Viel zu feilen

Knifflige Aufgabe: Joachim Löw muss bis zur EM 2016 Lösungen finden
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"Grundsätzlich sind wir zufrieden, dass wir die Qualifikation geschafft haben." Der Satz kam Joachim Löw recht schwer über die Lippen. Die Leistungen gegen Irland und Georgien haben doch mehr Fragen als Antworten geliefert und den grundsätzlich durchwachsenen Eindruck dieser Qualifikation unterstrichen. Die Auftritte hatten auch beim Bundestrainer Wirkung gezeigt.

Er wirkte angespannt, nicht mehr so gelassen, wie noch in Faro, als er sich gegen Gibraltar die Nägel feilte. Eine Aktion, die international nicht gerade gut ankam und Löw den nicht unbegründeten Vorwurf des mangelnden Respekts gegenüber dem Gegner einbrachte.

Noch im Vorfeld der Partie am Sonntag warnte der Bundestrainer vor allzu großer Schwarzmalerei. Ergebnisse oder die eine oder andere Niederlage spielen zwischen den Turnieren keine Rolle, erklärte Löw. "Wichtig sind für mich die Entwicklung der Mannschaft und einzelner Spieler."

Aber auch hier hat sich in den 15 Monaten seit dem WM-Titel kaum etwas getan. Löw hat zwar erklärt, es sei "unheimlich wichtig, Veränderungen vorzunehmen", nur hat er sich ob des engen Ausgangs in der Qualifikation kaum an die Umsetzung gewagt. Er ist sogar wieder einen Schritt zurückgegangen und hat die erfolgreiche 4-3-3-Ordnung wieder größtenteils in ein 4-2-3-1 verändert. Die Dreierkette kam nur in den wenig aussagekräftigen Spielen gegen Gibraltar zum Einsatz.

Das übergeordnete Ziel mehr Flexibilität, hat Löw bisher nur mit einer veränderten Anordnung seiner Offensivspieler in Angriff genommen. Dabei hat er die Außenstürmer in den vier Spielen gegen Polen, Schottland, Irland und Georgien mehr oder weniger abgeschafft.

Breite brachten die aufrückenden Außenverteidiger ins Spiel, während sich die eigentlich offensiven Außen in die Mitte bewegten. Das klappte gegen Polen zum Teil ordentlich, danach aber nicht mehr. Es führte eher zu einer Überfrachtung des Zentrums und offenen Räumen auf den Flügeln in der Rückwärtsbewegung.

Dass Löw die fehlenden Qualitäten von Hector und Ginter im Dribbling und im Eins-gegen-eins herausstellte, dafür über Douglas und Arjen Robben referierte, überrascht bei dieser vorgegebenen Ausrichtung doppelt. Denn mit Reus, Schürrle und Bellarabi standen Löw auch gegen Georgien schnelle, dribbelstarke Spieler zur Verfügung, die über Außen hätten durchbrechen können. Und ein Spiel über außen ist nicht zwingend gleichzusetzen mit den bei Löw verpönten hohen Flanken.

Auch die Stärke bei Standards, eine Grundlage des WM-Erfolgs, könnte die Nationalmannschaft nicht über das Turnier hinaus in die Qualifikation retten. Nur zwei Tore (davon ein Elfmeter) gelangen in zehn Spielen. Bei der WM waren es sechs Tore in sieben Spielen.

Auf die Nationalmannschaft warten jetzt Testspiele gegen Frankreich, die Niederlande, England und Italien sowie das Trainingslager im Tessin. Löw: "Die letzten Spiele entsprechen nicht unserem Standard. Es liegt viel Arbeit vor uns."

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Trainer: Viel zu feilen