"Eine maximal fünfprozentige Chance"

Von Interview: Anant Agarwala
Mike Büskens holte als Spieler mit Schalke 04 1997 den UEFA-Pokal gegen Inter Mailand
© Getty

Mit Schalke gewann Mike Büskens in der vergangenen Saison in München, mit Fürth will er es dem Vorgängerverein Vestenbergsgreuth nun nachmachen - und die Bayern aus dem Pokal kegeln (18.45 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky). Büskens über Franck Ribery und Arjen Robben, die Perspektiven in Fürth und seinen Ex-Kollegen Youri Mulder.

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SPOX: Herr Büskens, heute geht es gegen die Bayern, die seit Wochen in überragender Form sind. Wie kann man sich eine Ansprache vor so einem Spiel vorstellen?

Mike Büskens: Dass wir in einer klaren Außenseiterrolle sind, ist klar. Wir nehmen diese Rolle an. Ich denke, viele Mannschaften in Deutschland beneiden uns um dieses Spiel. Wir haben die Gelegenheit, uns zu präsentieren. Wir haben dieses Kräftemessen gegen den Rekordmeister, auch wenn es ungleich ist. Das ist für die Spieler eine Sache, die sie genießen sollen.

SPOX: Schon eine Idee, wie Sie die Flügelzange Robben/Ribery stoppen?

Mike Büskens: Jeder weiß, dass diese Leute absolute Weltklasse sind. Robben war schon bei Chelsea und Real weltklasse und setzt das in München fort. Und Ribery durften wir ja auch schon länger in der Bundesliga genießen. Diese Weltklasseprofis sind eingebettet in ein Team mit weiteren Spielern der Welt- oder Extraklasse. Das wird nicht einfach. Wenn man sich vor Augen führt, dass Riberys Marktwert 65 Millionen beträgt und das mit dem Transferwert unserer kompletten Mannschaft vergleicht, weiß man, wie die Rollen verteilt sind.

SPOX: 1994 gelang dem Vorgängerverein Vestenbergsgreuth schon einmal eine Sensation gegen Bayern, Sie als Trainer haben letzte Saison in München gewonnen. Sind das Dinge, an die Sie die Mannschaft erinnern?

Mike Büskens: Dass ich dort als Trainer gewonnen habe, werde ich sicher nicht erwähnen. Wir sind krasser Außenseiter, aber es ist Pokal. Wir haben eine maximal fünfprozentige Chance. Und die würden wir, wenn die Bayern es zulassen, gerne nutzen. Dafür werden wir alles geben und dann am Ende des Abends sehen, ob es gereicht hat. Wenn nicht, geht für uns in Fürth die Welt auch nicht unter.

SPOX: Denn das Tagesgeschäft bleibt die 2. Liga. Ihr Start ist geglückt. Nach vier Spielen stehen Sie bei drei Siegen. Vor allem die Defensive steht deutlich stabiler. Wie haben Sie das Problem so schnell in den Griff bekommen?

Mike Büskens: Ich denke, man sollte keinen Vergleich starten. Wichtig war, dass wir in den ersten Spielen sehr kompakt aufgetreten sind. Die gesamte Mannschaft hat dafür gesorgt, indem sich alle gegenseitig unterstützt haben.

SPOX: Aber im Training haben Sie sicherlich verstärkt an der Defensive gearbeitet...

Mike Büskens: Ja, natürlich legt man in diversen Trainingsformen besonderen Wert drauf, wie in welchen Zonen verteidigt wird. Das hat bisher gut geklappt. Aber, wie hat Xavier Naidoo gesagt, ‚dieser Weg wird noch ein weiter sein' - und den wollen wir gehen.

SPOX: Als Spieler waren Sie ein Kämpfertyp, Fürth war in den letzten Jahren eher für gepflegtes Kurzpassspiel bekannt. Wie lässt sich Ihre Spielphilosophie als Trainer beschreiben?

Mike Büskens: Grundsätzlich möchte ich Spiele gewinnen. Alles Weitere ist immer abhängig von den Spielern und der Situation. So habe ich es als Amateur- und Interimstrainer auf Schalke gehalten und so halte ich es auch jetzt in Fürth. Das klappt im Moment ganz ordentlich.

SPOX: Tabellarisch schwebt Fürth nun etwas im luftleeren Raum. Sie haben sich von der Abstiegszone distanziert, aber nach oben geht auch nicht mehr viel. Welches Saisonziel haben Sie?

Mike Büskens: Das ist ja eigentlich der Wahnsinn. Vor ein paar Wochen musste man sich damit auseinandersetzen, vielleicht auf den Relegationsplatz abzurutschen. Und jetzt sprechen wir vom luftleeren Raum. Ich sehe das eher so: Wir wollen uns weiterentwickeln und wir haben junge, hoffnungsvolle Talente in unseren Reihen. Bei uns geht es daher um die Entwicklung des Einzelnen und damit auch der gesamten Mannschaft. Aber wir sind nicht so blauäugig und sagen, dass wir mit unten gar nichts mehr zu tun haben. Wir haben gesehen, dass man ganz schnell unten rein rutschen kann. Ziel bleibt ein einstelliger Tabellenplatz.

