"Das ist doch alles Schwachsinn!"

Von Interview.Daniel Reimann
Für den Österreicher Peter Pacult ist RB Leipzig bereits die fünfte Trainerstation
© Imago

Nach erfolgreichen Jahren endete im April die Ehe zwischen Peter Pacult und Rapid Wien. Inzwischen trainiert der Österreicher den Viertligisten RB Leipzig - und freut sich vor dem Pokal-Duell mit dem VfL Wolfsburg (Freitag, 20.15 im LIVE-TICKER) auf ein "tolles Erlebnis". Bei SPOX spricht Pacult über Vergleiche mit Felix Magath, den inflationären Gebrauch des Wortes "Druck" und eine mögliche Rückkehr zu 1860 München.

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SPOX: Herr Pacult, der noch so junge Verein RB Leipzig steht vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?

Peter Pacult: Das Spiel gegen Wolfsburg wird ein tolles Erlebnis, selbst für die zahlreichen Ex-Bundesliga-Spieler im Kader. Wir haben uns bestens auf die Saison vorbereitet und wollen uns gegen den VfL so gut wie möglich verkaufen!

SPOX: Ihr Gegenüber Felix Magath war auch schon bei Leipzig im Gespräch. Sind Sie als Trainertypen vergleichbar?

Pacult: Zumindest kann ich mich mit Felix Magath gut identifizieren. Es gefällt mir, wie klar er Dinge anspricht, das mache ich ähnlich. Er geht seinen Weg so, wie er es für richtig hält und lässt sich dabei durch nichts beirren. Bei mir war das nie anders.

SPOX: Am Freitag treffen auch zwei durchaus ähnliche Vereine aufeinander. Hinter beiden steht ein zentraler, großer Konzern, der fleißig investiert...

Pacult: Dieses Theater um den Sponsor kann ich schon gar nicht mehr hören! Warum wird denn bitte solch ein großer Aufstand gemacht, nur weil hinter Leipzig mit Red Bull ein großer Konzern steht? Die anderen Vereine haben genauso Sponsoren, das ist genauso Kommerz! Weshalb man da plötzlich so sehr differenziert, kann ich nicht nachvollziehen.

SPOX: Neben dem Sponsor hat in Wolfsburg vor allem Magath viel Macht inne.

Pacult: Na und? Wenn ihm der Arbeitgeber solche Kompetenzen einräumt, wird er dafür gute Gründe haben. Schließlich sind wir Trainer auch immer die ersten, die kritisiert werden.

SPOX: Stört es Sie, dass der Begriff "Alleinherrscher" auch schon mit Ihrer Position in Leipzig in Verbindung gebracht wurde?

Pacult: Das ist doch alles Schwachsinn! Mit solchen Begriffen kann ich überhaupt nichts anfangen. Ich bin kein Alleinherrscher. Jeder Trainer hat bestimmte Vorgaben vom Arbeitgeber. Trotzdem übernehme ich in Leipzig sehr viel Verantwortung.

SPOX: ... mit der Sie gut umgehen können, oder? Sie sagten bei Rapid Wien einmal: "Druck spüre ich nur, wenn ich auf Toilette gehe."

Pacult: Man darf diesen Satz nicht generalisieren. Den habe ich so gesagt, weil ich das Wort Druck nicht mehr hören konnte. Jeder hat doch heutzutage Leistungsdruck, in jedem Beruf. Aber im Fußball heißt es immer nur: "Wir haben Druck! Wir haben Druck! Druck Druck Druck!" Den Schwachsinn kann ich nicht mehr hören. Den Druck haben wir im Fußball genauso wie ein Koch im Restaurant oder ein Autoverkäufer.

SPOX: Fällt es Ihnen trotzdem leichter als anderen, mit dem - Verzeihung, ich sage es nochmal - Druck umzugehen?

Pacult: Diesen Job mache ich für mein Leben gerne. Druck gehört nunmal einfach dazu.

SPOX: In Leipzig gibt es jede Menge Gestaltungspotenzial für den Trainer. War das der entscheidende Anreiz?

