Mit Baustellen in die "Schlüsselspiele"

SID
Joachim Löw und seine Mannen stehen vor zwei schweren Aufgaben
© getty

Joachim Löw trug einen dicken, dunkelgrauen Schal und blickte ernst, als er am Dienstagmittag im Teamquartier der Nationalmannschaft in Frankfurt/Main eintraf. Miene und Erscheinungsbild des Bundestrainers passten zur kniffligen Lage.

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Löw und seine Weltmeister gehen mit einigen Baustellen in die beiden "Schlüsselspiele" in der EM-Qualifikation, wie dessen neuer Assistent Thomas Schneider die Duelle mit Polen am Samstag und Irland drei Tage darauf nannte. Die ohnehin angespannte personelle Situation wurde durch die kurzfristige Absage des des grippekranken Schalkers Julian Draxler zusätzlich erschwert.

Draxler soll jedoch in den nächsten Tagen nachreisen, wie es am Rande des ersten Trainings am Abend hieß. Zumindest für Irland sollte es reichen. Eine gute Nachricht, zumal am Dienstag in Mesut Özil und Andre Schürrle zwei weitere Offensive kürzer treten mussten.

Und so warnte Löw bei seiner Ankunft vor der Villa Kennedy noch einmal vor den "starken Polen". Auch Teammanager Oliver Bierhoff prophezeite, "dass es jetzt für uns anstrengend wird. Jeder jagt uns, jeder ist heiß - und Polen ist ein ganz unangenehmer Gegner. Das wird eine ganz hitzige Atmosphäre sein, auch mit Spielern, die gegen uns motiviert sind". Auch wenn Bierhoff ergänzte, die Weltmeister hätten selbstredend "die Qualität und den Anspruch, in der Qualifikation weiter voranzumarschieren": So defensiv, so nachdrücklich mahnend hat man Löw und Co. lange nicht erlebt.

Großer Schritt Richtung Frankreich möglich

Die Verantwortlichen wissen, dass gegen die "Mitbewerber um Platz eins" in Gruppe D, wie Löw die kommenden Gegner nannte, ein großer Schritt in Richtung EM 2016 in Frankreich möglich ist. "Von großer Bedeutung" seien die Spiele beim Weltranglisten-70. um Bayern-Star Robert Lewandowski in Warschau (Sa., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) und gegen den -62. aus Irland (Di., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) in Gelsenkrichen, betonte der Bundestrainer. Die DFB-Elf ist nach dem WM-Triumph natürlicher Favorit, "von alleine gewinnen wir Spiele deswegen aber noch lange nicht", meinte Löw.

Zumal sich bei der Findung der Startelf viele Fragen stellen. Die schwierigste ist die nach den Außenverteidigern. Philipp Lahm steht nicht mehr zur Verfügung, Weltmeister Benedikt Höwedes ist verletzt, der formschwache Kevin Großkreutz nicht dabei. Möglich, dass Löw wie beim 2:1 zum Auftakt gegen Schottland rechts wieder auf Hoffenheims Sebastian Rudy setzt. Links ist Erik Durm erste Wahl, obwohl der Dortmunder wie seine drei Teamkollegen nach dem Fehlstart in der Bundesliga im Stimmungstief ist.

Hummels kehrt zurück

Das gilt allen voran für Abwehrchef Mats Hummels. Der ist nach langer Pause wieder fit, aber noch längst nicht auf Top-Niveau. Am Montagabend lenkte sich Hummels im Kino mit Dirk Nowitzkis "Der perfekte Wurf" ab. Weitere Aufbauarbeit soll sein zuletzt überragender, aber angeschlagener Nebenmann Jerome Boateng leisten.

Der demonstrierte die gute Stimmung beim FC Bayern am Dienstag mit einem "Selfie", das ihn mit Teamkollege Mario Götze und Victoryzeichen zeigt. Dass das Duo kurz darauf beinahe den Flieger nach Frankfurt verpasste - geschenkt. Löw baut auf der Suche nach Stabilität vor allem auf den Münchner Block, dem zudem Ersatzkapitän Manuel Neuer und Thomas Müller angehören.

Neuer wieder Kapitän

Neuer, der den nach wie vor angeschlagenen Spielführer Bastian Schweinsteiger vertritt, kommt laut Müller eine Schlüsselrolle zu. "Die Polen haben eine ganz gute Truppe, wir werden da sicher unsere Probleme kriegen. Das wird kein Spaziergang, da brauchen wir einen Manuel Neuer in guter Form", sagte er. Und die hat der Torhüter. In allen sieben Pflichtspielen mit den Bayern seit dem Schottlandspiel hat Neuer die Null gehalten. Für Lewandowski, meinte er, "werden wir uns auch etwas einfallen lassen".

Bleibt die Frage, wer bei der deutschen Elf für die Tore sorgen soll. Da wäre zum einen Müller, der gegen die Schotten zweimal getroffen hatte. Doch auch Rückkehrer Max Kruse oder der einzige Neuling Karim Bellarabi dürfen sich Hoffnungen auf einen Einsatz von Beginn an machen.

Formsuche in der Offensivabteilung

Zumal einige Offensivkollegen nicht in bester Verfassung sind. Lukas Podolski scherzte bei der Ankunft am Dienstag zwar mit den Fans, seine Lage beim FC Arsenal aber ist düster. Teamkollege Mesut Özil spielt, das allerdings oft wenig überzeugend. Dass Löw den Regisseur am Montag demonstrativ lobte, darf seiner Rolle als Psychologe zugeschrieben werden.

Der Ausfall von Draxler verkompliziert die Lage weiter. Geht es nach Ex-Kapitän und -Nationalspieler Lahm, sollte sich Löw aber keine großen Sorgen machen. "Polen ist keine leichte Aufgabe", gab er der Mannschaft mit, "aber wir sind Weltmeister! Die Jungs kriegen das hin."

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