Deutschland rumpelt sich zum Sieg

Alexis Sanchez (r.) spitzelt Jerome Boateng die Kugel vor der Nase weg
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einem Sieg ins WM-Jahr 2014 gestartet. Gegen Chile siegte das Team von Joachim Löw glücklich mit 1:0 (1:0).

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Vor 54.449 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart sorgte Mario Götze mit seinem siebten Länderspieltor für den Siegtreffer.

Das DFB-Team hatte mit den sehr spielstarken Chilenen enorme Probleme und war insgesamt das schwächere Team. Bundestrainer Joachim Löw war offensichtlich unzufrieden mit seiner Mannschaft und tobte mehrmals wild gestikulierend in seiner Coaching Zone. Auch das Stuttgarter Publikum quittierte die Leistung mit Pfiffen.

Reaktionen:

Joachim Löw (Trainer Deutschland): "Man hat gesehen, wie stark Chile spielen kann. Wir hatten viel Mühe, den Zugriff zu finden, es war unheimlich schwer. Wir hatten viele, viele Ballverluste und dann bekommt man Probleme. Heute waren wir nicht in der Lage, das Spiel dominant zu gestalten. Wir müssen in den nächsten Monaten zulegen."

Philipp Lahm: "Wenn Chile so viele Chancen hat, kann man von einem glücklichen Sieg sprechen. Die Pfiffe muss man akzeptieren, die Leute zahlen Eintritt. Dass wir noch Arbeit vor uns haben, wissen wir alle."

Bastian Schweinsteiger: "Sieg ist Sieg, aber natürlich war Chile sehr gut. Wir müssen noch ein paar Dinge verbessern. Gut, dass wir so einen Test machen gegen so eine Mannschaft."

Per Mertesacker: "Wenn so eine unorthodoxe Spielweise auf uns trifft, haben wir noch was zu tun. Mit Ball hätten wir schneller umschalten müssen. Da haben wir zu lange gebraucht, um in den Konter zu gehen. Es war eine gute Lehrstunde und für die Mentalität nicht so schlecht."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Wie angekündigt verteidigt Großkreutz bei seinem Comeback rechts hinten, Lahm rückt ins Mittelfeld. Die offensive Dreierreihe bilden Özil, Kroos und Götze. Klose hat seine Bauchmuskelbeschwerden überwunden und kann spielen.

Die Chilenen bis auf Torhüter Bravo mit ihrer besten Elf, auch der angeschlagene Kapitän Medel kann in der Innenverteidigung spielen.

8.: Überragender Diagonalball von Jara auf Aranguiz. Der braucht einen Tick zu lange, um den Ball zu kontrollieren und den in der Mitte freistehenden Sanchez zu bedienen. Seinen Querpass klärt Boateng zur Ecke.

9.: Vidal kommt nach einer Ecke von rechts aus sechs Metern frei zum Kopfball. Lahm klärt auf der Linie.

13.: Erster ordentlicher Angriff der Deutschen. Schweinsteiger startet in die Tiefe und Lahm schickt ihn in den Strafraum. Den Querpass durch den Fünfer Richtung Klose pflückt Herrera.

16., 1:0, Götze: Deutschland spielt klein-klein am chilenischen Strafraum. Özil löst die Situation mit einem Querpass auf Götze. Der hebt den Ball aus zehn Metern mit links ins rechte Kreuzeck.

24.: Jansen muss verletzt vom Platz, für ihn kommt Schmelzer.

26.: Ballverlust der Deutschen am eigenen Strafraum. Aranguiz spielt quer auf Vidal, der aus sechs Metern nur ein Schüsschen zustande bringt, Neuer hält sicher.

34.: Nach einer abgewehrten Ecke spielt Özil den Ball einfach Richtung Strafraum. Mertesacker blockt Götze frei, der im Sechzehner ins Dribbling geht und den Ball aus zwölf Metern von halblinks hauchdünn neben den rechten Pfosten setzt.

44.: Fehlpass von Kroos im Mittelfeld und Konter der Chilenen. Vargas spielt von rechts im Strafraum auf Aranguiz, der sich um Großkreutz dreht und aus sechs Metern abschließt. Der Dortmunder lenkt den Ball mit der Fußspitze zur Ecke.