SPOX: Fürth gilt als "unaufsteigbar". Wie bewerten Sie die Gesamtkonstellation in Fürth, die finanziellen Engpässe, die Situation als Ausbildungsverein?

Mike Büskens: Wenn man alles zynisch sehen möchte, spricht man von den "Unaufsteigbaren" - aber das wird Fürth nicht gerecht. Man muss sehen, was hier seit Jahren für eine Arbeit geleistet wird. Das ist perfekt! Wir können nicht auf den Fundus zurückgreifen, dass wir eine neue, moderne Fußballarena mit einem Zuschauerschnitt von 15.000 bis 20.000 haben. Wir haben nicht die potenten Geldgeber in der Hinterhand, die nur darauf warten, unsere Träume zu erfüllen. Wir müssen uns alles hart erarbeiten und einen Schritt schneller sein als die Konkurrenz.

SPOX: Die gute Ausbildung junger Spieler für den Weiterverkauf in die Bundesliga - bleibt das auch in Zukunft der Fürther Weg?

Mike Büskens: Ist es ein Makel, junge Spieler an die Bundesliga heranzuführen? Ich meine, es ist eher eine Auszeichnung und auch ein Anreiz für junge Spieler, zu uns zu kommen, weil sie hier eine Perspektive haben, sich in die erste Liga zu kicken. Ich denke schon, dass das auch für die kommenden Jahre ein wichtiger Faktor bleiben wird. Es sei denn, wir gewinnen in der spanischen Weihnachtslotterie oder bekommen einen Sponsor mit dem Namen Abramowitsch oder, oder, oder...

SPOX: Auch unter Ihnen haben einige junge Spieler in den letzten Spielen hervorragende Leistungen gezeigt: Müller, Nöthe, Nehrig, Allagui...Trauen Sie diesen Spielern schon kurzfristig eine Bundesligakarriere zu?

Mike Büskens: Ich werde mich nicht auf einzelne Spieler konzentrieren, da es ihnen nicht hilft, wenn man sie persönlich benennt. Aber es ist schon so, dass der ein oder andere kurz- oder mittelfristig in der Bundesliga aufschlagen kann. Sie sollen sich hier in Ruhe entwickeln können, um dann für den nächsten Schritt - hoffentlich mit Fürth - bereit zu sein.

SPOX: Zuletzt war Fürth mit Bruno Labbadia auch für einen jungen Trainer ein Sprungbrett in die erste Liga. War das bei Ihrer Entscheidung pro Fürth auch ein Faktor?

Mike Büskens: Nein, für mich zählte nur die solide Aufstellung des Vereins, der sich auch das Familiäre bewahrt hat. Und natürlich die gute Arbeit, die hier geleistet wird. Das waren für mich die Gründe, nach 17 Jahren Gelsenkirchen zu verlassen.

SPOX: Vor Ihrem Engagement in Fürth waren Sie auch schon in Aachen und Bochum im Gespräch. Hat es konkrete Verhandlungen gegeben?

Mike Büskens: Es gab schon Interesse von dem ein oder anderen Verein. Ich denke, dass wir in der zweimaligen Interimsphase einen vernünftigen Job gemacht haben und das auch wahrgenommen wurde. Aber der Zeitpunkt war nie so gegeben, dass man sagen konnte ‚Okay, ich hab die 17 Jahre auf Schalke verarbeitet und fokussiere mich auf einen neuen Verein'. Es hat Zeit gebraucht, den Kopf freizubekommen.

SPOX: Auf Schalke waren Sie als Trainer immer auch mit dem Namen Youri Mulder verknüpft. Gibt es Pläne, das alte Team wieder zusammenzubringen?

Mike Büskens: Nein. Ich bin in Fürth auf Strukturen getroffen, die seit Jahren Bestand haben und in denen loyale, hochwertige Arbeit abgeliefert wird. Von daher ist das nicht geplant. Youri hat außerdem einen Job beim niederländischen Fernsehen und mit der WM im Sommer ein Event vor der Brust, der sicher nicht schlecht ist.

SPOX: Nach Ihrem Aus auf Schalke hatten Sie unter anderem bei Jupp Heynckes hospitiert.

Mike Büskens: Ja, ich habe eine Woche lang ein klein wenig das System Heynckes kennenlernen dürfen. Ich war auch in Istanbul bei Christoph Daum. Beide haben mir sehr gute Einblicke in ihre tägliche Arbeit gegeben. Es ist immer wieder hilfreich von so großen und bedeutenden Trainern lernen zu dürfen.

SPOX: Können Sie konkret benennen, was sie mitgenommen haben?

Mike Büskens: Der Fußball ist heutzutage gläsern, daher bestehen bei den Trainingsinhalten keine großen Unterschiede mehr. Klar, der eine legt mehr Wert auf den spielerischen, der andere auf den konditionellen Teil. Aber für mich war es wichtig zu sehen, wie diese erfahrenen und erfolgreichen Trainer mit ihrer Mannschaft umgehen.

Der Kader von Greuther Fürth im Überblick