Beckenbauer fühlt sich wie "ein Neandertaler"

SID
Franz Beckenbauer beneidet die heutige Spielergeneration
© getty

Franz Beckenbauer (71) beneidet die heutige Spielergeneration um die Trainingsbedingungen. "Es wird nicht mehr so idiotisch trainiert wie früher. Immer den Berg rauf, Oberschenkel dick wie Baumstämme", sagte der Kaiser bei einem von Bild organisierten Treffen der Bundestrainer Joachim Löw (57), Berti Vogts (70) und Jürgen Klinsmann (52) sowie der einstigen Teamchefs Beckenbauer und Rudi Völler (57) in Frankfurt/Main.

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"Wir sind noch auf Dreck, Eis, Schnee gerannt. Heute ist der Trainingsplatz bei Bayern ein Teppich, ich traue mich da gar nicht rauf", äußerte Beckenbauer, "darum beneide ich die aktuellen Spieler am meisten. Nicht ums Geld, um die Möglichkeiten. Wenn ich von damals erzähle, denken die Jungen: Was sagt der da? Das muss ein Neandertaler sein."

Löw ergänzte: "Die Welt dreht sich rasend schnell, wie man am Beispiel der Digitalisierung sieht. Aber der Fußball ist etwas Beständiges und bleibt in den Grundfesten im Prinzip immer gleich." Beckenbauer: "Das soll so bleiben. Mit zu viel Technik zerbrichst du das Spiel. Da müssen wir aufpassen."

Beckenbauer sieht allerdings auch negative Entwicklungen für die neue Spielergeneration: "Es heißt oft, die Spieler verdienen zu viel Geld. Aber sie verdienen es wirklich. Sie haben ja kein Leben mehr. Ob sie zum Einkaufen gehen oder sich nachts vergnügen - es ist immer einer da, der fotografiert. Ich bin froh, dass ich so alt bin."

"Hin und wieder Meister"

Angesprochen auf die häufig geäußerte Kritik, dass es zu wenig echte Typen im deutschen Fußball gebe, meinte Löw: "Nein, das bezweifle ich. Schweinsteiger, Podolski, Klose, Mertesacker, Lahm - das sind Typen auf ihre Art." Die jüngere Generation wünsche sich mehr Kommunikation, so der seit 2006 amtierende Bundestrainer, "die Spieler heute haben eine Meinung und sagen sie auch". Heute komme auch mal ein 20 Jahre alter Spieler "zu mir und sagt: Trainer, ich sehe das anders als Sie. Sie wollen Gründe und mitgenommen werden. Das hätte ich mich früher als Spieler gegenüber meinem Trainer nicht getraut. Finde ich positiv."

Die Tatsache, dass Völler und Klinsmann die einzigen Nationalmannschafts-Coaches sind, die keinen Titel errungen haben, ist für sie kein Problem: "Nein. Du musst ja sehen, was du aus deinen Möglichkeiten machst", äußerte Völler, "wenn du bei Bayern München arbeitest, wirst du hin und wieder Meister - ob du willst oder nicht. Klar ist es schöner, wenn du einen Pokal in der Hand hältst. Auf die Vize-Weltmeisterschaft 2002 bin ich auch stolz." Löw lobte das Gespann: "Was Rudi und Jürgen für den deutschen Fußball geleistet haben, ist unglaublich. Die WM 2006 hätten wir ohne Jürgen so nicht erlebt."

Löw wurde auch zu seiner Zukunft nach dem Ende seines Vertrages beim Deutschen Fußball-Bund (DFB/bis 2020) hinaus befragt: "Irgendwann auch noch mal ein anderes Team zu übernehmen, wäre schon möglich, ist bislang jedoch überhaupt kein Gedanke."

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