Bayern braucht ein System

Von Stefan Rommel
Ribery, Kroos, Bayern
© Imago

München - Oft finden sich ja nach einem Fußballspiel wenige Anhaltspunkte für spektakulär neue Erkenntnisse.

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An diesem milden Februarabend, draußen in Fröttmaning, war das diesmal aber ein klein wenig anders.

Gut, die Allianz Arena sah am Ende nach 120 zum Teil nervenaufreibenden Minuten den erwarteten Sieger. Aber sie sah auch 69.000 Fans, die in der Lage sind, ordentlich Stimmung zu machen.

Sie sah das erste Derby mit Pflichtspielcharakter und rote und blaue Bengalos in ihrem noch jungen Leben.

Und hetzende Sportdirektoren und Co-Trainer und einen Ottmar Hitzfeld, der öfter von seiner Sitzschale aufgesprungen war, als sonst in einer halben Saison zusammen.

Erkenntnis der Analyse

Wenn sich aber heute der Trainerstab der Bayern nach dem Auslaufen in die Büros an der Säbener Straße zurückziehen, um die Partie zu analysieren, sollte schnell eine Erkenntnis reifen.

"In der ersten Halbzeit haben wir wenig druckvoll gespielt. In der zweiten war das dann besser, aber da haben wir dann die Tore nicht gemacht", hatte Manager Uli Hoeneß nach der Partie richtig erkannt.

Dass die viel bessere zweite Halbzeit im direkten Zusammenhang mit der Einwechslung von Franck Ribery stand, verschwieg Hoeneß. Es wusste schließlich eh schon jeder.

Hitzfeld spickt bei Kurz

Ribery rein, Bayern gut. Eine knappe Zusammenfassung, die der Wahrheit aber nur zum Teil gerecht wird. Hitzfeld stellte um, opferte seinen zweiten Stürmer und zog den bis dato in der Spitze spielenden Lukas Podolski ins rechte Mittelfeld. Links spielte schließlich schon Ribery.

Toni Kroos, in der ersten Hälfte im linken Mittelfeld mit seinen Fähigkeiten beinahe verschenkt, rückte endlich ins Zentrum und bot den Ballschleppern Mark van Bommel und Ze Roberto die benötigte erste Anspielstation.

Aus dem klassischen, aber auch völlig statischen 4-4-2 machte Hitzfeld ein 4-2-3-1. Gespickt hatte er dabei offenbar beim Gegner.

Keine spielerischen Lösungen 

Marco Kurz ließ seine Löwen exakt in jenen 4-2-3-1 spielen, das den Bayern bei deren Ballbesitz jegliche Luft zum Atmen nahm.

"Marco hat seine Mannschaft gut eingestellt. Sie waren sehr gut organisiert, haben sehr gut den Ball laufen lassen", zollte Hitzfeld seinem Gegenüber Marco Kurz Anerkennung.

Die Folge waren unzählige lange Schläge nach vorne, vornehmlich vom zappeligen Lucio. Die beiden Außenverteidiger Philipp Lahm und Willy Sagnol wurden bereits an der Mittellinie in Empfang genommen und drangen nicht ein einziges Mal bis zur Grundlinie vor.

Bayerns Spiel war arm an Witz und Esprit, spielerische Lösungen sahen die 69.000 nur rudimentär.

System wie zu Saisonbeginn

So war Hitzfelds Systemumstellung die richtige Idee. Warum er seine Überlegungen nach 18 Minuten aber wieder über den Haufen warf, bleibt sein Geheimnis. Die Bayern hatten die Aufteilung gefunden, die sie zu Beginn der Saison in eine angeblich andere Sphäre befördert hatte.

Damals auch nur mit einem Angreifer, Luca Toni oder Klose. Bayern war auf einmal druckvoll und dominant. Ribery und Kroos harmonierten prächtig, auch weil beide auf ihren Lieblingspositionen spielen durften und Podolski das Bauernopfer wurde.

Nach 64 Minuten war die Partie für Kroos dann aber plötzlich wieder beendet. Klose kam, die Bayern spielten weiter 4-3-2-1. Nur mit einem offensiveren Klose und dafür weniger Ideen aus dem Mittelfeld. Vom Angriffsschwung blieb somit nur noch wenig übrig.

Von da an war die einzige Anspielstation wieder Ribery, der sich an der linken Seitenlinie klebend aber immer zwei oder drei Löwen gegenüber sah und somit fast aus dem Spiel war.

Die Lösung: 4-2-3-1 mit Kroos

Zwar erarbeiteten sich die Roten auch danach noch einige gute Möglichkeiten, was aber eher den immer müder werdenden Löwen und der Tatsache geschuldet war, dass der ebenfalls eingewechselte Christian Lell in 45 Minuten über die rechte Seite mehr Dampf machte als Sagnol.

Was also werden Hitzfeld und Co-Trainer Michael Henke bei der Aufbereitung erkennen? Die Antwort kann nur lauften: Systemumstellung auf 4-2-3-1, mit Toni Kroos als zentrale Anspielstation im Zentrum hinter den Spitzen.

Seit Jahren fehlt den Bayern angeblich jener klassische Spielgestalter auf der Zehn. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit haben sie ihn bereits. Er spielt dort nur zu selten.

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