Grindel: "Zivilgesellschaftliche Brücken bauen"

SID
Reinhard Grindel steht hinter der WM in Russland
© getty

Präsident Reinhard Grindel vom DFB hat die Vergabe der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr nach Russland trotz der umstrittenen Politik verteidigt. "Eine WM in ein Land wie Russland zu vergeben und als Weltmeister dann auch daran teilzunehmen, birgt doch viel größere Chancen als ein Boykott".

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Das sagte Grindel im Interview mit der Welt: "Ich sehe die große Möglichkeit, hier zivilgesellschaftliche Brücken zu bauen."

Dass sich Russlands Präsident Wladimir Putin mit der WM in ein positives Licht rücken will, hält Grindel für schwierig: "Ist eine WM wirklich eine Plattform, auf der Politiker glänzen können? Ich glaube, dass der Stellenwert des Fußballs gerade bei so einem Turnier so überragend ist, dass da für die Selbstdarstellung von Politikern wenig Platz ist."

Zudem glaubt er an die positiven Effekte des Austauschs zwischen den einreisenden Anhänger mit den Russen. "Hunderttausende ausländische Fans aus demokratischen Ländern werden zur WM kommen und über Wochen hier leben. Dieser Einfluss kann ein Land verändern", so Grindel weiter: "Ich würde darum, bei allem Verständnis für kritische Stimmen, die positiven Auswirkungen der WM auf die politische Debatte in Russland nicht unterschätzen."

Zur zunehmenden Kritik deutscher Fußball-Anhänger an steigenden Gehältern, Ablösesummen und einer Überkommerzialisierung sagte Grindel: "Der Fußball muss im Mittelpunkt stehen, keine Frage. Aber wirtschaftlicher Erfolg darf nicht verteufelt werden, sondern ist die Grundlage, um konkurrenzfähig zu sein. Die Fans wollen, dass unsere Mannschaften auch international weit kommen."

Grindel mit Kritik gegen IFAB-Verstoß

Zudem kritisierte Grindel die Regelhüter vom International Football Association Board (IFAB) und will den Fußball in seiner jetzigen Form bewahren. Der IFAB-Vorstoß mit einem Thesenpapier unter anderem zu einer Netto-Spielzeit von 60 Minuten sei seines Wissens "nicht so abgestimmt mit der FIFA" gewesen, sagte Grindel im Welt-Interview: "Und ich finde es dann irritierend, dass der IFAB-Geschäftsführer mit solchen Vorschlägen auf den Markt geht."

Das vor einer Woche vorgelegte IFAB-Strategiepapier "PlayFair!" bringt ins Gespräch, sich vom alten Sepp-Herberger-Bonmot zu lösen, demzufolge ein Spiel 90 Minuten dauert. Es sei eine Option, bei jeder Unterbrechung die Uhr anzuhalten und somit eine Stunde effektive Spielzeit anzusetzen. Eine andere Anregung ist, dass sich die Spieler bei Freistößen und Eckbällen den Ball selbst vorlegen dürfen.

"Ich sehe die Vorschläge skeptisch", sagte Grindel. "Ich finde Neuerungen wie den Videobeweis oder die Torkamera sinnvoll im Profibereich, wo ein falscher Schiedsrichterpfiff über Millionen entscheiden kann. Aber ansonsten ist der Fußball gut so, wie er ist, und so soll er bitte auch bleiben."

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