"Riberys Ausfall hat etwas Positives"

Von Daniel Reimann
Seit Sommer 2013 ist Horst Hrubesch (l., mit Emre Can) Trainer der deutschen U 21
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Was verbinden Sie denn persönlich mit Frankreich?

Hrubesch: Kurz formuliert: Eine Runde weiter und im Finale! Da kommt natürlich sofort das Halbfinale 1982 gegen Frankreich und das Elfmeterschießen in Erinnerung. Ich habe ja damals den entscheidenden Elfmeter geschossen.

SPOX: Wie sind Sie an den Elfmeter herangegangen?

Hrubesch: Das war eine absolut eindeutige Situation. Ich war mir total sicher. Was konnte schon passieren? Selbst wenn ich verschossen hätte, wäre es weitergegangen. Aber ich wusste: Wenn er reingeht, ist es vorbei! Ich war mir von vornherein komplett sicher, dass ich treffe.

SPOX: Wussten Sie denn vorher schon, wo Sie hinschießen?

Hrubesch: Ich hatte vorher schon mal einen Elfmeter gegen Jean-Luc Ettori geschossen. In einem Freundschaftsspiel, als er bei Bordeaux im Tor stand. Dort und auch bei den ersten Elfmetern gegen Frankreich habe ich gesehen: Er entscheidet sich schnell für eine Ecke. Ich musste also nur ein bisschen warten, dann war es einfach.

SPOX: Hatten Sie denn während des Spiels überhaupt noch an ein Elfmeterschießen geglaubt? Deutschland lag zwischenzeitlich 1:3 zurück.

Hrubesch: Es war eigentlich von Anfang an eine total offene Partie, dann haben uns die Franzosen erwischt. Aber es war unsere Mentalität, die uns immer ausgezeichnet hat. Wir sind immer wieder zurückgekommen. Dazu haben Klaus Fischer und ich bewiesen, dass zwei Mittelstürmer auch zusammenspielen können. Dass das 3:3 in letzter Minute gleich so ein Traumtor wird... na gut, gerne! Dass wir das Spiel dann im Elfmeterschießen gewonnen haben, beweist unsere mentale Stärke.

SPOX: Einen negativen Höhepunkt gab es aber auch: Toni Schumachers Einsatz gegen Patrick Battiston, der mit angebrochenem Halswirbel und ein paar Zähnen weniger runter musste. Wie haben Sie die Szene erlebt?

Hrubesch: Ich habe die Aktion ehrlich gesagt erst später im Fernsehen gesehen. Während des Spiels habe ich das kaum mitbekommen. Aber es war eine unschöne Geschichte.

SPOX: In der Folgezeit wurde Schumacher heftig von französischen Medien kritisiert. Wie ist die Mannschaft damit umgegangen?

Hrubesch: Er hat sich ja danach noch etwas unglücklich dazu geäußert und er weiß, dass das nicht in Ordnung war. Wir haben damals nur kurz darüber gesprochen, weil ja das Finale vor der Tür stand. Vieles ging in dem großen Trubel erst einmal unter. Aber dass das keiner in Ordnung fand, kann sich jeder vorstellen.

SPOX: Hat ihn die Kritik belastet?

Hrubesch: Wenn man ein Halbfinale im Elfmeterschießen gewinnt, kann man sich erst einmal nur auf das Finale freuen, dann schiebt man alles andere beiseite. Man blendet alles aus.

SPOX: Damals war das womöglich gar nicht so leicht, oder? Die Nationalmannschaft war nicht im Ansatz so abgeschottet, wie sie es heute ist.

Hrubesch: Bei uns war das noch ganz anders. Früher kam man im Trainingslager überhaupt nicht vor die Tür. Heute sind die Spieler zwar abgeriegelt, aber es gibt gemeinsame Unternehmungen, die es einem erleichtern, mit der Situation klarzukommen. So eine WM dauert fünf Wochen. Wenn man fünf Wochen lang nur aufeinander sitzt, dann kommt irgendwann der Lagerkoller. Deshalb ist es gut, dass die Spieler zumindest abgeschottet sind und sich in Ruhe auf ihre Ziel vorbereiten können.

SPOX: Was glauben Sie: Wie geht die WM für Deutschland aus?

Hrubesch: Wir schlagen die Franzosen, dann nehmen wir die Brasilianer raus und werden schließlich Weltmeister. Weil ich weiß, dass unsere Jungs Charakter haben!

Seite 1: Hrubesch über Löw, Özil und den Ribery-Effekt

Seite 2: Hrubesch über Frankreich 1982 und Schumachers Aussetzer

Artikel und Videos zum Thema