Löw irritiert Sammers Kritik am Fanfest

SID
em 2008, berlin, fanfest
© Getty

Wiesbaden - Am Mittwoch kritisierte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer bei einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des Internationalen Trainerkongresses in Wiesbaden den Auftritt der deutschen Nationalmannschaft einen Tag nach dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien auf der Berliner Fanmeile.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Für die Fans und das äußere Erscheinungsbild sei die Feier sicher wichtig gewesen. "Ich persönlich habe aber ein Problem damit", sagte der schon als Spieler für seinen besonderen Ehrgeiz bekannte Sammer.

"Ich finde es nicht richtig, dass Spieler in ein EM-Finale gehen, das Endspiel verlieren, und sich dann auf der Berliner Fanmeile feiern lassen, als hätten sie das Spiel gewonnen", so Sammer weiter.

Gegenüber der "Bild" sagte er: "Es war richtig, sich bei den Fans zu bedanken. Aber ich habe Bauchschmerzen, wenn wir uns für eine sportliche Niederlage feiern lassen."

Löw irritiert die Kritik

Diese Kritik kontert nun Bundestrainer Joachim Löw, der davon überzeugt ist, dass "die Spieler auch in ihrer Vorbildfunktion gegenüber den Jugendspielern ganz wichtige positive Signale gesetzt haben".

Für Löw war der Auftritt "keine Siegesfeier, sondern nur das Dankeschön an unsere Fans. Diese Fans haben uns über mehr als drei Wochen unterstützt und es ist für uns als Team eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns dafür bedanken", sagte er zur "Bild".

Und: "Dieser Dank wurde nicht durch irgendwelche Lippenbekenntnisse ausgedrückt, sondern durch die Tatsache, dass die Spieler nach 45 Tagen, die sie gemeinsam unterwegs waren, nicht direkt in den Urlaub gefahren sind, sondern absolut freiwillig entschieden haben, sich den Fans zu präsentieren und sich zu bedanken. Insofern können wir stolz sein auf die Veranstaltung in Berlin."

Lahm unterstützt Löw

Unterstützung bekommt der Bundestrainer von Philipp Lahm, der die Veranstaltung in Berlin als "schönen Ausklang einer EM oder WM - egal ob mit Titel oder ohne" sieht.

"Wir gehen da nicht hin, um uns selbst feiern zu lassen, sondern es ist lediglich ein großes Dankeschön von uns Spielern an die Fans", so der Münchner weiter.

Wolfsburg-Coach Felix Magath bringt es auf den Punkt: "Die deutsche Mannschaft wurde ja nicht für die Niederlage gegen Spanien gefeiert sondern für die Leistung bei der gesamten EM", meinte er in der "Bild".

Kein Angriff auf Bierhoff

Sammer geht es bei seiner Kritik auch keinesfalls darum, dass Team-Manager Oliver Bierhoff die Feier organisiert hat. Für ihn steht die Vorbild-Funktion im Vordergrund. Er habe bei der U19-EM bemerkt, "dass diese Feier einige Spieler irritiert hat. Wir predigen im Nachwuchs-Bereich absolute Sieger-Mentalität." 

Zudem hat Sammer mit einem leidenschaftlichen Appell für die so genannten "deutschen Tugenden" wie Kampf, Ehrgeiz und Disziplin den deutschen Nachwuchs zu weiteren Anstrengungen aufgefordert.

"Trotz der jüngsten Erfolge: Wir stehen noch am Anfang und haben noch sehr viel Nachholbedarf", sagte Sammer. Am vergangenen Wochenende hatte die deutsche U 19-Nationalmannschaft unter Trainer Horst Hrubesch erstmals seit 1992 wieder einen Nachwuchstitel für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gewonnen.

Kritik an Kompetenzteams

Sammer erklärte vor den rund 1000 anwesenden Fußballlehrern, der DFB sei in der Ausbildung für alle Einflüsse offen. "Wir dürfen unsere Mentalität aber nicht vergessen und müssen unsere eigene Identität wahren", sagte der Europameister von 1996. "Solange ich da bin, werden wir unsere Wurzeln nicht vergessen", erklärte Sammer.

Der ehemalige Freiburger Trainer Volker Finke kritisierte dagegen die zum Teil aufgeblähten Kompetenzteams in den Vereinen. "Es ist absolut notwendig, dass sich ein Trainer mit Spezialisten umgibt. Wir müssen aber aufpassen, dass das Ganze nicht zur Mogelpackung wird und der Inhalt auf der Strecke bleibt", sagte Finke.

Auch Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick warnte davor, das Spezialistentum als Allheilmittel zu sehen. "Es ist wichtig, dass wir die Leute an unserer Seite haben. Wir als Cheftrainer müssen aber über alles Bescheid wissen und am Ende die Verantwortung haben", sagte der Coach der Bundesligaaufsteigers.