47.: Wieder kombinieren sich die Chilenen mit Leichtigkeit durch die deutsche Abwehr, dieses Mal von rechts. Aranguiz verpasst den Moment zum Abschluss, will nochmal querlegen und Lahm klärt.

61.: Sanchez setzte Mertesacker rechts im Strafraum auf den Hosenboden und spielt den Ball von der Grundlinie in den Rückraum. Vargas knallt das Ding aus acht Metern an die Unterkante der Latte.

70.: Chile spielt eine Ecke kurz aus. Sanchez lässt Großkreutz mit einer Körpertäuschung aussteigen und zieht aus fünf Metern aus spitzem Winkel ab. Neuer macht dicht.

71.: Özil spielt Götze im Strafraum mit einem kleinen Heber frei. Der will Herrera umkurven, bleibt aber am Torhüter hängen.

Fazit: Chile war über 90 Minuten die bessere Mannschaft, vergab eine Reihe guter Chancen aber kläglich. Ein sehr glücklicher Sieg für Deutschland.

Der Star des Spiels: Alexis Sanchez. Unglaublich viel in Bewegung und fast immer im höchsten Tempo. Machte den Deutschen mit seinen Dribblings und blitzschnellen Körpertäuschungen viele Sorgen. Im Abschluss aber ebenso schwach wie seine Mitspieler. Bei Deutschland überzeugte einzig Torhüter Neuer.

Der Flop des Spiels: Toni Kroos. Bekam nach seinen starken Leistungen beim FC Bayern die Chance auf seiner Lieblingsposition zu spielen, enttäuschte wie seine Mittelfeldkollegen aber auf ganzer Linie. Bekam bei Ballbesitz nie Kontrolle über das Spiel und defensiv keinen Zugriff auf die flinken Chilenen.

Der Schiedsrichter: Mark Clattenburg (England). Hatte insgesamt alles im Griff. Pfiff den Chilenen aber Ende der ersten Halbzeit einen aussichtsreichen Vorteil weg.

Das fiel auf:

  • Löw vertraute im Zentrum auf das Bayern-Mittelfeld. Lahm zentral vor der Abwehr und Schweinsteiger und Kroos auf den Halbpositionen um ihn herum. Özil musste dafür auf den rechten Flügel ausweichen.
  • Die Chilenen gingen von Beginn an ein extrem hohes Tempo und spielten in beiden Richtungen sehr riskant. Bei Ballbesitz schoben die äußeren Mittelfeldspieler weit vor, so dass sie sich in einem 3-1-6 aufstellten. Mit dieser Unterzahlsituation in letzter Linie kam die DFB-Elf weder im Zentrum noch auf den Außen klar. Auch die ständigen Läufe in die Tiefe von Vargas, Vidal und Sanchez machten der deutschen Defensive Probleme.
  • Auch im Spiel gegen den Ball schob Chile sehr weit nach vorne und spielte ein aggressives Pressing tief in der deutschen Hälfte. Deutschland fehlte es an Ballsicherheit und Bewegung, um dem Druck der Chilenen zu entgehen. Die vielen Ballverluste der Deutschen konnten die Chilenen aber nicht nutzen, weil sie im Spiel Richtung Tor zu umständlich agierten und beste Chancen liegen ließen.
  • Löw opferte in der Halbzeit seine einzige echte Spitze Klose und brachte Schürrle, Özil und Götze besetzten abwechselnd das Sturmzentrum. Besserung brachte diese Umstellung aber nicht, weil die Bälle weiterhin viel zu schnell weg waren und wenigen Kontersituation teilweise zu behäbig ausgespielt wurden.
  • Im Vergleich mit den kleinen, wendigen und trickreichen Chilenen wirkten die Deutschen träge und hölzern. Das Tempo, die Gewandtheit und auch den Einsatz der Südamerikaner konnten das DFB-Team nie annehmen. Teilweise war es Einbahnstraßenfußball auf das deutsche Tor, unkontrollierte Befreiungsschläge die einzige Lösung.

Deutschland - Chile: Die Statistik zum Spiel