"Ich weiß, was meine Rolle ist"

Von Für SPOX im Stade de France: Stefan Rommel
Rene Adler war beim Gegentor durch Valbuena machtlos
© Getty

812 Tage musste Rene Adler auf sein Comeback in der Nationalmannschaft warten. Beim 2:1-Sieg über Frankreich lieferte der 28-Jährige eine tadellose Vorstellung ab. In einem echten Konkurrenzkampf mit Manuel Neuer sieht sich Adler allerdings nicht. Der HSV-Keeper über Veränderungen im DFB-Team, mentale Stärke und den Genuss eines Länderspiels.

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Frage: Herr Adler, wie haben Sie Ihr erstes Länderspiel nach 27 Monaten Abstinenz erlebt?

Rene Adler: Das war brutal intensiv. Ich war vorher richtig nervös, das muss ich ehrlich zugeben. Mir war klar, dass es ein Geschenk ist, das man genießen sollte. Diese gesunde Nervosität, diese Anspannung hat man, die geht dann erst während des Spiels weg. Ich habe ja nicht so viele Länderspiele in letzter Zeit auf diesem Weltniveau gemacht. Deshalb bin ich jetzt auch froh, dass es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist.

Frage: Wie sehr ärgert es Sie, die Partie nicht ohne Gegentor beendet zu haben?

Adler: Das gehört dazu, es kommt eben auch vor, dass man das nicht schafft. Ich hatte mir im ersten Moment gedacht, dass Sissoko im Abseits steht, weil er völlig blank war.

Frage: Dabei war Deutschland schon zu diesem Zeitpunkt die bessere Mannschaft.

Adler: Wir waren auch überzeugt und der Trainer hat uns gesagt, dass wir das Spiel noch drehen. Das zeigt auch den Charakter der Mannschaft und wie weit die Mannschaft jetzt schon ist, dass wir uns da nicht aus der Bahn werfen lassen und einfach weiter unser Spiel durchziehen.

Frage: Es hat relativ lange gedauert, bis Sie sich zum ersten Mal auszeichnen konnten. Eine unglückliche Situation?

Adler: Man muss jede Sekunde auf so eine Situation gefasst sein. Man muss immer voll im Spiel sein, auch wenn der Ball tief in der gegnerischen Hälfte ist. Das ist das Schwierige. Ohne das jetzt zu sehr vergleichen zu wollen, aber es strengt mental mehr an und ist intensiver als ein Bundesligaspiel. Als Torwart ist man deshalb auch froh, wenn man ins Spiel eingreifen kann. Sonst ist es schwer, immer mit dem Kopf dabei zu sein und keine Ballkontakte zu haben. Man muss sich immer auf die nächste Aktion konzentrieren. Aber ich bin froh, dass ich den einen oder anderen Ball halten durfte.

Frage: Wie schwer wird es Ihnen fallen, wenn Sie sich wieder hinter Manuel Neuer anstellen müssen?

Adler: Das ist für mich gar kein Problem. Das wäre respektlos, jetzt irgendetwas zu sagen. Ich bin froh, dass ich überhaupt wieder zum Kreis der Nationalmannschaft gehöre. Mein Ziel ist es, dabei zu sein. Es macht unheimlich viel Spaß mit der Truppe. Und wie gesagt: Ich weiß, was meine Rolle ist. Und wenn ich dann so wie heute spielen darf, versuche ich, einen guten Job zu machen und den Jungs zu helfen. Heute haben wir alle zusammen gewonnen. Auch die, die nicht gespielt haben. Und im nächsten Spiel spielen wieder andere und dann gehören wir auch zusammen.

Frage: Wie haben Sie Ihr letztes Spiel im Herbst 2010 im Vergleich zu dem jetzt in Erinnerung?

Adler: Das letzte Spiel damals war ja in Schweden, ein 0:0. Da habe ich zumindest zu Null gespielt... Aber Frankreich gegen Deutschland war schon eine andere Liga. Die Zuschauer haben ein sehr gutes, schnelles, intensives Fußballspiel gesehen. Das war ein Prestigeduell, man hat schon gemerkt, dass das kein normales Spiel ist. Sondern dass es um ein bisschen mehr geht. Das sind Klassiker mit einer gesunden Rivalität. Da will keiner verlieren.

Frage: Welche Bedeutung hatte das für die Weiterentwicklung der Mannschaft?

Adler: Der Trainer hat uns gesagt, dass er absolute Fokussierung, eine Top-Konzentration verlangt - in jedem Spiel. Gerade auch in den Testspielen. Wir haben uns nochmal eingeimpft, dass jeder auf dem Prüfstand ist, dass der Konkurrenzkampf ausgerufen wird. Und dass wir jeden einzelnen Spieler brauchen. Wenn sich einzelne Spieler entwickeln, entwickelt sich auch die Mannschaft weiter. Was Ilkay Gündogan zum Beispiel gespielt hat, war schon aller Ehren wert.

Frage: Die Balance ist gerade seit dem Schweden-Spiel immer wieder ein Thema. War das ein Schritt in die richtige Richtung?

Adler: Wir wollen eigentlich gar nicht mehr so viel übers Schweden-Spiel sprechen. Ich glaube, wir haben damals 60 Minuten so gespielt, dass es kaum besser geht und haben das Spiel dann aus der Hand gegeben. Da wurde viel drüber gesprochen und wir haben viele Lehren daraus gezogen. Man hat heute gesehen, dass wir daran arbeiten.

Frage: Was hat sich in den gut zwei Jahren Ihrer Abwesenheit beim DFB-Team verändert?

Adler: Es sind neue, jüngere Spieler dazugekommen. Alles in allem glaube ich schon, dass die Qualität der Mannschaft nochmal gestiegen ist. Und dass sich Leistungsträger nochmal verbessert und mehr Erfahrungen gesammelt haben. Nun waren leider Mario Götze und Marco Reus nicht dabei. Aber ich glaube, dass die Mannschaft auf jeder Position eine unglaubliche Klasse hat.

Frankreich - Deutschland: Daten zum Spiel