Kommentar zum DFB-Team nach Pleite in den Niederlanden: Nichts aus der WM gelernt

Joachim Löw (l.) und Mats Hummels stehen in der Kritik.
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Auch nach der Pleite in den Niederlanden lassen Teile des DFB-Teams Selbstkritik vermissen. Genau das könnte den Bundestrainer seinen Job kosten. Ein Kommentar von SPOX-Chefredakteur Martin Volkmar.

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Den Auftritt von Mats Hummels am Samstagabend kann man wohl als klassischen Fall der Vorwärtsverteidigung bezeichnen.

0:3 war die deutsche Nationalmannschaft gerade von den Niederländern vermöbelt worden, einem jungen, unerfahrenen Team, das sich zuletzt weder für die WM noch für die EM qualifizieren konnte.

108 Tage nach der schlechtesten Weltmeisterschaft in der langen Geschichte des DFB ein neuer Tiefpunkt. Fünf Niederlagen in einem Jahr bedeuten schon jetzt die schwächste Länderspielbilanz seit 1985.

DFB-Team: Berechtigte Zweifel an der tatsächlichen Qualität

Bei weiteren Pleiten droht sogar der Abstieg aus der Gruppe A der Nations League, Deutschland wäre also in Europa nur noch zweitklassig. Und spätestens dann ist vermutlich auch Jogi Löw seinen Job als Bundestrainer los.

Mag sein, dass die deutsche Mannschaft mal wieder mehr Ballbesitz und auch einige hochkarätige Torchancen hatte. Doch insgesamt lassen sowohl das klare Ergebnis als auch die individuelle und kollektive Schwäche des Teams, speziell der Zusammenbruch in der Schlussphase, berechtigte Zweifel an der tatsächlichen Qualität aufkommen.

DFB-Pleite gegen Holland: Vor allem Hummels' Verhalten war respektlos

Demut oder Selbstkritik suchte man bei Hummels, einer Art Klassensprecher der Mannschaft, allerdings hinterher vergeblich. Schuld sind vielmehr, man ahnt es, die anderen. Journalisten und Fans, so Hummels, behandelten die Nationalspieler "wie Vollamateure" und seien respektlos.

Dabei verhielt sich an diesem Abend vor allem Hummels respektlos, als er lange nach Spielschluss noch einmal nachlegte und in einem Tweet tatsächlich von "Journalisten" in Anführungszeichen sprach. Fast schon gleichgültig, dass man ansonsten nicht mal verstand, was er bei seiner Pauschalkritik inhaltlich eigentlich monierte.

Denn um Inhalte geht es schon lange nicht mehr in der Diskussion um die Zukunft der Nationalelf. Schließlich sprechen die Fakten eine eindeutige Sprache: Auf dem Papier eine mit Weltklassespielern im besten Alter aus internationalen Topklubs gespickte Mannschaft - auf dem Platz aber eine harm- und ideenlose, blutarme und verunsicherte Ansammlung von Profis, die sich hinter ihrer erfolgreichen Vergangenheit verstecken.

DFB-Team droht in Frankreich der nächste Tiefpunkt

Fast nichts deutet im Moment daraufhin, dass Jogi Löw mit dieser - man muss es leider so sagen - abgehalfterten Truppe noch einmal die Wende schafft. Realistisch betrachtet droht vielmehr am Dienstag bei Weltmeister Frankreich der nächste Tiefpunkt.

Dass es dann für ihn ganz eng im Amt werden dürfte, weiß Löw. Bedanken dafür kann er sich bei seinen altgedienten Weltmeistern wie Hummels, aber auch Boateng, Müller oder Draxler. Das Vertrauen, dass der Bundestrainer ihnen trotz des WM-Desasters geschenkt hat, zahlen sie nicht zurück.

Im Gegenteil: Ausgerechnet die Führungsspieler lassen Löw im Stich und schieben die Verantwortung im Zweifel auf die bösen Medien und die frustrierten Fans. Das exakte Gegenteil also von der Einsicht als erstem Schritt zur Besserung.

Offensichtlich wurde aus dem Desaster in Russland nichts gelernt. Und genau deshalb liegt der deutsche Fußball auch dreieinhalb Monate danach noch immer am Boden. Es ist Zeit für einen Neuanfang.

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