Sein eigener Maßstab

Von Für SPOX bei der Nationalmannschaft: Andreas Lehner
Ilkay Gündogan absolviert gegen Kasachstan sein siebtes Länderspiel für Deutschland
© getty

Für Ilkay Gündogan ist das WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) auch eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Beim 1. FC Nürnberg nahm seine Karriere Fahrt auf, jetzt ist er der ärgste Rivale von Bastian Schweinsteiger.

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Joachim Löw schien fast überrascht von der Frage. Ob Ilkay Gündogan im Rückspiel gegen Kasachstan auf der Position des gesperrten Bastian Schweinsteiger auflaufen werde, wurde er gefragt. "Klar, natürlich", sagte der Bundestrainer.

Kasachstan als Experimentierfeld?

Dabei sind Trainer einen Tag vor dem Spiel für gewöhnlich nicht so auskunftsfreudig was die Aufstellung betrifft. Löw wollte um den Einsatz von Gündogan auch den seines Mannschaftskollegen Marcel Schmelzer auf der Linksverteidigerposition kein Geheimnis machen.

Der bessere Schweinsteiger?

Die knappe Antwort des Bundestrainers machte schon deutlich, wie sehr die Wertschätzung Gündogans innerhalb des DFB-Teams gestiegen ist. Der 22-jährige Mittelfeldspieler ist mittlerweile der natürliche Ersatz von Schweinsteiger. "Er hat einen Riesensprung gemacht", bestätigte Löw. "Nicht nur bei Borussia Dortmund, sondern auch bei uns."

Sechs Länderspiele hat Gündogan bisher für Deutschland absolviert, davon zwei über 90 Minuten. In diesen Spielen gegen die Niederlande und Frankreich deutete er nicht nur sein Talent an, er war in beiden Fällen der bestimmende Spieler auf dem Platz.

Dass er von vielen Seiten als "der bessere Schweinsteiger" bezeichnet wurde, war natürlich voreilig und überzogen. Bei Gündogan selbst kam zwar das Getöse um seine Person an, mit dem Inhalt konnte er aber wenig anfangen. Einen "Schritt vorwärts in der Karriere" nannte Gündogan die Partien in Amsterdam und Paris ohne überzogene Ansprüche auf einen Stammplatz zu formulieren.

"Er war wahnsinnig präsent, hat die richtigen Pässe gespielt und das Spiel schnell gemacht", lobte Löw am Montag. Gündogan hat damit alles umgesetzt, was ihm im Verein von BVB-Trainer Jürgen Klopp in den vergangenen knapp zwei Jahren eingetrichtert wurde.

Klopp formt den Rohdiamanten

Klopp freute sich über einen "Rohdiamanten", den ihm die Borussia 2011 da für rund fünf Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg verpflichtet hatte. "Einen erweiterten Jugendspieler", habe er damals bekommen, sagt Klopp. Aber natürlich auch einen Spielertypen, der perfekt in das Anforderungsprofil der Borussia passte und von Klopp zu seinem neuen zentralen Mann geformt werden konnte.

"Wir haben früh seine Anlangen erkannt", sagt Klopp. "Aber dass er so gut ist, hat uns selber überrascht. Ilkay hat sich in einer richtig guten Mannschaft enorm entwickelt."

Gündogan ließ sich weder von seinen Anlaufschwierigkeiten in Dortmund noch von der Rückkehr seines Vorgängers Nuri Sahin aus der Bahn werfen. Er zog sein Ding durch, arbeitete die Vorgaben des Trainerteams ab und wurde so zu einem unverzichtbaren Baustein im Spiel des BVB.

Ursprung der Karriere in Nürnberg

"Internationales Top-Niveau" attestierte Löw seinem Schützling am Montag. Seinen Anfang nahm diese Entwicklung beim 1. FC Nürnberg unter Michael Oenning und Dieter Hecking. Oenning kannte Gündogan noch aus seiner Zeit als Nachwuchstrainer beim VfL Bochum.

Oenning traute Gündogan den Sprung zu den Profis beim damaligen Zweitligisten zu und holte ihn im Februar 2009 nach Nürnberg. Nachdem der Club den Aufstieg schaffte, wurde die Einstiegshöhe für Gündogan noch höher. Trotzdem wurde er schnell zum Stammspieler und machte unter Hecking den nächsten Schritt nach vorne.

Das Spiel in Nürnberg ist also auch eine Rückkehr in seine "zweite Heimat", den Ursprung seiner Profikarriere.

Interesse von Barca?

Einem Verein der Größe des 1. FC Nürnberg ist er mittlerweile entwachsen. Die in den Medien diskutierten Interessenten heißen FC Barcelona und Manchester City. Gündogan steht bis 2015 noch beim BVB unter Vertrag und hat auch schon mal durchklingen lassen, dass er sich eine Verlängerung vorstellen könne.

Spieler mit strategischer Klasse und taktischer Disziplin in der Offensive wie Defensive sind gefragt auf dem internationalen Markt. Bundestrainer Löw und Vereinstrainer Klopp schätzen die selben Eigenschaften an Gündogan. "Er hat die nötige Ruhe, das Auge und die Übersicht. Ilkay sieht jetzt größere Räume, kann diese auch mit langen Bällen überbrücken. Zudem ist er stark gegen den Ball und weiß inzwischen, wann er in den Zweikampf muss", sagt Klopp.

Ein kommender Weltklassespieler

Gündogan ist zumindest national schon zu einem Maßstab geworden auf der Position des offensiven Sechsers. "Es gibt bereits mehr Spieler, die sich an ihm orientieren, als Spieler, an denen er sich orientieren müsste", sagt Klopp.

Die Spiele in der Champions League und in der Nationalmannschaft haben gezeigt, dass er auch international auf höchstem Level spielen kann. In den nächsten Jahren geht es darum, dieses Niveau auch konstant abzurufen. Geht es nach Löw steht dem nächsten Entwicklungsschritt aber nichts im Weg. "Er hat alle Voraussetzungen, ein Weltklassespieler zu sein."

Der Kader der deutschen Nationalmannschaft