Pacult: Ja, das ist schon ein ganz besonderer Kick und ein großer Anreiz, wenn man bedenkt, dass wir noch drei Ligen durchschreiten wollen.

SPOX: Es ist erst vier Monate her, dass Sie in Wien wegen eines "massiven Vertrauensbruchs" entlassen wurden, zum Abschied gab es reichlich Negativ-Schlagzeilen. Kein schöner Ausklang einer eigentlich erfolgreichen Zeit.

Pacult: So ist es nun einmal gekommen. Bei Felix Magath war das doch genauso: Von Schalker Seite wurde ihm auch einiges nachgeworfen. Aber kaum einer betont, was er in Wirklichkeit geleistet hat. Und auch für mich gilt: Es war eine schöne Zeit bei Rapid, aber die ist jetzt vorbei. Das Leben geht weiter und man sucht sich einen neuen Job. Bei Red Bull habe ich eine wunderschöne neue Aufgabe.

SPOX: Auch Ihr Verhältnis zum eigenen Anhang war in Wien nicht immer völlig harmonisch. Wie empfanden Sie die Tatsache, manche der eigenen Fans gegen sich zu haben?

Pacult: Nehmen wir doch das Beispiel Manuel Neuer: Man darf doch nicht ein paar Prozent der Fans mit dem Rest gleichstellen! In fünf Jahren bei Rapid wurde ich viermal von den Fans zu Österreichs Trainer des Jahres gewählt, also können nicht alle gegen mich gewesen sein. Natürlich gab es manche, die mit mir und mit dem, was ich gemacht habe, nicht einverstanden waren. Aber das ist nichts anderes als bei Manuel Neuer. Diese Fans werden sich auch nicht ändern. Ein Problem hatte ich damit allerdings nie.

SPOX: Bei Leipzig werden Sie nun mit dem Image des ultimativen Retortenklubs konfrontiert.

Pacult: Es ist nunmal ein junger Klub. In diesem Zusammenhang wird gerne so getan, als gäbe es alle anderen Vereine schon seit Ewigkeiten. Irgendwann wurde jeder Verein gegründet. Auch wenn es uns erst seit zwei Jahren gibt, wollen wir uns hocharbeiten.

SPOX: Hoffenheim hat's vorgemacht - kann 1899 zur Orientierung dienen?

Pacult: Red Bull orientiert sich an niemandem, Red Bull geht seinen eigenen Weg! Wir haben eine eigene Philosophie, da brauchen wir nicht auf andere schauen.

SPOX: Wie stark empfinden Sie den Schnitt, den Sie als Trainer vorgenommen haben? Von der Europa League ging's runter in die vierte Liga.

Pacult: Natürlich gibt es einen erheblichen Unterschied, was die sportliche Qualität betrifft. Aber es war von vornherein klar, dass ich in dieser Hinsicht Abstriche machen muss. RB Leipzig ist noch jung. Ein anderes Kaliber, mit anderen Prioritäten. Und ich versuche, damit so positiv wie möglich umzugehen. Ich finde es toll, eine Mannschaft weiterzuentwickeln. Junge Spieler herausbringen und sie zu formen, das ist eine schöne Herausforderung.

SPOX: Eine schwere Herausforderung hatte auch Ihr Ex-Klub 1860 München wieder einmal zu meistern: Die Löwen wurden vor wenigen Monaten wieder einmal vor der Insolvenz gerettet.

Pacult: Der Klub wurde ja schon 2006 gerettet, als der FC Bayern den Löwen Anteile an der Arena abgekauft hat. Andernfalls hätte 1860 wohl Insolvenz anmelden müssen und ich wäre damals mit Dynamo Dresden in der 2. Liga geblieben. 1860 hatte Glück, dass ihnen Bayern damals aus der Krise herausgeholfen hat.

SPOX: Bei den zahlreichen Trainerwechseln der Löwen wurde zwischenzeitlich auch Ihr Name gehandelt. Gab es konkrete Anfragen?

Pacult: Ich stand sogar ganz kurz vor einer Rückkehr zu 1860. Mehr will ich aber nicht verraten.

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