Hrubesch: "Achtes Weltwunder nicht geschafft"

Von Torsten Adams
Die deutsche U 20 kann mit dem Abschneiden bei der WM in Ägypten zufrieden sein
© Getty

Um Haaresbreite hat die deutsche U 20 den Einzug ins WM-Halbfinale verpasst. Doch die DFB-Youngster erreichten in Ägypten Unerwartetes und können stolz auf sich sein. Trainer Horst Hrubesch fühlt sich indes betrogen.

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Freud und Leid liegen bisweilen eng beieinander. Während die A-Nationalmannschaft in Moskau überschwänglich ihre Qualifikation für die WM 2010 in Südamerika feierte, kauerten die Kicker der U 20 wie ein Häufchen Elend auf dem Rasen des International Stadium in Kairo.

Die Schützlinge von Trainer Horst Hrubesch hatten soeben den Traum vom WM-Gold aufgeben müssen. Dabei stand die DFB-Elf nach der 1:0-Führung durch Lewis Holtby schon mit einem Bein im Halbfinale, ehe sich Turnierfavorit Brasilien in der 88. Minute in die Verlängerung rettete und am Ende gegen die ausgepumpten DFB-Junioren 2:1 gewann.

Hrubesch: Haben Sphinx und Pyramiden angeschaut

Am Sonntag versuchte Hrubesch, seine Spieler auf andere Gedanken zu bringen. "Wir sind rausgefahren und haben uns mal die Sphinx und die Pyramiden angeschaut", erzählte der 55-Jährige. "Die Jungs sollten wenigstens mal das siebte Weltwunder sehen, nachdem sie das achte leider nicht geschafft haben."

Auch ohne den Gizeh-Pyramiden, dem Koloss von Rhodos und dem Artemis-Tempel von Ephesos ein weiteres Wunder hinzuzufügen, heißt es für die DFB-Delegation also: Heimreise antreten. Allzu betrübt müssen die Spieler um Kapitän Florian Jungwirth allerdings nicht sein, denn sie haben bei ihrem Ägypten-Intermezzo Unerwartetes geleistet.

Deutsche U 20 leistete in Ägypten Unerwartetes

"Ich bin ich stolz auf meine Mannschaft, denn sie hat als Gruppe wunderbar zusammengearbeitet, sich in dieses Turnier hineingebissen und eine tolle WM gespielt", zollt Hrubesch seinen Mannen großes Lob.

Niemand hatte dem sogenannten Rumpfteam vor dem Turnier den Einzug ins Viertelfinale zugetraut, niemand hätte erwartet, dass Deutschlands C-Elf die "Wunderkinder" vom Zuckerhut an den Rand einer Niederlage bringen würde.

Egal ob Brasilien, Nigeria oder die USA: Niemand machte einen Hehl daraus, dass andere Nationen über die besseren Einzelspieler verfügten. Doch "Qualität heißt nicht zwangsläufig individuelle Qualität", sagte Hrubeschs Assistent Thomas Nörenberg.

Taktik, Charakter und Ehrlichkeit als Gründe für den Erfolg

Das Team wurde vom Trainergespann über das gesamte Turnier taktisch perfekt eingestellt. Es war auf den Punkt fokussiert. Kein DFB-Youngster war herausragend, aber jeder zeigte eine engagierte Leistung.

Stellvertretend für die von Hrubesch eingeimpfte taktische Disziplin steht das zentrale defensive Mittelfeld um Sven Bender und Patrick Funk, die den brasilianischen Ballkünstlern lange Zeit mit kämpferischer Entschlossenheit den Schneid abkauften.

Der Trainer selbst nennt zudem zwei weitere Gründe für den Erfolg: "Charakter und Ehrlichkeit, das sind zwei Tugenden, die ich im Lauf meines Lebens zu schätzen gelernt habe und die für mich einfach Grundlagen für eine gute Zusammenarbeit sind."

Hrubesch: "WM schon vorher weggenommen"

Diese Tugenden habe er schon bei seinen EM-Triumphen mit der U 19 und der U 21 in den Vordergrund gestellt. Dass Hrubesch nach den beiden EM-Titeln nun den nächsten Coup verpasste, stört den Ex-Nationalspieler nicht sonderlich: "Wenn uns vorher einer gesagt hätte, dass wir so ein Turnier spielen, hätten wir es nicht für möglich gehalten."

Der Glaube an den WM-Triumph wurde Hrubesch bereits in der Vorbereitung vermiest. "Die WM hat man mir ja schon im Vorfeld weggenommen", sagte er immer noch wütend, nachdem ihm vor allem wegen verweigerter Abstellungen 29 Spieler gefehlt hatten: "Da müssen sich einige fragen lassen, ob das so in Ordnung war."

Diese Kritik zielt offenbar auf den Weltverband FIFA. "Das lasse ich mal im Raum stehen", sagte Hrubesch: "Wer sich den Schuh anziehen will, kann ihn sich anziehen."

Schnellere Entwicklung bei großen Turnieren

Was das Team in der Bestformation mit Akteuren wie Thomas Müller, Holger Badstuber oder Toni Kroos hätte erreichen können, ist für Hrubesch klar. "Wenn wir zu unserer Mentalität auch noch mehr individuelle Klasse gehabt hätten, dann hätten wir hier Weltmeister werden können", sagte er.

Dennoch weint Hrubesch nicht den vermeintlichen Heilsbringern nach, sondern stellt die positive Entwicklung seiner Schützlinge  in den Vordergrund. Björn Kopplin, Florian Jungwirth oder Richard Sukuta-Pasu sind bei ihren Vereinen nicht die Hauptdarsteller und werden es mittelfristig auch nicht. "Aber man merkt schon, dass sie sich bei Turnieren wie der U-19-EM oder der Weltmeisterschaft hier in Ägypten schneller entwickeln", sagt Hrubesch.

Show must go on: Hrubesch übernimmt neue U 20

Für den Coach selbst bleibt nach zwei erfolgreichen Jahren nicht viel Zeit zum Durchschnaufen.

"Ich mache mich nun an die Arbeit mit der neuen U-20-Nationalmannschaft. Wir spielen die Internationale Spielrunde und versuchen, wieder Jungs Erfahrung auf höchstem Niveau zu geben und sie weiterzuentwickeln."

Auf ein Neues, Horst!

Das sagen die mySPOX-User:

Matzoe: Respekt an die Jungs, mit einem Rumpfkader soweit zu kommen.

1893addicted: Echt Schade, vor allem, da wir meiner Meinung nach in der regulären Spielzeit wirklich besser waren. Trotzdem toll gekämpft, fand das Spiel fast spannender wie das der A-Nationalmannschaft, hab mehr auf meinen kleinen TV geschaut, der neben dem großen stand.

Steven_Gerrard: Der DFB kann nichts dafür! Man kann nicht fordern, dass mehr junge Spieler aus der eigenen Nation in den Vereinen spielen sollen, und dann werden diese am Anfang der Saison für ein paar Spieltage fehlen? Das geht einfach nicht!

princeofbelair: Sehr schade! Aber auch das Viertelfinale ist ein weiteres, sehr gutes Ergebnis, bei den Umständen. Mit der deutschen Jugend geht es echt bergauf!

AnimusPax: Das muss sicherlich Horst Hrubesch ungemein anwidern und frustrieren, die Früchte einer wahnsinnig tollen Arbeit nicht ernten zu können. Dafür wird mit Sicherheit die N11 von Löw in Zukunft profitieren.

Der Spielplan der U-20-WM im Überblick