Saison oftmals bräsige Art offenbar zu Hause in Stuttgart gelassen und spielte einen beherzten, leidenschaftlichen Stil. Vermutlich war es - abgesehen von den zu vielen Fehlern in der Defensive - im Gesamtpaket das beste Spiel der gesamten Saison.

Viele Lichtblicke

Angestachelt von Karl-Heinz Rummenigges flapsigen Worten vor Wochenfrist verbiss sich der VfB in die Partie. "Ich empfand die Aussagen als respektlos, so etwas geht nicht. Deshalb wollten wir zeigen, dass wir mehr sind als nur Kanonenfutter", sagt Torhüter Sven Ulreich.

Serdar Tasci, der die Wochen davor kaum gespielt hatte, blockte ein Zuspiel nach dem anderen im Stuttgarter Strafraum ab, Martin Harnik lief so viel und intensiv wie nie zuvor, Alexandru Maxim nutzte die erste ganz große Bühne seiner Karriere für ein paar wirklich auffällige Aktionen.

Dabei hätte sich der VfB eigentlich jeglichen Aufwand sparen können. Die Bayern waren in dieser Saison einfach gefeit gegen alles, was die Gegner so aufbieten konnten. Dazu wies die Statistik aus, dass die Münchener bei 18 Finalteilnahmen schon 15-mal als Sieger aus dem Spiel gingen. Und dann war da ja noch Mario Gomez.

Gomez' unfassbare Quote

Als die Aufstellungen rund eine Stunde vor Anpfiff durchsickerten, schwante dem VfB schon Böses. Gomez hatte in den letzten sieben Pflichtspielen gegen seinen Ex-Klub neun Tore erzielt.

"Ich hatte schon am Montag den Plan, Gomez von Anfang an zu bringen, habe die Spieler beobachtet und das Gefühl, dass Mario sehr gut motiviert war. Ich kenne ja auch seine Torquote gegen den VfB", erklärte Heynckes seine Entscheidung.

Der Stuttgart-Schreck von der schwäbischen Alb schraubte seine Quote dann auch mit einem Doppelpack weiter nach oben und wurde sogar noch Torschützenkönig der Pokal-Saison. Sechs Tore bei nur 134 Minuten Einsatzzeit, rund alle 22 Minuten ein Treffer, sind ein wahnsinniger Wert. "Er hat uns heute den Pokal geschenkt", sagte Sportvorstand Matthias Sammer.

Gomez macht sich aus dem Staub

Vielleicht war es Gomez' letztes Spiel im Dress der Münchener. Sein Vertrag wurde erst letztes Jahr bis 2016 verlängert, Sammer geht fest davon aus, auch in die kommende Saison mit Gomez zu gehen. "Marios Berater hat sich bei uns gemeldet und mitgeteilt, dass er sich wohlfühlt. Er hat einen Vertrag und keine der Seiten hat je geäußert, dass man dies ändern möchte."

Der Matchwinner selbst wurde nach dem Spiel von den Journalisten fast schon sehnsüchtig erwartet, verließ das Olympiastadion aber durch den Seitenausgang. Die Spekulationen um seine Zukunft dürften also weitergehen.

Heynckes gönnt sich noch einen großen Auftritt

Ebenso wie die um Heynckes' nächsten Ziele. Auf der Pressekonferenz lobte er fast jeden einzelnen Spieler seines Kaders, die Lobhudelei nahm schnell die Form einer eindringlichen Abschiedsrede an. Die Bayern wollen ihn unbedingt im Verein halten. Heynckes aber, der vor der Partie angekündigt hatte, bei guter Laune Auskunft über seine Zukunft zu geben, lässt den Klub weiter zappeln.

Stattdessen gönnt er sich am Dienstag noch einen letzten großen Auftritt, wenn er an der Säbener Straße bei einer extra angesetzten Pressekonferenz das Geheimnis endlich lüften will. Bis dahin reicht die Spannweite der Spekulationen weiter von Vorruhestand bis Trainer bei Real Madrid.

Der 200. Sieg im 312. Pflichtspiel als Bayern-Trainer zum Triple-Gewinn hebt Heynckes in München fast in den Stand eines Heiligen. Da ist es nur eine Randnotiz, dass er nach Ludwig Janda, Aki Schmidt und Thomas Schaaf erst der vierte Deutsche ist, der als Spieler und als Trainer den DFB-Pokal gewonnen hat.

"Das sind sehr emotionale Momente für mich. Die Mannschaft hat sich und mir ein Super-Geschenk gemacht. Das Triple ist einzigartig. Das hat es in der Bundesliga noch nie gegeben. Entscheidend war der Teamgeist, dass die Spieler zusammenstehen und sich unterstützen", sagte Heynckes, der mit seiner Mannschaft auf und neben dem Platz zu einer Einheit verschmolzen ist.

Vier Wettbewerbe, vier Titel

Auf tiefgründige Analysen der Partie verzichteten alle Beteiligten dankend. Wie das Spiel gelaufen ist, sei ihm scheißegal, sagte Thomas Müller. Arjen Robben bediente sich aus dem Satzbaukasten der Vorwoche, ersetzte Champions League durch DFB-Pokal und formulierte dieselben Aussagen wie die von London nochmal.

Nur einmal wurde der Niederländer bei aller Heiterkeit noch ein wenig nachdenklich. "Ich glaube, wir haben es verdient. Ich habe alles gegeben für diese Jungs, aber die Pfiffe zu Saisonbeginn habe ich nicht vergessen."

Dann verschwanden die Bayern in die Nacht. David Alaba war der Letzte, der das Olympiastadion verließ. Auf dem Bankett in der Dependance des Hauptsponsors durften die Spieler dann endlich allen Ballast der letzten Wochen fallen lassen.

"Alle haben jetzt Partylust, wir starten jetzt Feuer frei. Wir geben Vollgas bis zum Abwinken", rief Rummenigge die Vorgabe für die Nacht und den anstehenden Sonntag durch den Saal. Neben ihm hatten die Münchener die errungenen Pokale drapiert. Die Meisterschale, den DFB-Pokal, den Henkelpott - und auch den gerne vernachlässigten Supercup.

Den hatten die Bayern ganz zu Beginn dieser Saison der Superlative gewonnen, gegen Borussia Dortmund. Es war der Auftakt zur Mission Triple. Die streng genommen sogar zur Mission Quadruple wurde.

FC Bayern - VfB Stuttgart: Daten zum Spiel