Bungert: "Wir sollten uns alle hinterfragen"

SID
Ein Sinnbild für die Mainzer Gemütslage - Dragan Bogavac nach dem Abpfiff in Lübeck
© Getty

Mit knappen, vorformulierten Sätzen beantwortete Jörn Andersen sichtlich genervt die Fragen nach dem Spiel. Selbst ein defektes Mikrofon provozierte den Unmut des Trainers, der sich immer wieder kopfschüttelnd abwandte.

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Hinter dem Frust steckte die bislang größte Enttäuschung des Norwegers in seiner einjährigen Amtszeit beim Bundesliga-Aufsteiger FSV Mainz 05: das blamable Erstrunden-Aus im DFB-Pokal durch eine 1:2-Niederlage nach Verlängerung beim Viertligisten VfB Lübeck.

"Das habe ich mir ganz anders vorgestellt, deshalb bin ich wirklich sehr enttäuscht", erklärte Andersen, der das erste Pflichtspiel eine Woche vor dem Bundesligastart zum Charaktertest für seine Mannschaft erhoben hatte.

"Genügend Qualität auf dem Platz"

So ließ der Coach denn auch das verletzungsbedingte Fehlen eines halben Dutzend Stammspieler nicht als Ausrede zu: "Wir hatten eigentlich genügend Qualität auf dem Platz, um dieses Spiel zu gewinnen, aber bis auf die erste Halbzeit haben wir davon nicht viel gezeigt."

Die trügerische Sicherheit der 1:0-Führung nach 19 Minuten durch einen Treffer von Niko Bungert schien die Mainzer eher zu lähmen, statt zu beflügeln. "Plötzlich haben wir aufgehört, Fußball zu spielen", meinte Andersen. Die Folge waren immer weniger eigene Chancen des Favoriten und ein immer stärker werdender Außenseiter.

Fehler schleichen sein ein

"Wir haben zunehmend Fehler in der Vorwärtsbewegung gemacht und dabei hinten die Balance verloren", so der 46-Jährige. Während der Ausgleich nach einer tollen Einzelleistung des eingewechselten Nico Schrum noch eher ein Zufallsprodukt war, wurde der Druck des Regionalligisten danach stetig größer.

"Ich hätte auch nach dem 1:1 eigentlich erwartet, dass wir das Spiel mit Routine erfolgreich über die Bühne bringen", meinte Andersen. Doch stattdessen erhöhte der VfB in der Verlängerung das Tempo und kam völlig verdient durch Jakob Sachs zum Siegtreffer (95.).

Weit hinter den eigenen Ansprüchen

'Wir sollten uns alle mal hinterfragen, wie das passieren konnte. Wir sind unseren eigenen Ansprüchen weit hinterhergelaufen", sagte Torschütze Bungert.

Mit Blick auf das erste Ligaspiel bei Bayer Leverkusen am kommenden Samstag habe man einen herben Rückschlag erlitten, räumte der Abwehrspieler ein: "Eigentlich hatten wir auf einen positiven Schub aus diesem Spiel gehofft, jetzt müssen wir stattdessen erstmal eine herbe Enttäuschung verarbeiten."

Wunder gibt es immer wieder

Ganz anders war natürlich die Stimmungslage bei den Lübeckern. Während aus den Stadion-Lautsprechern das Lied "Wunder gibt es immer wieder" erklang, feierten die Spieler mit den knapp 8000 Fans auf der Lohmühle ausgelassen einen der größten Erfolge der vergangenen Jahre.

"Nach den ersten 45 Minuten, in denen unser Respekt einfach noch zu groß war, haben wir uns in die Augen geschaut und gesagt, dass wir zu viel in dieses Spiel investiert haben, um uns kampflos geschlagen zu geben", sagte Trainer Peter Schubert zu den Gesprächen in der Halbzeitpause.

Nun am liebsten gegen die Bayern

Das Einschwören zeigte Wirkung: "Den Sieg haben wir uns verdient. Nach dem 1:1 haben wir Blut geleckt", sagte Mittelfeldregisseur Rolf Martin Landerl. Und auch Schubert zeigte sich von seinem Team beeindruckt.

"Die Mannschaft hat alles aus sich herausgeholt und ist auch nach 120 Minuten nicht eingebrochen", so der Coach, der schon einem seinen größten Wunsch für die zweite Pokalrunde formulierte: "Am liebsten hätten wir als nächstes den FC Bayern hier - das wäre ein Traum."

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